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Transzendenz

Transzendenz

Titel: Transzendenz Kostenlos Bücher Online Lesen
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siebzehn Jahren nicht mehr auf dem Laufenden. Sie besaß beispielsweise keine Erinnerungen an 2033; sie war wie eine Komapatientin, die alles verschlafen hatte, und sie nahm den vom Patronat und dem Jahrestag-Anschlag zuwege gebrachten Wandel der globalen Gesellschaft zur Kenntnis, wenn ich ihr davon erzählte, hatte ihn aber im Gegensatz zu mir eben nicht miterlebt.
    Ich wurde wegen dieser Empfindungen von Schuldgefühlen zerrissen, als hätte ich das seltsame Wunder ihrer Rückkehr irgendwie nicht verdient. Aber mit Morag zusammen zu sein war… eine Störung. Ich war wirklich erleichtert, wenn ich von ihr weg konnte, zurück zur Arbeit, zur Normalität.
    Morag musste weiterhin Untersuchungen seitens mehr oder weniger verdutzter Wissenschaftler und Ärzte des FBI über sich ergehen lassen. Sie hätten sie vielleicht in Ruhe gelassen, wenn da nicht die seltsame Anomalie ihres Gewichts gewesen wäre. Auch Rosa – oder jedenfalls ihre VR-Präsenz – leistete Morag häufig Gesellschaft, ebenso wie Gea, die sich in der Gestalt ihres kleinen rollenden Roboters manifestierte. Zu meinem Entzücken erinnerte sich Morag an das Spielzeug, das auf Onkel Georges Regal jahrzehntelang Staub angesetzt hatte. Stunde um Stunde saßen sie mit Morag zusammen, die gebeugte, kleine alte Frau in Schwarz und der alberne Roboter, und befragten sie behutsam. Ich war froh darüber; vermutlich hatten sie eine größere Chance, einigen Aspekten der Wahrheit hinter Morags Reinkarnation auf die Spur zu kommen, als noch so viele Ärzte der Regierung.
    Mir lag auch sehr daran, dass Tom Zeit mit seiner Mutter verbrachte. Anfangs sperrte er sich. Er wollte auf keinen Fall wieder verletzt werden. Vielleicht war da aber auch ein tieferer Instinkt am Werk, irgendein Aspekt von Toms Menschlichkeit, der sie verdrängte, weil das nicht seine Mutter sein konnte. Aber er sah ein, dass er mit der Situation fertig werden musste. Ich wusste jedoch, dass dieser Kontakt ihn nicht glücklich machte.
    Ein paar Wochen später bekamen wir einen Anruf von John in Anchorage. Das FBI hatte die Geschichte des Bombenanschlags rekonstruiert – und er sollte endlich freigelassen werden. Also flogen Tom und ich nach Anchorage, um ihn abzuholen und die Wahrheit zu erfahren.
     
    John saß in der Außenstelle des FBI in Anchorage und sah ziemlich gesund aus. Er war sauber rasiert und hatte es sogar geschafft, sich die Haare schneiden zu lassen. Aber man merkte, dass er wochenlang dieselben Kleider getragen hatte, obwohl sie gewaschen und geflickt worden waren; an einem Jackenärmel waren noch schwache Blutspuren zu erkennen.
    Und er hatte einen gehetzten Ausdruck in den Augen, beinahe undefinierbar, aber vorhanden. Immerhin hatte er aus der Laune eines riesigen Systems heraus zwanzig Tage in Haft verbracht, ohne Anklage, ohne Informationen darüber, was mit ihm geschah. »Hat mir mal gut getan, die Gitter von der anderen Seite zu sehen«, erklärte er mir, als wir uns trafen. Aber ich merkte, dass das nur eine Fassade war, dass er nie wieder so leicht einschlafen würde. Jetzt schämte ich mich meiner Anwandlung unchristlicher Schadenfreude, als ich von seiner Inhaftierung erfahren hatte.
    Ich wusste jedoch, dass Morag ihn ein paar Mal als VR-Projektion von unserer Basis in Prudhoe Bay aus besucht hatte. Bei meiner Ankunft in Anchorage hatte ich keine Ahnung, wie diese Besuche verlaufen waren. John hatte nur gesagt, wie ungeschickt sie im Umgang mit der VR-Technologie wirkte, die sich seit Morags Abschied von der Welt enorm weiterentwickelt hatte.
    John, Tom und ich betrachteten VR-Bilder unseres Attentäters. Sein Name war Ben Cushman. Er war dreiundzwanzig Jahre alt gewesen. Ich hatte ihn nicht persönlich gekannt, aber seine Personalakte beschrieb ihn als eines der besten und intelligentesten jungen Talente von EI. Nicht nur das, stellte ich schockiert fest, er war auch verheiratet gewesen. Er hatte sogar ein Kind gehabt, ein dreijähriges Mädchen, einen süßen kleinen Fratz. Seine junge Frau, die er auf dem College kennen gelernt hatte, saß jetzt als Witwe in ihrem hübschen Neuvermählten-Haus in Scranton, und dieses kleine Mädchen würde sich wahrscheinlich nicht einmal mehr an ihren Vater erinnern.
    »Mein Gott, er war jünger als ich«, sagte Tom. »Und er wirkt so normal. Ich dachte, er wäre irgend so ein Fanatiker oder dermaßen dumm, dass man ihn leicht manipulieren konnte, oder einfach verrückt. Aber er war nichts von alledem, nicht wahr?«
    Nein, das war

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