Trattoria Finale
Zuvorderst aber wäre es reizend, wenn du uns sagen könntest, ob Bruno schon da ist.«
»Welcher Bruno?«
»Groß, dick, die Tommys mögen ihn, er will Bürgermeister werden und hängt angeblich ständig hier herum.«
»Ach so, Bruno.«
»Genau.«
»Der ist noch nicht da. Es ist aber auch noch früh. Wollt ihr was trinken? Hier gibt’s das beste Bier in der ganzen Stadt.«
»Gibt es denn überhaupt irgendwo sonst Bier in dieser Stadt?«
Sie lachte und wies auf die Männer in Uniform, die in der Bar herumstanden und tranken, dabei die Qualität der Dienstleistungen der anwesenden Damen abschätzend. »Engländer und Amerikaner. Sie haben uns erst Bomben gebracht, dann die Freiheit und jetzt das Bier. Als wenn’s nicht von uns erfunden worden wär. Aber wo diese Jungs sind, da gibt’s was zu trinken. Also, wollt ihr ein Bier?«
»Gerne«, antwortete Ettore und sah sich um. Die karge Inneneinrichtung wurde minimal durch ein paar Kerzen beleuchtet. Im Hellen hätte man sich in dem bis auf ein paar Barhocker und ein schmuddeliges Sofa leeren Raum nicht länger als unbedingt nötig aufhalten wollen. Was die Männer wohl auch ohnehin nicht taten. Man trank etwas, schwatzte kurz mit den anwesenden Kameraden, dann mit der einen oder anderen Frau, um dann über eine Treppe nach oben zu entschwinden. Ettore sah fast nur höhere Offiziere, hier und da einen Sergeant oder Staff Sergeant.
»Ihr müsst die beiden Jungs sein, von denen Ludwig mir berichtet hat. Sprecht ihr deutsch?« Ein massiger Mann mit kurzem schwarzen Haar hatte sich am Tresen aufgebaut. Sein deutlich sichtbarer Bauchansatz unterschied ihn deutlich von den anderen Männern, die allesamt schlank waren. Bruno Stroger war dick, zumindest für einen Deutschen des Jahres 1945. Er grinste kurz in Richtung der Herrscherin des Tresens. »N’abend Rita.«
»N’abend Bruno. Die beiden Süßen hier sprechen besser deutsch als mein hoffentlich verschollen bleibender Mann.«
Sie lachte und setzte ihren Busen dadurch in eine überaus ansehnliche Auf- und Abbewegung. Jacques betrachtete das reife Dekolleté und hatte dabei eine spontane Erinnerung an den Orangenhain seiner Eltern in Marrakesch. In die aufkeimenden Bilder hinein hörte er Bruno Stroger sagen: »Also, wenn wir reden wollen – oben gibt es ein Séparée. Da sind wir ungestört.«
Jacques betrachtete den Mann von Kopf bis Fuß. Er überlegte dabei, welches Gericht er aus ihm mit Orangen zubereiten könnte, und antwortete: »Gut, gehen wir.«
Wenig später saßen sie an einem kleinen Tisch, Jacques und Ettore auf einfachen Holzstühlen, Bruno Stroger auf einem abgenutzten Sofa mit einer dazu passenden Frau.
»Sie versteht kein Wort, wir können frei reden«, sagte er und tätschelte dabei an seiner Begleitung herum.
»Also gut«, begann Ettore. »Vermutlich hat Ludwig Rickert Ihnen gesteckt, dass wir über Möglichkeiten verfügen, Ihren Persilschein rein zu halten. Die Amis wollen Sie nicht als Bürgermeister, und die Engländer sind geneigt, auf den großen Bruder zu hören. Eduard Spoelgen soll stattdessen der Nachfolger vom Ludwig werden.«
»Das darf doch nicht wahr sein!«, stieß Stroger aus. »Was wissen die Amis?«
»Offiziell gar nichts. Aber der OSS hat ein ziemlich genaues Dossier angelegt. Es gibt ein paar wacklige Parteifreunde, die in Haft sitzen. Und nun, da der Führer tot ist, bröckelt die Moral.«
»Amerikanische Propaganda!«, würgte Stroger hervor und vergaß für einen Moment den Hintern seiner Begleitung. »Adolf Hitler ist ganz sicher nicht tot, und schon gar nicht von eigener Hand! Selbst die Russen sagen, er sei unauffindbar.«
Ettore zuckte mit den Schultern. »Nun, das mag zutreffen. Aber wie dem auch sei, der Kampf geht weiter. Da wir uns aber, wie Sie wissen, zwar für die deutsche Sache einsetzen, jedoch selbst gar keine Deutschen sind, arbeiten wir nicht für Blut und Ehre, sondern wir erwarten eine kleine Gegenleistung.«
Stroger stand auf. »Darüber reden wir später. Ich muss erst mal pissen gehen. Haltet mir das Mädel fest, aber immer sauber bleiben, nicht wahr?«
Kaum hatte Stroger den Raum verlassen, flüsterte die Frau: »Was habt ihr mit dem Arsch zu schaffen? Ihr sehr mir nicht so aus, als wäre das euer normaler Umgang.«
Ettore grinste. »Ach, wir verstehen also doch das eine oder andere Wort?«
»Ich bin aus Polen hierhergebracht worden«, sagte sie. »habe keine Papiere und keine Freunde. Könnt ihr mir hier heraushelfen?«
Ettore sah
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