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Trattoria Finale

Trattoria Finale

Titel: Trattoria Finale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick P. Panahandeh
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gesagt, er stellte sein Konto zur Verfügung, um das von der FLN gesammelte Geld zu verwalten und weiterüberweisen zu können. Ein kleiner Teil wanderte in die Gewerkschaftskasse.«
    »Red keinen Quatsch«, staunte Kaiman. »So was ging?«
    »Aber ja«, entgegnete Jacques. »Heute würde ein deutscher Politiker für so etwas gekreuzigt. Adenauer pflegte gerne zu sagen: ›Nun seid doch nicht so pingelig‹. Das war eine heikle Situation damals. Die deutsch-französischen Beziehungen hatten gerade begonnen sich positiv zu entwickeln, gleichzeitig unterstützte Deutschland, wie fast die übrige gesamte Welt, den Freiheitskampf der Algerier. Meine Güte, das war der dreckigste Krieg, den man sich vorstellen kann. Die Fremdenlegion, die algerischen Rebellensoldaten, die französische faschistische Terrorgruppe OAS, alle brachten sich gegenseitig um, und das nicht auf die elegante Art. Es wurden keine Gefangenen gemacht, alle folterten und mordeten wie vom Teufel besessen, Attentate jeden Tag. 1961 stand Algerien kurz vor der Unabhängigkeit, es gab bereits so etwas wie eine international anerkannte Exilregierung. Die nationalistischen Idioten von der OAS waren so verzweifelt, dass sie sogar ihren eigenen Präsidenten, Charles de Gaulle, in die Luft jagen wollten, weil er die Unabhängigkeit nicht mehr verhindern wollte.«
    »Und dein dummer Cousin mittendrin«, bemerkte Ettore.
    »Leider«, stimmte Jacques zu. »Abdelkader war ein verdammter Idiot. Das schwarze Schaf der Familie. Wir lebten als Französischstämmige in Marokko. Leider gab es im Maghreb eine ganze Reihe von Dummköpfen unter dieser Bevölkerungsgruppe, die sich Frankreich allzu verbunden fühlten und sogar mit den Terroristen von der OAS sympathisierten. Sozusagen päpstlicher als der Papst, wenn ich das als Jude mal so sagen darf.«
    »Und was hat das alles mit Ben Wisch zu tun?«, fragte Giuseppe Chiudi, der sich fleißig Notizen für die Festschrift der Mafia machte. Ettore visierte die Zielkugel an, tat einen Wurf und meinte: »Gemach, ich erzähle ja schon.«

    Die beiden Kerle sahen in etwa so aus, wie Chaim es erwartet hatte. Drahtige, trockene Gestalten, die in Zivilkleidung wirkten wie halb verhungerte Wölfe in Schafspelzen. Und sie waren nicht die Art von Männern, die lange Höflichkeitsfloskeln austauschten.
    »Ich bin Raoul Salan, das ist Albert Dovecar«, sagte der Ältere der beiden.
    »Ich kenne Sie, Monsieur le Général«, entgegnete Chaim. »Ich dachte allerdings, Sie hielten sich in Spanien auf. Hat die aktuelle Sache in Bonn eine solche Dringlichkeit?«
    »Würde ich sonst mit Ihnen sprechen? Wo ist dieser Abdelkader Maaroufi?«
    »Mein Neffe hält sich versteckt. So arbeiten wir immer in der Familie. Derjenige, der den Auftrag ausführt, zeigt sich nicht. Ich mache die Kontakte.«
    »Nun, jeder arbeitet nach seinem System«, kommentierte der Franzose. »Wenn es erfolgreich ist, sei es drum. Wir schlagen zu, wo wir wollen und wann wir wollen. Jetzt ist eben dieser Deutsche dran. Und Sie werden das bewirken. Sobald ich das sichergestellt habe, verlasse ich dieses gottverdammte Land der Kriegsverbrecher wieder.«
    »Gut«, meinte Chaim. »Wann und wo soll Abdelkader zuschlagen? Spezielle Wünsche diesbezüglich?«
    Salan gab Dovecar einen Wink, der daraufhin erklärte: »Übermorgen werden drei Vertreter der algerischen Rebellen hier in Bonn eintreffen. Sie werden mit diesem Wischnewski zu Abend essen. Er wird sie behandeln, als seien es richtige Diplomaten. Es wäre gut, wenn alle dabei sterben würden.«
    »Das wird sich einrichten lassen«, meinte Chaim. »Sie werden eine Kostprobe unserer Familienspezialität erhalten, darauf können Sie sich verlassen.«

    Ugo schob sich eine Mandelschnitte ein, die zum Kaffee gereicht wurde. »Was waren denn das für Vögel, mit denen Onkel Chaim da gesprochen hat? Und wusste dieser Abdelkader davon?«
    Jacques antwortete: »Natürlich wusste mein verdummter Cousin von dem Treffen – Chaim hatte sich ja angeboten, die Operation zu organisieren, als er von seinen Ambitionen erfahren hatte. Jedoch ahnte Abdelkader freilich nicht, dass unser stets zum lustigen Morden aufgelegter Onkel Chaim ausnahmsweise als Saboteur unterwegs war. Dieser General Salan war der Kopf der Organisation Armée Secrète, kurz OAS. Niemand wusste, dass er sich in Deutschland aufhielt, er war damals einer der meistgesuchten Kriegsverbrecher. Und er hatte sich ausgerechnet unser schwarzes Schaf der Familie ausgesucht. Der

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