Trau niemals einem Callboy! (German Edition)
liebsten mit Stars, die schon mindestens einen Oscar haben. Und irgendwo als Komparse in der Gegend rumzustehen ist bei ihm genauso langweilig wie überall sonst.«
Jamie rollte mit den Augen und beugte sich noch etwas näher zu mir heran.
»Du weißt aber auch gar nichts! Brad Bailey will nicht nur die Hauptrolle mit einem Neuling besetzen, sondern auch einige der Nebenrollen. Er behauptet, es wäre Zeit, neue Gesichter im Kino zu zeigen, die alten interessierten schon keinen mehr. Hast du nicht von dem Aufruhr gehört, den er damit verursacht hat?«
Jetzt erinnerte ich mich dunkel an etwas, das ich dazu gelesen hatte. Es hatte mich nicht sonderlich interessiert, die prominenten Regisseure und Schauspieler gaben des Öfteren provozierende Äußerungen von sich, wenn sie kostenlose Publicity für einen ihrer Filme haben wollten.
»Und du glaubst wirklich, er hat das ernst gemeint? Ich gehe jede Wette ein, dass er die Hauptrolle mit Johnny Depp und die Nebenrollen mit Robert Pattinson oder Angelina Jolie besetzt. Der will doch nur ein paar Wellen schlagen.«
»Die Hauptrolle kann er gar nicht mit Johnny Depp besetzen. Er braucht nämlich jemanden, den es unter den Stars in Hollywood zurzeit nicht gibt: Jemanden, der aussieht wie Humphrey Bogart.«
Fast wäre ich an meinem Drink erstickt. Ich musste daran denken, wie viele Wochenenden ich gemeinsam mit meinem Vater damit verbracht hatte, alte Humphrey-Bogart-Filme anzusehen. Und nicht nur das, ich hatte etliche seiner Rollen nachgespielt. Wenn ich mich kleidete wie er und meine Haare kurz trug, ähnelte ich dem Star sogar fast ein wenig.
Ich verschluckte mich so sehr, dass Jamie mir mit besorgtem Blick heftig auf den Rücken klopfte.
»Humphrey Bogart? Was will er denn mit Humphrey Bogart?«, hustete ich.
»Er will sein Leben verfilmen. Als Lauren Bacall hat er schon Mona Birmingham unter Vertrag. Für Humphrey Bogart aber und einige andere Rollen läuft nächste Woche das Casting an.«
»Hm.« Nachdenklich rührte ich mit dem Strohhalm in dem Glas herum. »Vielleicht sollte ich mich auf eine der Nebenrollen bewerben.« Noch während ich diese Worte sprach, stieg ein seltsames Gefühl in mir hoch. War das die Chance, auf die ich mein ganzes Leben gewartet hatte? Niemand in Hollywood war so dazu bestimmt wie ich, in diesem Film mitzuspielen. Niemand außer mir hatte sämtliche Rollen aus Humphrey Bogarts Filmen nachgespielt oder jahrelang das Leben und Wirken der großen Stars dieser Zeit studiert. Sollte überhaupt jemand in einer Hommage an den großen Star mitspielen, dann ich.
Ein paar Stunden später stand eines fest: Es gab keine Hauptrolle, die für mich geeignet war. Bogarts Tochter Leslie konnte ich nicht spielen. Die war erst fünf Jahre alt gewesen, als er starb. Aber wer kam dann in Frage?
Während ich nachdachte, lief ich in unserem Wohnzimmer auf und ab. Welche Frau war wichtig genug in seinem Leben, um mir mehr als eine belanglose Nebenrolle zu bescheren? Eine seiner Ex-Frauen? Wieder konsultierte ich die Casting-Informationen, die im Internet zu finden waren, aber außer Mayo Methot wurden Bogarts Ehefrauen in dem Film eher stiefmütterlich behandelt. Ganz anders als Lauren Bacall, die immerhin bis zu seinem Tod mit ihm verheiratet gewesen war. Aber beide Rollen waren schon vergeben.
Ich nahm einen Schluck aus der Cola-Dose, die ich mir geholt hatte, um mir einen Ausgleich zu dem Schlammtrunk zu verschaffen. Zu viel gesunde Ernährung war auch nicht gut …
Katherine Hepburn. Meine Augen saugten sich förmlich an dem Namen fest. Die Schauspielerin war jahrelang heimlich mit Spencer Tracy liiert gewesen. Der wiederum war einer der besten Freunde von Humphrey Bogart gewesen. Zusammen waren sie Teil des berühmten »Holmby Hills Rat Pack« gewesen. Einer Clique, deren Mittelpunkt Humphrey Bogart und seine Frau Lauren Bacall bildeten. Außerdem hatte Katherine Hepburn den Film mit der Hollywood-Ikone gedreht, für den er den einzigen Oscar seiner Karriere bekommen hatte: »African Queen«.
»Das wird schwierig«, sprach ich zu mir selbst, während ich einige Bilder im Internet betrachtete: Katherine war schlank gewesen und noch dazu eine äußerst attraktive Frau. Mit einem Seufzer starrte ich auf das Foto, das eine etwa zwanzigjährige Katherine Hepburn zeigte. Ich würde es nie schaffen, so auszusehen. Während mein Gesicht schmal war und eher länglich, war ihres im Vergleich dazu flächig angelegt mit prominenten Wangenknochen und
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