Trau niemals einem Callboy! (German Edition)
Undenkbar. Lächerlich.
Meine tastenden Hände sind fündig geworden. Die Hotelrechnung!
Minutenlang wage ich es nicht, die Rechnung anzusehen.
Nein, Ron würde so etwas niemals tun.
Er liebt mich.
Er will mich heiraten.
Meine Finger zittern, als ich das Papier endlich doch auseinanderfalte und glätte.
Alles ist in Ordnung.
Ron ist mir treu.
Genauso, wie er es gesagt hat.
Seltsam nur, dass die Hotelrechnung vom Kurhotel Bad Soden ausgestellt wurde. Für ein Doppelzimmer. Herr und Frau Krämer.
12
Ron hat mich angelogen! Und ich Idiotin habe ihm geglaubt. Obwohl ich mich am liebsten unter der Bettdecke verkriechen würde, um die nächsten drei Jahre mit Weinen und Selbstmitleid zu verbringen, zwinge ich mich dazu, etwas zu tun. Ich sollte auf keinen Fall trauern. Ich sollte wütend sein. Aber wie verwandelt sich ein heulendes Elend in eine giftsprühende Furie?
Am besten wohl, indem ich etwas tue. Ich brabbele unaufhörlich Verwünschungen vor mich hin, während ich wahllos irgendwelche Kleidungsstücke aus dem Schrank zerre und in meinen Koffer stopfe. Nach kurzem Überlegen lege ich Rons Pistole mit hinein. Die Waffe ist mittlerweile gesichert, denn ich habe mein Wissen dank Internet erweitert. Ich will mich sicher fühlen, verteidige ich diese Entscheidung vor mir selbst. Trotzdem fühle ich mich wie eine Verbrecherin.
Ich muss weg. Sofort. Raus aus diesem Haus, aus Rons Leben . Mit einem lauten Klicken schnappen die Schlösser meines Samsonite zu. Kurz darauf wuchte ich das schwere Gepäckstück die Treppe hinunter, werfe es in den Kofferraum und fahre los.
„Schatz, das tut mir so leid für dich!“ Nana mustert mich mit sorgenvollem Blick und klopft mir unbeholfen auf den Rücken. Ich bin zu ihr geflüchtet, so, wie ich es schon als Kind getan habe, wenn ich mit meiner Mutter Streit hatte. Aber auch ohne Zuflucht finden zu müssen, habe ich sie oft besucht. Ich liebe sie heiß und innig und ohne Vorbehalte.
„Ja. Mir auch“, murmele ich und versuche erfolglos, die Tränen zu unterdrücken, die seit der Entdeckung von Rons Hotelrechnung wie Sturzbäche geflossen sind. Man sollte meinen, dass ich irgendwann einmal damit aufhören kann. Vor allem, wenn man bedenkt, dass dieser Mistkerl meine Trauer nicht verdient. Es ist schon wieder passiert: Er hat mich nie geliebt. Er war nur an mir interessiert, weil ich aus einer reichen Familie stamme. Einer Familie, die Beziehungen hat.
„Glaub mir Schatz, ich weiß, wie hart es ist, wenn man niemandem trauen kann, weil man aus einer wohlhabenden Familie kommt. Was du jetzt brauchst, ist ein Glas Champagner!“, bemerkt Nana und springt auf, ohne eine Antwort abzuwarten. Früher hatte Nana einen Butler, aber seit er sich vor einigen Jahren zur Ruhe setzte, hat sie keinen neuen mehr eingestellt. „Es ist eine veraltete Tradition“, begründete sie ihre Entscheidung damals. Ich muss ihr zwar Recht geben, aber trotzdem vermisse ich Eduard. Er gehörte zur Familie. Seit er nicht mehr da ist, habe ich das Gefühl, einen Onkel verloren zu haben. Als ob diese Gedanken jetzt auch nur einen Pfifferling wert wären. Sie sind genauso sinnlos wie der gesamte romantische Unsinn, den ich mir selbst in den letzten Jahren vorgegaukelt habe! Eduard hat es auch nur für Geld getan. So wie sie alle. Vielleicht mochte er mich nicht einmal.
„Hier. Nimm einen ordentlichen Schluck, und du wirst dich gleich viel besser fühlen“, fordert Nana mich auf.
„Eigentlich gibt es ja nichts zu feiern“, murmele ich und fühle mich mit einem Schlag unendlich müde. Müde und leer.
„Nichts zu feiern? Dass ich nicht lache. Natürlich gibt es was zu feiern! Du bist ihn los. Diesen hinterhältigen, verlogenen, fiesen …“
Ein widerwilliges Lächeln schleicht sich auf meine Lippen. „Du hast recht“, gebe ich mich geschlagen. „Ich bin froh, dass es vorbei ist.“ Die Lüge kommt nur zögerlich über meine Lippen, und ich frage mich, ob ich jemals tatsächlich froh darüber sein werde.
„Wie konnte er dir das antun? Vier Wochen vor der Hochzeit! Wenn ich ihn das nächste Mal sehe, werde ich ihm zeigen, dass selbst eine Siebzigjährige ganz genau weiß, wo Männer am verletzlichsten sind“, redet sich Nana in Rage. Ihre Wut über Rons Verhalten tut mir gut. Wenigstens gibt es einen Menschen auf dieser Welt, der mich so liebt, wie ich bin.
„Glaube mir, du hast mehr verdienst als das“, unterbricht Nana ihre
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