Trau niemals einem Callboy! (German Edition)
mein Handy und rufe ihn an. Rons verschlafene Stimme meldet sich.
„Sieh zu, dass du mich in Zukunft aus deinen Problemen heraushältst“, belle ich in den Hörer.
„Tamara, bist du’s?”
„Natürlich bin ich es! Wer soll es sonst sein? Oder hast du so viele Ex-Zukünftige, dass du mich nicht mehr am Telefon erkennst?”
Schweigen. Darauf hat er keine Antwort. Außerdem ist er nicht allein, denn neben ihm fragt eine verschlafene Stimme, was los sei.
„Sorge dafür, dass ich nicht mehr belästigt werde, oder ich gehe zur Polizei. Und dann werde ich ihnen alles sagen. Alles!”
Meine Stimme hat einen schrillen Ton, ich merke, dass ich hysterisch werde. Aber es gelingt mir kaum, mich zu beruhigen, Angst und Wut toben in mir. Fechten einen Kampf aus, der droht, außer Kontrolle zu geraten.
„Wovon redest du?“ Zum ersten Mal, seit ich ihn kenne, klingt Ron irgendwie seltsam. Panisch.
„Du weißt genau, wovon ich rede“, entgegne ich.
„Ich habe keine Ahnung, was das alles soll, Tamara. Aber eines ist sicher, es wäre besser, wenn du keine Tabletten mehr schlucken würdest. Du bist ja nicht bei dir.“
Ungeduldig unterbreche ich ihn.
„Ich komme heute Nachmittag in dein Büro. Wir müssen den Hausverkauf regeln. Ich brauche noch eine Vollmacht für den Makler. Und dann werde ich aus deinem Leben verschwinden. Für immer.“
„Tamara, ich …“
Ohne zu antworten, beende ich die Verbindung. Ich habe keine Lust, mir noch mehr Lügen und Ausflüchte anzuhören.
Einige Stunden später betrete ich die Geschäftsräume, in denen Ron auch am Sonntag anzutreffen ist. Seit Jahren schon fährt er jedes Wochenende für einige Stunden ins Büro. Angeblich, weil er dann Zeit und Ruhe hat, wichtige Dokumente zu bearbeiten.
Ron arbeitet im Frankfurter Westend. Dort, in einer alten Villa, liegen die Geschäftsräume der Privatbank, deren Geschäftsführer er ist. Das Gebäude mit den hohen Stuckdecken, dem glänzenden Parkett und dem Hauch von Geld, der in den Räumen zu schweben scheint, verströmt einen altehrwürdigen Glanz.
„Guten Tag, Frau Hartwig“, begrüßt mich der Pförtner, der an den Wochenenden Dienst hat. Mit einem Kopfnicken und einem Lächeln eile ich an ihm vorbei. Ich möchte unser Treffen so schnell wie möglich hinter mich bringen und aus Rons Leben verschwinden. Für immer.
Mit einem flauen Gefühl im Magen betrete ich die Räume, registriere mit Erstaunen, dass er um seinen Schreibtisch herumgeht, mir die Hand reicht und mich gleichzeitig an sich zieht, um mir einen Kuss auf die Wange zu drücken.
„Schön, dass du hier bist“, sagt er. Ist er von allen guten Geistern verlassen? Nach allem, was passiert ist, fällt ihm nicht mehr als diese Floskel ein? Ron aber lächelt, als sei diese Begrüßung das Normalste der Welt.
„Willst du dich nicht setzen?“ Er deutet auf den Ledersessel, der vor seinem Tisch steht.
„Ja, natürlich“, antworte ich. „Gut siehst du aus“, füge ich noch hinzu. Spiele sein Spielchen mit. Warum soll ich die Einzige sein, die sich über das Verhalten des anderen wundert?
„Möchtest du etwas trinken? Einen Kaffee oder ein Wasser?“, pariert Ron und schafft es, dass ich mich von einer Sekunde auf die andere fühle wie eine Bankkundin, die einen Kredit möchte.
„Nein. Nein danke. Ich möchte nichts. Ich will dich nicht von deiner Arbeit abhalten.“
„Das tust du nicht. Ich habe Zeit. Du bist schließlich noch immer das Wichtigste in meinem Leben.“ Ron beugt sich über seinen Schreibtisch nach vorne. Lächelt mich an, in seinen Augen liegt eine unausgesprochene Bitte. Bevor er diese jedoch äußern kann, spreche ich: „Du musst diesen Vertrag auch unterschreiben, damit der Makler in unserem Namen aktiv werden kann. Außerdem habe ich eine Vollmacht vorbereitet, damit du auch während meiner Abwesenheit den Kaufvertrag abschließen kannst. Allerdings nur, wenn ich vorher dem Makler mein Einverständnis signalisiert habe.“ Mit diesen Worten reiche ich ihm das Dokument, ohne auf seine Bemerkung einzugehen.
„Wenn es das ist, was du willst“, sagt Ron und überfliegt die Vereinbarung, dann nickt er. „Scheint mir in Ordnung zu sein.“ Er unterschreibt und reicht mir die Papiere zurück. „Allerdings hatte ich gehofft, wir könnten über etwas anderes reden als das Ende unserer Beziehung.“
„Ich wüsste nicht, was das sein sollte“, entgegne ich kühl.
„Tamara.“ Ron steht auf, geht um seinen Schreibtisch herum und sinkt
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