Traue niemals einem Vampir - Scott, D: Traue niemals einem Vampir
löste sich Nicolas von mir – plötzlich und unerwartet. Genauso überraschend, wie er mich berauscht hatte, ließ er mich nun einfach stehen.
Er trat einen Schritt zurück, und starrte in die Nacht. Ich konnte es nicht glauben – hörte das denn niemals auf? Ich versuchte meinen Zorn und meine Enttäuschung zu unterdrücken, und sprach mit ruhiger Stimme:
„Ich wiederhole gerne meine Frage von vorhin, solltest du sie überhört haben. Was, um Gottes willen, willst du von mir? Ich habe unser Kind verloren – und somit auch dein Interesse an mir. Warum also lässt du mich nicht endlich gehen?“
Er reagierte zu Anfang nicht – er hielt es nicht einmal für nötig, mich anzuschauen.
Mir reichte es, ich wollte gehen. Ich lief einfach los, auch wenn ich keine Ahnung hatte, wohin ich laufen sollte.
„Bleib hier, Kimberly. Es tut mir leid – alles, was dir angetan wurde. Alles, was ICH dir angetan habe. Die Zeugung unseres Kindes ... verdammt, ich habe nicht bemerkt, dass ... ich wollte nicht ...“.
Er verstummte, und drehte sich wieder zu mir:
„Ich wollte dich nicht vergewaltigen. Das war so nicht geplant. Ich habe schon vieles in meinem langen Leben getan, was sicherlich nicht positiv war. Zumindest in den Augen der Sterblichen. Aber ich habe noch niemals eine Frau gegen ihren Willen genommen. Das ist nicht meine Art.“
Ich sah ihn an, und wusste, dass er die Wahrheit sprach. Aber wie sollte ich mich nun verhalten?
„Bist du wirklich so kalt? So kalt wie Atheka behauptet?“, fragte ich zaghaft.
Seine gerade noch traurigen Augen veränderten sich von einer Sekunde zur anderen. Nun leuchteten sie in einer für mich undefinierbaren Farbe ... und sie signalisierten Gefahr!
„Atheka sagt das, ja? Atheka...wegen ihr habe ich die einzige Frau verloren, die ich jemals geliebt habe. Sie hat sie verraten, obwohl die beiden Freundinnen waren!“, er sprach voller Hass.
Ich konnte nicht glauben, was ich eben hörte:
„Du ... du hast jemand geliebt? Du hattest eine Frau? Wer war sie?“
Unruhig lief Nicolas auf und ab. Als er erzählte, war mir so, als würde er meine Anwesenheit gar nicht bemerken.
„Sie hieß Tiana und war Französin. Sie war so wunderschön und so voller Herzensgüte. Ganz anders als Atheka. Während Tiana ein sehr ruhiges und sanftes Wesen besaß, war Atheka voll Feuer und Temperament. So unterschiedlich und doch beste Freundinnen. Dachte ich jedenfalls.“
Ich hörte Nicolas zu, und trat einen Schritt näher. Würde er es akzeptieren, wenn ich ihn berührte? Ich zögerte noch. Er hatte nicht bemerkt, dass ich direkt hinter ihm stand. Wie in Trance sprach er weiter:
„Atheka hatte von Anfang an ein Auge auf mich geworfen. Doch ich wollte nichts von ihr ... bis auf ihr Blut. Das habe ich mir genommen.“
Ich erschrak:
„Warst du es, der sie zum Vampir gemacht hat? Hasst sie dich deshalb?“
Nicolas schüttelte den Kopf:
„Sie hasst mich nicht, im Gegenteil. Sie liebt mich noch immer. Aber ja – ich habe ihr den Todeskuss gegeben. Kimberly, ich bin ein Vampir, und ich trinke das Blut der Lebenden. Athekas Bewunderung kam mir gerade Recht, um mir das zu nehmen, was ich in diesem Moment brauchte, was ich begehrte. Tiana war noch eine Sterbliche. Ich zögerte, sie zu verwandeln. Sie ... sie war so zart, so unbeholfen. Ich glaubte einfach nicht daran, dass sie stark genug sein würde, um als Vampir existieren zu können.“
Ich konnte nicht anders, da war soviel Traurigkeit in Nicolas Stimme – ich legte ihm einfach die Hand auf die Schulter. Als er zusammenzuckte, wollte ich sie unverzüglich zurückziehen. Zu meinem Erstaunen hielt er sie fest.
„Aber sie hatte doch dich! Du warst doch da, um sie zu beschützen, um ihr beizustehen. Was ist denn schief gegangen? Was geschah mit Tiana?“
Ich wollte unbedingt die ganze Geschichte kennen, denn mir wurde immer klarer, dass dies alles auch mit mir zu tun hatte. Was damals geschah, bestimmte nun MEIN Schicksal ...
Ohne mich anzusehen, hielt Nicolas noch immer meine Hand fest und fuhr fort:
„Ich konnte unmöglich IMMER bei ihr sein. Jedes Geschöpf der Nacht muss in der Lage sein, sich verteidigen zu können. Vor allem aber, es muss zu dem stehen, was es ist. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass Tiana als Vampir glücklich sein würde. Trotz meiner Liebe zu ihr. Und doch ist es geschehen ... ich habe sie verwandelt.“
Ich spürte, wie mein Herz zu klopfen begann. Mit jedem Wort, das Nicolas sprach, offenbarte er mehr von
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