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Trauerspiel

Trauerspiel

Titel: Trauerspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vera Bleibtreu
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Blutschwämmchen sein. Der Täter hat Julia diesen Spieß, vielleicht war es ja auch eine angespitzte Stricknadel oder so etwas Ähnliches, jedenfalls dünn und rasiermesserscharf, direkt ins Herz gerammt.»
    Tanja überlegte. «Das heißt, er oder sie muss direkt vor dem Mädchen gestanden und genau gewusst haben, wo er oder sie zustechen musste. Ganz schön kaltblütig!»
    Arne nickte.
    «Oder verzweifelt», grübelte Tanja.
    «Weißt du was?», meinte Arne, «ich finde es einfach nur traurig.»
    * * *
    Der Junge schaute Arne nicht an. Die Akne hatte ihn voll im Griff, mehrere große, vereiterte Pusteln bedeckten seine Stirn. Sonst war er ein hübscher, schmaler, groß gewachsener Kerl mit blonden Haaren, die ihm fast bis auf die Schultern fielen. Wenn sein verkniffener Gesichtsausdruck nicht gewesen wäre, hätte er einnehmend und freundlich gewirkt. Seine Augen fixierten das Tokio-HotelPoster, das Arne schon in Julias Zimmer aufgefallen war.
    «Magst du die Gruppe?», fragte Arne.
    Maximilian nickte stumm.
    «Julia hat sie auch gemocht», bemerkte Tanja.
    Maximilian wurde abwechselnd blass und rot, dabei schien es, als ob seine Pickel glühen würden. «Wir waren zusammen auf dem Konzert», kam es gepresst aus Maximilian heraus. Er schaute immer noch auf das Poster. «Das war das Letzte, was wir zusammen unternommen haben, dann hat sie Schluss gemacht.»
    Arne schaute nachdenklich. «Warum hat sich Julia denn von dir getrennt?»
    Maximilian presste seine Lippen aufeinander. Die Pickel glühten intensiv. «Das geht Sie nichts an!»
    Arne legte leicht seine Hand auf Maximilians Arm. «Deine Freundin ist ermordet worden. Du willst doch, dass wir ihren Mörder finden, oder? Deshalb müssen wir nachfragen, auch wenn es wehtut. Also, warum hat sich Julia von dir getrennt?»
    Maximilian hatte die Hände vors Gesicht geschlagen und ließ den Kopf hängen. Sein ganzer Körper zitterte. Er schluchzte, und in seinem Schluchzen gingen die Worte unter, die er zu artikulieren versuchte. Tanja und Arne warteten. Tanja betrachtete ein großes, gerahmtes Foto von Julia, das neben dem Bett stand. Sie ließen ihm Zeit. Dieser Junge hatte viel ertragen müssen. Tanja blickte sich im Zimmer um. Die Handschrift von Julia war auch sonst in diesem Jungenzimmer deutlich zu erkennen. Ihre Vorliebe für Blau und Weiß hatte sie offensichtlich auch auf ihren Freund übertragen. Die Bettwäsche kam Tanja ziemlich bekannt vor, es war die gleiche, mit der auch Julias Bett bezogen war. Maximilian hatte ein etwas größeres Zimmer als Julia, ein blaues Ledersofa hatte darin Platz, davor ein blaugestrichener einfacher Sofatisch aus Kiefernholz. In einer Ecke stand der obligatorische Computer mit einem ganzen Regal voller CDs und Spiele. Im Bücherregal und bei der DVD-Sammlung tobte sich der Junge aus: Krieg der Sterne, Jackie Chan, eine Gesamtausgabe von Karl May, die so aussah, als ob er sie von seinem Vater geerbt hätte. Tanja erinnerte sich an ihre eigene Karl-May-Lektüre und musste plötzlich daran denken, wie sie, untröstlich über den Tod Winnetous, unter ihrer Bettdecke geschluchzt hatte. Vor ihr saß Maximilian und weinte immer noch leise.
    Nach einer Weile sagte Arne ganz sanft: «Komm, erzähl uns mal, was da geschehen ist.»
    Maximilian richtete sich auf. Tanja reichte ihm ein Taschentuch und er putzte sich geräuschvoll die Nase.
    «Wir waren zusammen auf dem Konzert von Tokio Hotel in Mannheim. Es war ganz toll, und ich habe nicht gemerkt, dass sie irgendwie anders ist. Zwei Tage nach dem Konzert hat sie mir eine SMS geschickt, dass wir uns nach der Schule treffen sollen. Sie wollte mit mir reden. Es geht nicht mehr, hat sie da gesagt. Sie würde nicht mehr das spüren, was sie am Anfang gespürt hätte. Ich habe geredet und» – Maximilian stockte – «auch geweint, aber sie war total hart. Irgendwie war sie total verändert. Seitdem habe ich sie nur noch zufällig in der Stadt getroffen. Ich habe ihr immer mal wieder eine SMS geschickt, manchmal hat sie geantwortet.» Maximilian schwieg.
    «Was hast du eigentlich am Mittwochabend zwischen 22.00 Uhr und 24.00 Uhr gemacht?», fragte Arne.
    Maximilian überlegte. «Am Mittwoch, da war ich im Kino.»
    «Was hast du dir denn angeschaut? Und gibt es Zeugen dafür?»
    «Also, ich war mit fünf Leuten in der langen Filmnacht. Damit bin ich wohl weg von der Verdächtigenliste. Dann können Sie mich doch auch in Ruhe lassen!» Maximilian starrte die Kommissare trotzig an.
    «Schreibe

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