Traumfrau ahoi: Roman (German Edition)
die schwarze Nacht jagte. Zwei weitere Explosionen folgten, und brennende Brocken flogen in alle Himmelsrichtungen. Max erhob sich, stand breitbeinig da und hob die Fäuste wie ein Schwergewichtsweltmeister.
Max hatte einen großen Teil seines Berufslebens in Kälte und Nässe verbracht. Er konnte sich zwar durchaus vorstellen, wie er so einen Abend angenehmer hätte verbringen können, aber er war an Kälte und Nässe gewöhnt. Lola dagegen nicht. Vorn im Boot fand er eine Wolldecke, die er ihr reichte.
»Zieh deine nassen Sachen aus«, riet er ihr und übernahm das Steuer.
Das Leuchten des Feuers von der Insel schwand immer mehr. Max schnitt Taschenlampe und Karte von seinen Gürtelschlaufen. Das Boot, ausgerüstet nach dem neuesten Stand der Technik, war der Traum eines jeden Drogenkuriers auf der Suche nach im Atlantik treibenden Fässern voller Drogen. Max setzte sich neben Lola auf die Bank und leuchtete ihr mit der Taschenlampe ins Gesicht. Ihre Finger zitterten so stark, dass sie kaum die Knöpfe ihres Kleides zu fassen bekam. Ihre
Lippen waren blau, und sie hielt ihren zitternden Hund fest an die Brust gedrückt.
Mit einer Hand hielt er das Steuerrad, während er mit der anderen ihre Finger beiseite schob und ihr aus dem nassen Kleid half, das er auf den Boden des Boots fallen ließ. Mit einiger Mühe löste er das Klebeband von Babys Schnauze. Der Hund stieß ein wütendes Bellen aus, als Max die Wolldecke um Lola und ihren Hund legte.
»Bleib noch eine Weile sitzen«, bat er und wandte sich dem Satellitenleitsystem zu. Er schaltete die Beleuchtung ein und entfaltete die Landkarte. Eine Mappe und ein Fettstift waren am Bug befestigt, mit deren Hilfe er die Koordinaten ihres Standpunkts markierte. Er wollte sichergehen, dass die Küstenwache die Insel und die vier gestrandeten Drogenkuriere fand. Durch die Explosion der Dora Mae war wahrscheinlich keiner ums Leben gekommen; die herabfallenden Schiffsteile hatten ihnen höchstens die Haare ein wenig versengt.
Man hätte ihm vorhalten können, dass es leicht übertrieben war, die Jacht in die Luft zu jagen. Aber Max war anderer Meinung. Wenngleich er bezweifelte, dass es den vier Männern gelingen würde, die Dora Mae fahrtüchtig zu machen, wollte er ihnen nicht einmal die entfernte Möglichkeit offen lassen. Ebenso wenig wollte er das Risiko eingehen, dass er oder Lola doch noch anhand von irgendetwas, das sie an Bord vergessen hatten, identifiziert wurden. Die Dora Mae musste geopfert werden. Und verdammt noch mal, es ging doch nichts über eine ordentliche Explosion.
Max schaltete das Funkgerät ein und suchte nach Funkverkehr, obwohl es ihn nicht weiter überraschte, dass er nichts hörte. Denn selbst wenn er keine Signale von anderen Schiffen auffing, hieß das nicht, dass keine unterwegs waren. Er stellte den Kanal der Küstenwache ein und griff nach dem Mikrofon. »Wie lautet dein zweiter Vorname?«, fragte er Lola,
da er weder der Küstenwache noch sonst jemandem auf die Nase binden wollte, dass er und Lola sich auf einem gestohlenen Schnellboot befanden.
Lolas Zähne schlugen aufeinander, als sie antwortete. »Faith.«
»Küstenwache Florida, Küstenwache Florida, hier spricht die Faith . Verstanden? Over.« Er wartete eine halbe Minute, bevor er seinen Ruf wiederholte. Immer noch nichts. Im Licht der Armaturen las er den Standort des Boots ab und kam zu dem Schluss, dass der Sturm sie neunzig Seemeilen südöstlich der Florida vorgelagerten Inseln abgetrieben hatte. Also sechzig Meilen südlich von ihrem vorherigen Standort auf der Dora Mae .
»Wo sind wir?«, fragte Lola mit zusammengebissenen Zähnen. »In der Nähe von Florida?«
»Etwa achtzig Meilen davon entfernt«, antwortete er, zu erschöpft, um den Unterschied zwischen Meilen und Seemeilen genau zu berechnen. Wenn er endlich wieder zu Hause war, würde er mindestens drei Tage lang schlafen.
»Möchtest du ein Stück von meiner Decke?«
»Nein, es wird ja nicht mehr lange dauern.« Die drei Motoren des Boots hätten eine Geschwindigkeit von mehr als fünfzig Knoten erlaubt, aber da sie kaum Schutz vor dem Wind hatten, hielt Max sie bei sechsundzwanzig. Der Himmel über ihnen war völlig klar und übersät von Sternen.
»Ma-Max?«
»Ja.« Er sah zu ihr hinüber und beobachtete, wie sie eine Hand aus der Decke schob und anfing, die Schlammkruste von ihrer Stirn zu entfernen. Das goldene Licht vom Bug her streifte ihre Lippen und ergoss sich wie Honig in ihren Mund, als
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