Traumfrau (German Edition)
der Thailänderin Mary, die mein Vater erworben hat, unwiderruflich an Martin Schöller ab.
Das war mehr als eine Verzichtserklärung. Das war ein Geständnis. Ein Schuldbekenntnis. Deshalb verlangte Martin Schöller es auch handschriftlich von ihm. Ein einfaches Wort unter Männern, unter Freunden gar, und ein Handschlag genügten ihm nicht. Er brauchte etwas Vorzeigbares. Handschriftlich.
Martin Schöller schob den goldenen Kugelschreiber wie unabsichtlich in Dieters Richtung.
Ist der wahnsinnig genug zu glauben, ich würde das Ding jetzt und hier schreiben, in Anwesenheit aller anderen? Am besten auf einen Bierdeckel?
„Setz dich, Hanne.”
„Aus dir wird noch mal eine richtige Emanze, hahaha.”
Hanne setzte sich. Aber noch einmal wallte die Wut in ihr auf. Wie zur eigenen Rechtfertigung rief sie laut zu Bürgermeister Sendlmayr hinüber: „Wem nutzt es schon, wenn der Laden da aus unserem Dorf verschwindet? Den Mädchen ist damit nicht geholfen. Die Typen machen ihre Geschäfte dann einfach woanders!”
Bürgermeister Sendlmayr konnte nicht auf sich sitzen lassen, dass eine Frau ihn vor versammelter Mannschaft so angriff. Er musste laut, für alle, aber zu Hanne Wirbitzki gewandt, antworten. ,Alles andere ist Sache der Gesetzgebung, der Gerichte, der Staatsanwaltschaft, der Polizei. Da haben wir keinen Einfluss. Ich bin nur Bürgermeister dieses Dorfes, nicht der König von Deutschland!”
Einige fühlten sich in eine Wahlkampfveranstaltung hineinversetzt und klopften auf den Tischen Beifall. Die Kaffeetassen klirrten. Jetzt ging es Bürgermeister Sendlmayr besser. Er hatte gewonnen. Noch hielt er im Dorf das Zepter in der Hand und nicht eine zugereiste Kellnerin aus dem Ruhrgebiet.
Es wurde lauter.
„Sehr richtig.”
„Jawohl.”
„Jeder ist seines Glückes Schmied.”
„Nimmt denn niemand Rücksicht auf Hermanns Witwe?”
Die schrille Frage kam von Martin Schöllers Mutter. Sie gab damit das Stichwort für Frau Seglers erneutes Weinen und Schluchzen.
„Wenn jetzt jemandem geholfen werden muss, dann doch wohl ihr”, fügte Martin Schöllers Mutter hinzu.
Sie gönnt mir den Erfolg nicht, dachte Martin. Sie gönnt ihn mir einfach nicht.
Zu ihm gewandt, sagte sie: „Iss etwas von dem Schinken. Der ist wirklich gut. Und trink nicht so viel Kaffee auf nüchternen Magen.”
Dieter Segler hörte es und grinste. Martin schien dadurch weniger gefährlich. Auf ein erträgliches Maß zurechtgestutzt.
Martin registrierte den spöttischen Blick von Dieter, und alles in ihm schrie nach Rache.
Plötzlich sprang Wolfhardt Paul auf: „Mir ist schlecht.” Er lief zur Toilette. Hans Wirbitzki hinterher.
Damit ihnen niemand folgen konnte, hielt er die Tür von innen zu. Wolfhardt Paul lehnte sich kreidebleich an die Wand.
„Was jetzt? Was jetzt? Sie ist abgehauen, in den Puff. Jetzt kommt alles raus.”
„Nichts wird herauskommen”, versuchte Hans Wirbitzki sich selbst Mut zu machen, „sie ist stumm.”
Viel zu sehr eingeschlossen in seine Angst, den Worten von Hans überhaupt nicht zugänglich, stammelte Wolfhardt Paul: „Sie wird denen da drin alles erzählen. Und dann? Was dann?”
„Sie ist Gott sei Dank - stumm”, presste Hans Wirbitzki scharf hervor, „stumm. Kapier das.”
„Es wird alles rauskommen. Alles.”
„Mach dir nicht in die Hosen.”
„Ich bin aber fast so weit.”
„Reiß dich zusammen.”
„Ich steh das nicht durch, Hans. Ich schaff’s nicht.”
„Komm wieder mit rein, die anderen dürfen nichts merken. Sag, das Mettbrötchen sei schlecht gewesen. Martin wird alles klären. Er hat die Sache doch gut im Griff.”
Hans Wirbitzki zog seinen Skatbruder in die Gaststätte zurück.
„Frischer Kaffee ist fertig!”, flötete die Wirtin. In dem Moment flog auf der anderen Straßenseite die Bordelltür auf. Mary wurde nach draußen geschubst. Sie versuchte, wieder hineinzukommen, und wurde zurückgestoßen. Der männliche Aufseher erschien. Gut drei Köpfe größer als Mary und mindestens doppelt so schwer. Er schubste sie vor sich her wie einen Plastikball. Sie machte einen Ausfall nach links, wollte seitlich an ihm vorbei, wieder in den Club kommen. Im Schatten der geöffneten Tür sah man eine andere weibliche Gestalt. Sie streckte die Hand nach Mary aus, aber da packte der Aufseher Mary und stieß sie so derb von sich, dass sie hinfiel. Rückwärts ging er zur Tür zurück. Erst jetzt schien ihm bewusst zu werden, dass ihn aus der Linde drei Dutzend
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