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Traumfrau (German Edition)

Traumfrau (German Edition)

Titel: Traumfrau (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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nach langer Trennung wiedertreffen. Vor Wut und Scham begann Günther Ichtenhagen zu weinen.
    „Was hat dieser Verbrecher dir angetan? Was erlaubt der sich? Was glaubt er, wer er ist?”

54
    Martins Besuch kam Uschi Paul ungelegen. Nicht nur, weil sie ihre Korsettpanzerung noch nicht drunter anhatte, sondern auch, weil niemand ihren Wolfhardt in so hilflosem Zustand sehen sollte. Er kam ihr wahnsinnig vor. Wie jemand, der keinen Bezug zur Realität mehr will, sich ganz in die eigene Innenwelt zurückgezogen hat und unansprechbar dasitzt.
    Aber Martin Schöller ließ sich nicht abwimmeln.
    „Ich will ihm nur mal guten Tag sagen. Ich muss meinem alten Skatbruder gute Besserung wünschen.”
    „Der Arzt hat gesagt, dass er keine Aufregung haben darf.”
    „Ich reg ihn nicht auf. Bitte lassen Sie mich, Frau Paul.”
    „Aber nur ganz kurz, Martin.”
    „Jaja, ganz kurz.”
    Martin erreichte es, mit Wolfhardt allein gelassen zu werden. Er hatte damit gerechnet, dass Wolfhardt ängstlich auf ihn reagieren würde. Aber Wolfhardt lag nur da und sah ins Leere.
    Martin stellte sich an sein Bett, griff in die Jackentasche und zog einen vorbereiteten Zettel heraus.
    „Du bist aus dem Rennen, Wolfhardt. Nach allem, was du dir geleistet hast, wollen wir dich nicht mehr dabeihaben. Unterschreib das hier.”
    Wolfhardt sah gar nicht hin.
    „Deiner Frau kannst du Theater vorspielen. Mir nicht. Unterschreib das hier und du bist mich los.”
    „Was ist das?”
    „Damit erklärst du, dass du auf deine zwanzig Prozent an Mary verzichtest und sie mir überschreibst.”
    „Und warum sollte ich das machen?”
    „Weil ich deiner Frau sonst alles erzähle.”
    „Nur zu. Dann fliegen alle anderen mit auf! Oder glaubst du, Uschi hält den Mund? Sie wird es deiner Mutter erzählen, Bübchen. Deine Mami wird gar nicht glücklich darüber sein, dass ihr Martin solche Sachen macht.”
    Martin kniete sich vor das Bett, um nicht so laut reden zu müssen. „Ich beschwöre dich, Wolfhardt, du brauchst nur zu unterschreiben, und du bist aus der ganzen Sache heraus.”
    Wolfhardt schüttelte den Kopf. „Ich werde sie befreien, Martin. Verlass dich drauf.”
    Wütend knüllte Martin den Zettel zusammen, steckte ihn in die Tasche, sprang auf und trat gegen das Bettgestell. Am liebsten hätte er die Teetasse von der Nachtkonsole genommen und durch das geschlossene Fenster gepfeffert. Aber er beherrschte sich. Um nicht aufzufallen, rief er laut: „Also dann, gute Besserung, Alter. Lass es dir gut gehen!”
    „Ich werde sie befreien, Martin, und wenn es das Letzte ist, was ich tue in meinem verpfuschten Leben.”

55
    Martin Schöller pumpte mit Kurzhantelcurls die Wut aus sich heraus. Er blähte nicht nur seinen Bizeps auf, sondern glättete damit auch die Falten auf seiner Seele. Er hatte ein Gefühl für das Eisen entwickelt. Er liebte es, wenn sich die kalte 25-Kilo-Hantel langsam seiner Brust näherte und schließlich von seiner Kraft getrieben gegen die Schweißschicht auf seinem Oberkörper kippte. Und dann langsam, langsam wieder hinunter.
    „Achtundvierzig ... neunundvierzig ... fünfzig ...”
    Es schmerzte im Ellbogengelenk. Seine Muskeln wuchsen, und er wurde immer stärker. Sein Knochengerüst und seine Gelenke kamen nicht mit. Seine Bewegungen sahen geschmeidig aus, energiegeladen und noch steigerungsfähig. Doch in seinen Gelenken knirschte es.
    „... Vierundfünfzig ... fünfundfünfzig ... sechsundfünfzig. Und wenn die Bänder reißen und die Gelenke krachen, wachst Muskeln! Wachst!
    „... Einundsiebzig ... zweiundsiebzig ... dreiundsiebzig ...”
    Du schaffst es, los, du schaffst es! Die Hundert musst du schaffen! Rauf mit den Gewichten, rauf!
    Seine Muskeln übersäuerten bereits. Morgen würde er die Arme kaum hochkriegen. Aber was zählte das? Ein bisschen Schmerz musste man ertragen können, wenn man sich abheben wollte von der Allgemeinheit.
    Eine Stimme hinter ihm lästerte: „Hau rein, Martin, hau rein!”
    Er versuchte, sich weiterhin auf seine Kurzhanteln zu konzentrieren und nicht aus dem Rhythmus zu kommen. Ein Blick in den Spiegel reichte aus. Er brauchte sich nicht umzudrehen. Hinter ihm stand Marys erster Kunde.
    Ohne Rücksicht auf Martins Training zu nehmen, redete er weiter. Sein Anliegen duldete keinen Aufschub. Er hatte sich dazu durchgerungen, Martin zu fragen. Jetzt war er mutig genug. In ein paar Stunden könnte das schon wieder anders sein.
    Mit leicht belegter Stimme fuhr er leiser als zu Beginn

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