Traumfrau mit Fangzähnen
Begriff stehen, die Fackel der Lady Liberty zu löschen. Ich muss alles in meiner Macht Stehende tun, um die Freiheit unseres Landes zu bewahren. Das ist ein harter Kampf, aber ich werde nicht aufgeben. Ich dachte, das sollte ich Ihnen erzählen.« Er zog meine Hand unter seinen Arm. »Wahrscheinlich klingt das für Sie vollkommen albern. Oder zumindest hoffnungslos idealistisch.«
»Nicht im Mindesten«, erwiderte ich und lächelte ihn an. Plötzlich presste er mich gegen das Geländer und küsste mich leidenschaftlich und hungrig. Ich war überrascht, wie sehr es mir gefiel. Ich öffnete seinen Mantel und schlang meine Arme um seinen Körper, doch weiter als diese Umarmung gingen wir nicht. Der Wind, der vom Wasser zu uns herüberwehte, fuhr durch meine Haare. Die salzige Brise war kalt, doch ich fror nicht. Nicht mehr. Ich fühlte mich in Fitz’ Armen warm und geborgen.
Er fragte nichts, und ich versprach ihm nichts. Wir küssten uns wie Teenager, hielten die Augen geschlossen und entschwanden in unsere eigene Welt. Mir kam der Gedanke, dass es auch ein Leben ohne Darius geben konnte, doch während ich diese Vorstellung schnell von mir schob, überlief mich ein kalter Schauer.
»Mir wird ein bisschen kalt«, sagte ich.
Wir stiegen wieder in den Wagen. Fitz öffnete die Bar, schenkte uns beiden ein Glas irischen Whiskey ein und reichte mir mein Glas. Ich zögerte, aber schließlich würde mich der Drink wieder aufwärmen. Ich trank das Glas rasch leer und spürte, wie sich ein Brennen in meinem Körper ausbreitete. Fitz trank seinen Whiskey ebenfalls aus und füllte die Gläser wieder auf. Als ich erneut zögerte, beugte sich Fitz zu mir und küsste den restlichen Whiskey von meinen Lippen. Mein Magen zog sich vor plötzlichem Verlangen zusammen, und ich beschloss, dass ich auch den zweiten Drink gut gebrauchen konnte. Ich trank ihn in einem Schluck aus, wandte mich Fitz zu und begann, meinen Mantel aufzuknöpfen. Er half mir.
Just in diesem Moment klingelte mein Handy.
Verdammt, ich hatte es doch auf Vibrationsalarm stellen wollen!
»Entschuldige«, sagte ich zu Fitz. »Ich muss drangehen.« Ich nahm ab und hörte Bennys eindringliche Stimme.
»Ihr müsst alle sofort herkommen, Daphne! Ich bin in der achtunddreißigsten Straße Ost, Nummer 43.«
»Alles klar.«
Ich legte auf und wandte mich wieder an Fitz. »Ich muss leider fort. Bitte entschuldige.«
»Ich hoffe, es ist nicht Ernstes.«
Ich setzte ein strahlendes Lächeln auf, so falsch, wie es nur sein konnte. »Eine Verabredung mit einer Kollegin. Wir wollten uns heute Abend treffen, und ich muss gestehen, dass ich es vollkommen vergessen hatte. Das ist alles. Aber ich schreibe dir morgen so früh wie möglich eine E-Mail, und Fitz …«
»Ja?«
»Ich würde wirklich gern zu diesem Empfang mitkommen.« Ich beugte mich zu ihm und küsste ihn sanft auf die Wange. »Danke für heute Abend.«
»Ich danke
dir,
Daphne Urban, von ganzem Herzen«, erwiderte er. »Sag mir, wo du hinmusst, und ich setze dich dort ab.«
Schon bald hatten wir Murray Hill, eine Seitenstraße der Park Avenue, erreicht, in der sich die Silverleaf Tavern befand. Ein wenig wackelig auf den Beinen stieg ich aus Fitz’ Limousine und versuchte, mich auf die Aufgabe zu konzentrieren, die vor mir lag. Ich konnte mir vorstellen, warum Benny angerufen hatte. Wahrscheinlich hatte Susto ein neues Opfer gefordert.
Ich stolperte Richtung Eingang und durch die Tür, wo ich vom Oberkellner mit der Frage aufgehalten wurde, ob er mir helfen könne. Mein erster Gedanke war:
Warum ist es so dunkel hier drin,
und als Nächstes kippte plötzlich der Raum zur Seite. Mir war schwindelig, und ich hielt mich an einer Tischkante fest. Die Mischung aus Alkohol und kalter Nachtluft hatte mich wie ein Holzhammer getroffen. Ich bemühte mich verzweifelt, jede Silbe sorgfältig auszuformulieren.
»Ich bin mit einer Freundin verabredet«, sagte ich. Hoffentlich bemerkte der Oberkellner nicht, dass ich gerade auf einem unsichtbaren Karussell saß und sich der ganze Raum um mich drehte. »Miss Polycarp.«
Falls der Kellner meinen Zustand bemerkte, ignorierte er ihn geflissentlich. Er erwiderte lediglich: »Aber natürlich, hier entlang bitte«, und führte mich in das piekfeine Innere des Silverleaf. Die Inneneinrichtung kombinierte Barock mit Exzentrik und traf damit meinen gelegentlich anspruchsvollen Geschmack. Bei Schmuck, Möbeln, Kleidung und natürlich bei Männern gehörte Mäßigung nicht
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