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Traumgespraeche

Titel: Traumgespraeche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Salhab , Bianca Jaeger
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einmal Futter zum Nachdenken. Sie stillen unseren Hunger nach Erkenntnis aber kaum besser als eine Fertigpizza den Gaumen eines Gourmets zufriedenstellen könnte. In Traumseminaren und Beratungen machten wir ähnliche Erfahrungen. Eltern erwarteten manchmal, dass wir ihnen sagen, was der Traum Ihrer Kinder bedeutet. Ein verständlicher Wunsch - jemand, der sich mit Träumen und Traumsymbolen auskennt, legt die seelischen Nöte und unbewussten Konflikte des Kindes frei. Doch Hand aufs Herz: Wie sollte jemand einen Traum verstehen, wenn er vom Träumer nicht mehr weiß als eine in wenigen Sätzen zusammengefasste, oft wirr erscheinende Geschichte?
    Woher rührt aber das Bedürfnis des Menschen, die Bedeutung eines Traums zu erfahren? Der Mensch ist ständig auf der Suche nach Sinn. Träume hingegen, erleben wir meist als befremdlich und sinnfern. Ein Zustand, den wir als unangenehm empfinden und den wir auflösen möchten. Wie kann uns das gelingen? Verstehen ist das Erkennen von Zusammenhängen. Der Zusammenhang zwischen Traumbild und den dazu passenden tatsächlichen Erfahrungen wird als bedeutungsvoll erlebt. Wenn wir eine solche Verflechtung
erkennen, ist das meist ein Aha-Erlebnis. Die Deutung eines Traumes kann also nicht richtig oder falsch sein, sie fühlt sich stimmig an oder eben nicht. Deshalb bevorzugen wir auch den Begriff des Verstehens und nicht den der Deutung. Eine Deutung legt nahe, dass es eine objektiv gültige Antwort gibt, die uns sagt, was genau wir in unserem Leben ändern sollen und die sich in einem Symbolbuch zusammenfassen lässt.
    Doch zurück zu Sabines Traum. Lassen wir die Träumerin und ihre Tante Steffi selbst zu Wort kommen und sehen wir, wie der Prozess des Verstehens durch ein Traumgespräch eingeleitet werden kann:
    Â 
    Steffi: Du hast also geträumt, dass deine Zähne sich lockern und ausfallen - muss ja ein komisches Gefühl sein.
    Sabine: Ja war’s auch, ich hatte sogar richtige Angst.
    Steffi: Ist vielleicht irgendetwas mit deinen Zähnen nicht in Ordnung?
    Sabine: Vielleicht hat es ja mit meiner Zahnspange zu tun. Ich denke manchmal, dass die Spange meine Zähne locker macht. Vor allem, nachdem ich beim Zahnarzt war. Der zieht die Spange immer so fest an.
    Steffi: Hast du das denn dem Zahnarzt mal gesagt?
    Sabine: Nein, in der Praxis muss das immer so schnell gehen.
    Steffi: Haben sich denn in deinem Traum alle Zähne gelockert oder nur einer?
    Sabine: Ich glaube nur einer. Das war so ähnlich wie mit meinen Milchzähnen. Das war auch immer so
ein komisches Gefühl. Da kann man an nichts anderes denken, die ganze Zeit, als an den Zahn. Ist auch irgendwie ganz schön, so mit der Zunge am Zahn rumzuspielen.
    Â 
    Wir sehen an diesem Beispiel, welche Wacherfahrungen den Traum von den ausfallenden Zähnen gespeist haben könnten: Sabine macht offensichtlich ihre Zahnklammer zu schaffen, was sie mit ihrem Zahnarzt nicht offen besprechen konnte. Ihre Sorge bleibt bestehen und könnte sich nachts erneut zu Wort melden. Durch einige gezielte Fragen ihrer Tante findet Sabine den Zusammenhang zwischen dem, was sie geträumt und dem, was sie in den letzten Tagen so erlebt hat. Das befremdliche und komische Gefühl beim Aufwachen macht der Gewissheit Platz, dass Träume wichtig sind. Sabine wird klar, dass sie sich im Traum damit beschäftigt, was sie tagsüber weniger beachtet, ignoriert oder auch gedanklich nicht loslässt. Sabine fühlt sich durch den Traum sogar aufgefordert, etwas gegen ihr Problem zu unternehmen: »Dem Zahnarzt werde ich jetzt einfach mal sagen, dass er die Spange zu fest zuzieht. Dann muss der sich halt mal Zeit nehmen für mich!«
    Und was ist mit der »Deutung« aus dem Symbolbuch? Sabine befindet sich tatsächlich in einer neuen Lebensphase, der Pubertät, aber ob das wirklich etwas mit dem Traum zu tun hat? Uns scheint dieser Zusammenhang eher zweifelhaft. Wir bevorzugen die persönlichen Assoziationen unserer Träumerin, denn kein Buch über Traumsymbole könnte ihr zu derlei
persönlichen Einsichten verhelfen. Warum also sollten wir uns mit Konservenware in Form von vorgefertigten Symboldeutungen zufriedengeben, wenn wir für weit wertvollere Frischkost nur ein paar Meter weiter laufen müssen? Es geht in Traumgesprächen also nicht darum herauszufinden, was ein Traum bedeutet, sondern darum, wie wir unsere Traumbilder verstehen und

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