Traumhaft verliebt - Roman
stolz auf sie war, weil sie Gewicht verloren hatte und nicht wegen ihrer anderen Leistungen, aber sie ging nicht näher darauf ein. Hier ging es nicht um die Konflikte aus der Vergangenheit. Hier ging es darum, Jazzys Leben zu retten.
»Ich kann euch nicht genug danken, dass ihr zugestimmt habt, euch Jazzy anzusehen«, sagte sie daher. »Sie ist mir sehr wichtig.«
»Du musst nur darum bitten«, sagte ihr Vater ein wenig traurig. »Wir sind nur einen Telefonanruf entfernt.«
Als träfe sie die Schuld an ihrer Entfremdung! Aber Sarah ging auch darauf nicht näher ein. »Lasst mich euch Jazzys Vater vorstellen«, sagte sie, trat einen Schritt zurück und legte einen Arm um Travis’ Schulter, wobei sie versuchte, sich nichts anmerken zu lassen.
»Wie geht es ihr?«, fragte Travis. »Was ist passiert? Dr. Adams schien ratlos zu sein.«
»Wir haben eine gute und eine schlechte Nachricht für Sie«, sagte Dr. Mitchell Collier. »Vielleicht sollten wir uns setzen.«
Travis wurde sichtbar blass. »Ist es so schlimm?«
»Zum Glück sind Sie zu uns gekommen«, sagte Helen mit wohlverdientem Selbstbewusstsein. »Man hat Ihrer Tochter vier Jahre lang eine falsche Diagnose gestellt. Sie leidet keineswegs an schwerem Bronchialasthma, und deshalb hat sich ihr Zustand mit zunehmendem Alter auch nicht verbessert.«
»Was hat sie dann?« Travis war so angespannt, dass Sarah die Muskeln an seinen Schultern hervortreten sah. Wieder legte sie den Arm um ihn und spürte, wie er sich ein wenig entspannte.
»Sie hat Herzasthma, was eine vollkommen andere Behandlung erfordert als Bronchialasthma.«
»Das verstehe ich nicht. Wir haben sie zu verschiedensten Spezialisten gebracht. Warum hat das denn vorher niemand entdeckt?«
»Dafür gibt es mehrere Gründe«, erklärte Mitchell. »Zum einen waren Jazzys Symptome untypisch für Herzasthma. Dann war da die Geschichte mit Ihrer Mutter, die tatsächlich an schwerem Bronchialasthma litt. Bronchialasthma kann erblich sein, was die Ärzte vermutlich dazu veranlasst hat, zunächst in diese Richtung zu denken.«
»Wodurch wird es verursacht?«
»Das ist die schlechte Nachricht. Jazzy leidet unter einer kongenitalen Herzerkrankung. Sie muss operiert werden, und zwar sofort.« Sarahs Eltern fingen an, die medizinischen Details zu erörtern.
»Sind Sie sicher?«, fragte Travis. »Es ging ihr gut, nachdem Dr. Adams ihr das neue Medikament verschrieben hatte.«
»Das Mittel hat lediglich die Symptome verschleiert. Es hat ihr nicht geholfen. Ein chirurgischer Eingriff ist die einzige Möglichkeit«, erklärte Sarahs Mutter.
»Die gute Nachricht ist die«, schaltete sich Mitchell ein, »dass Jazzy wieder voll und ganz genesen wird.«
»Wann werden Sie die Operation vornehmen?«
»Sie wird gerade darauf vorbereitet. Sie müssen nur noch die notwendigen Papiere unterschreiben.«
Sarah nahm ihren Arm von Travis’ Schulter und sah ihre Eltern an. Aus dieser Perspektive hatte sie sie noch nie betrachtet: Sie war immer das Kind gewesen, das an Weihnachten von seinen Eltern versetzt worden war, doch jetzt begleitete sie das Kind, dem ihre Eltern ihr Weihnachten widmeten. Ein krankes Kind, das verzweifelt Mitchell und Helen Colliers Hilfe brauchte.
Plötzlich sah sie ihre Eltern in einem ganz neuen Licht. Sie wünschte, sie hätten sie mitgenommen ins Krankenhaus, um ihr die Menschen zu zeigen, denen sie halfen. Vielleicht hätte sie dann nicht einen solchen Groll auf das Weihnachtsfest gehabt. Doch das zählte jetzt nicht mehr. Sie erinnerte sich an Travis’ Worte, als sie ihm von ihrer Narbe erzählt hatte. Narben zeugen davon, wo du warst, sie sind kein Hinweis darauf, wohin du gehen wirst.
Jeder hatte Dinge in seiner Vergangenheit, die er gern ändern würde. Manch einer hütete Geheimnisse, Geheimnisse, die an der Seele nagen und zu Einsamkeit und Isolation führen konnten. Wie bei Travis’ Vater und Crystal. Doch andere waren klug genug, sich zu öffnen, das emotionale Risiko einzugehen, ihren geheimen Schmerz zu teilen, um Liebe und Anerkennung zu finden.
Tief in ihrem Innern spürte Sarah hundert verschiedene Dinge gleichzeitig. Spürte sie und ließ zu, dass sie sich in ihr entfalteten. Überraschung, Freude, Erleichterung. Der Groll, an dem sie festgehalten hatte, verschwand. Mit schräg gelegtem Kopf betrachtete sie ihre Eltern. Sie waren brillante, versierte Menschen, die einen wirklichen Einschnitt in anderer Leute Leben darstellten. Sie waren nicht perfekt. Sie machten
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