Traumhaft verliebt - Roman
Frosty den Schneemann bis hin zu einer aufwändigen Krippe.
Ein Weg aus Kopfsteinpflaster führte durch den Park zu verschiedenen langen Holzstegen, die sich über einen kleinen Nebenfluss des Brazos River spannten, der in den Lake Twilight mündete. In der Mitte des Parks befand sich ein Springbrunnen mit der Betonstatue zweier Liebender in Wildwest-Kleidung, in einen innigen Kuss vertieft. Es ging das Gerücht, wenn man Pennies in das Becken warf, würde man mit seiner Highschool-Liebe wiedervereint. Sarah fragte sich unwillkürlich, was mit Mauerblümchen wie ihr passierte, die nie eine Highschool-Liebe gehabt hatten.
Wie sah es mit einer unerwiderten Liebe aus? Zählte diese auch?
Vermutlich nicht. So oder so, sie würde keinen Penny für diesen albernen Mythos verschwenden.
Der Liebesbaum selbst war ein zweihundert Jahre alter Pekannussbaum mit dicken, schützenden Ästen. Im vergangenen Jahrhundert waren Hunderte von Namen in seinen Stamm geschnitzt worden. Die beiden ältesten gehörten den ursprünglichen Liebenden, die angeblich die Stadt Twilight begründet hatten. Jon liebt Rebekka war 1874 eingeritzt worden; mittlerweile waren die Buchstaben so verwittert, dass sie kaum noch zu erkennen waren. Viele Liebespaare waren ihrem Beispiel gefolgt und hatten sich im Stamm des Pekannussbaums verewigt, doch irgendwann in den 1960er-Jahren hatte ein Botaniker gewarnt, dass die ganzen Schnitzereien den Baum umbringen würden, also war ein weißer Zaun mit einem Schild drum herum errichtet worden, das die Leute eindringlich ermahnte, den Liebesbaum nicht länger zu verunstalten.
In einem für sie untypischen Akt der Rebellion hatte Sarah die Mahnung ignoriert und tatsächlich selbst etwas in seine Rinde geschnitzt. Als sie den Baum jetzt wiedersah, fiel ihr alles wieder ein. An Silvester – sie war damals vierzehn gewesen – war sie mitten in der Nacht aus Grams Haus geschlüpft, bewaffnet mit einer Stiftlampe, einem Taschenmesser und einer ausziehbaren Leiter. Es gab keine andere Entschuldigung für ihr Benehmen als die, dass sie unter dem Zauber des Schicksalsplätzchens stand.
Sie schloss kurz die Augen, als sie daran dachte, wie sie die Leiter ausgezogen und an den Baum gelehnt hatte. Sie war die Sprossen hinaufgeklettert, hatte nach einer freien Stelle Ausschau gehalten und sorgfältig Sarah liebt Travis für immer eingeritzt. Bis zu diesem Augenblick hatte sie es verdrängt. Jetzt fragte sie sich, ob Travis ihr Werk jemals entdeckt hatte. Sie wünschte sich, sie könnte die Zeit zurückdrehen, sich selbst in ihren liebeskranken Teenager-Hintern treten und laut rufen: Schluss damit!
Eine Gruppe von Damen und Herren in viktorianischer Kleidung erwartete sie. Zwei Leitern waren bereits unterhalb der kahlen Äste aufgestellt, dazwischen stand ein großer Pappkarton, der überquoll vor Engelsschmuck. Die Gruppe begrüßte sie nach Dickens-Manier.
Wenn sie nicht so besorgt gewesen wäre, dass jemand die Sarah liebt Travis für immer -Schnitzereientdecken könnte, hätte sie sich von ihrer Fantasie davontreiben lassen und sich ganz dem Rhythmus ihrer so vornehmen Sprache angepasst. Stattdessen lächelte sie einfach und versuchte, nicht allzu viel zu sagen, da sie die Sache hinter sich bringen und so schnell wie möglich wieder verschwinden wollte.
»Darf ich Sie zum Liebesbaum geleiten, Miss Collier?«, fragte ein Mann mit ruhiger, leiser Stimme.
Sie musste sich nicht umdrehen, um zu wissen, wer hinter ihr stand. Natürlich musste der Weihnachtsmann beim Schmücken des Wunschbaums zugegen sein. Sie drehte sich um, darum bemüht, gelassen zu bleiben. Was ihr ziemlich schwerfiel, da sie an kaum etwas anderes denken konnte als an den Kuss, den er ihr unter dem Mistelzweig gegeben hatte.
Verdammtes Weihnachten!
Er reichte ihr den Arm.
Was blieb ihr anderes übrig, als sich bei ihm einzuhaken? Sie legte ihre Hand um seine Ellbeuge, und er führte sie zu einer der beiden Leitern. Zwei Männer sprangen herbei, um ihr die Leiter zu halten, eine Frau, die wie Miss Havisham aus Große Erwartungen in ein zerlumptes Brautkleid gekleidet war und nur einen Schuh trug, griff in den Pappkarton und zog einen rotwangigen Engel hervor, den sie ihr reichte. Auf den Flügeln stand in großen Goldbuchstaben der Name Ashley Duncan; das zusammengerollte Blatt Papier in seinen Händen war Ashleys Wunschzettel. Fäustlinge (blau), einen Mantel Größe 122, eine Bratz-Puppe, dass Daddy an Weihnachten nach Hause kommt.
Sarah
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