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Traumhaft verliebt - Roman

Traumhaft verliebt - Roman

Titel: Traumhaft verliebt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lori Wilde
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Kleidergröße achtunddreißig zu gefährden, die sie seit über einem Jahr beibehalten hatte. Sie betrachtete die Plätzchen in der Tischmitte. Ihr Magen knurrte.
    »Ich wette, du wirst langsam nervös«, sagte Terri zu Marva.
    »Es ist ganz schön nervenaufreibend. Ich bin nur froh, dass ich die Mutter des Bräutigams bin.«
    Dann plauderten sie weiter, sprachen über Hochzeiten und ihre Kinder.
    Sarah studierte die Gruppendynamik wie eine Anthropologin, notierte im Geist die unterschwelligen Hinweise – Körpersprache, unausgesprochene Worte, leichte Veränderungen im Tonfall – und setzte daraus die Geschichte dieser Frauen und ihr Verhältnis untereinander zusammen wie eine Patchwork-Meisterin die einzelnen Flicken zu einer Decke. Menschen faszinierten sie, auch wenn sie abseits stand. Wenn sie aus ihnen schlau wurde, könnte sie vielleicht ihre eigenen Handlungsimpulse verstehen. Sie blickte sich in der Backstube um, versuchte, alle sieben einzuschätzen.
    Da war zunächst einmal Patsy, ein gebieterischer Mensch und der moralische Kompass der Gruppe. Wenn sie mit etwas, das jemand anders von sich gab, nicht einverstanden war – und soweit Sarah erkennen konnte, war dieser Jemand meistens Raylene –, zog sie die Augenbrauen hoch und warf einen herrischen Blick über den oberen Rand ihrer Lesebrille. Außerdem neigte sie dazu, tadelnd den Zeigefinger zu erheben. Ihre Kleidung war nüchtern und sachlich: eine schwarze Bundfaltenhose, die ihre rundliche Mitte kaschierte, dazu eine langärmelige weiße Leinenbluse, akkurat gebügelt. An den Kragen hatte sie eine Brosche in Form eines Adventskranzes gesteckt. Alles an dieser Frau wirkte wohlüberlegt, geplant, strukturiert. Bei ihrem Anblick musste Sarah an Martha Stewart denken, »Amerikas beste Hausfrau«, bekannt durch ihre zahlreichen Fernsehsendungen. Sie hatte den Eindruck, dass Patsy sich bei allem, was sie in Angriff nahm, hervortat.
    Neben Patsy saß Raylene. Travis’ Tante war die schillerndste Person in der Truppe. Sie hatte die Feinfühligkeit eines entgleisten Güterzugs, doch bei ihr konnte man wenigstens sicher sein, woran man war. Raylene hatte Pfeffer im Hintern – wie ihre Großmutter zu sagen gepflegt hatte. Auch wenn sie ihre Röcke viel zu kurz für ihr Alter trug, konnte sie es sich bei ihren Beinen absolut leisten. Sie war stets unverblümt, und sie gab einem das Gefühl, immer mittendrin zu sein. Wohin Raylene auch ging, es floss Energie. Sie war eigensinnig, dreist und lebensfroh, und sie entschuldigte sich für nichts.
    »Wir reden zu viel und kümmern uns nicht genug um unsere Vorbereitungen. Wenden wir uns besser wieder dem eigentlichen Zweck zu«, warf Marva dazwischen und zog an ihrem Ohrring – eine unbewusste Angewohnheit, stellte Sarah fest, um ihr Unbehagen zu verbergen. Bereitete es ihr Sorge, dass die Gruppe von der vorgegebenen Tagesordnung abgewichen war? Oder machte ihr etwas anderes zu schaffen? Gebannt betrachtete Sarah die ältere Frau mit dem vollgestopften Leinenbeutel an der Stuhllehne. War sie einst bei den Pfadfinderinnen gewesen und hatte sich deren »Allzeit bereit«-Motto zu Herzen genommen? Oder lag ihr das Hamstern einfach im Blut, weil sie nur ungern feststellte, dass ihr plötzlich etwas ganz Bestimmtes fehlte? Was auch immer es war, Sarah hatte das Gefühl, sollte sie jemals auf einer einsamen Insel stranden, hätte sie Marva gern bei sich.
    »Sind wir etwa vom Thema abgekommen?«, fragte Dotty Mae. »Das habe ich gar nicht bemerkt!«
    »Wenn ich uns nicht bei der Stange halte, schweifen wir ständig vom Thema ab«, erklärte Marva, »aber wenn man sich einfach mit dem Strom treiben lässt, ist man immer glücklich, egal, wo man landet.«
    »Nicht immer«, widersprach Dotty Mae, »aber ich kann nicht meckern.«
    Dotty Mae war Gramma Mias beste Freundin gewesen, und Sarah kannte sie besser als die meisten der anderen Frauen. Dotty Mae neigte dazu, ihr Fähnlein stets nach dem Wind zu drehen. Ihre kornblumenblauen Augen blickten stets verträumt, was nichts mit ihrem Alter, doch alles mit ihrer unbeschwerten Persönlichkeit zu tun hatte. Sie trug bequeme Hauskleider, die ihr zu groß waren. Wenn das Gespräch hitzig wurde, senkte Dotty Mae die Augenlider, als blende sie die Spannungen einfach aus. Doch Dotty Mae war weitaus tiefgründiger, als man auf den ersten Blick vermuten konnte. Sie hatte eine Vorliebe für Pfefferminzschnaps und Nelkenzigaretten (die sie nur heimlich rauchte), und sie spielte liebend

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