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Traumkristalle

Traumkristalle

Titel: Traumkristalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurd Laßwitz
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nicht ich, und wer mich wiederbringt, der soll mich haben.“
    Da kam der Prinz von Intellektel und bat um eine Unterredung.
    „Prinzessin“, sagte der Prinz, „denken Sie?“
    „Ich weiß nicht“, sagte Jaja.
    „Wenn Sie nicht wissen, so denken Sie doch. Und wenn Sie denken, so sind Sie. Und wenn Sie sind, so sind Sie die meine!“
    „Fehlgeschossen“, entgegnete die Prinzessin. „Ich habe auch Philosophie gelernt. Wenn ich denke, so bin ich darum noch keine Substanz. Sie können nur sagen, es denkt in mir. Und es denkt in mir, daß Sie sehr langweilig sind.“
    Hierauf kam der Prinz Willibald von Moralien.
    „Prinzessin“, sagte der Prinz, „wollen Sie mich?“
    „Nein“, entgegnete die Prinzessin.
    „Also Sie wollen doch etwas?“
    „Ja, mich selbst.“
    „Also sind Sie doch ein wollendes Wesen?“
    „Daß weiß ich nicht.“
    „Sie können doch nicht wollen, wenn nicht ein Zentrum, eine Einheit vorausgesetzt ist, auf welche das Gewollte bezogen ist, als auf dasjenige, welches durch das Wollen in dieser Einheit zu realisieren ist? Denn dies heißt doch Wollen? Nicht wahr? Oder was verstehen Sie sonst unter Wollen? Wollen Sie mir dies definieren?“
    „Das habe ich nicht nötig“, sagte die Prinzessin. „Sie sehen doch, ich will mich, und ich habe mich doch nicht. Also was wollen Sie?“
    Da mußte der Prinz gehen.
    Und so kamen der Prinzen noch viele und mußten wieder abziehen, wie sie gekommen waren, d. h. ohne die Prinzessin; und es war nur ein Glück, daß ihre Personen vor den Augen Jajas nicht mehr Gefallen fanden, als die Beweise für das Dasein der Prinzessin vor ihrem Verstände. Denn eine unglückliche Liebe können wir jetzt nicht mehr brauchen, oder unser Märchen müßte drei Schlüsse haben, wie es drei Anfänge hatte. Zum Glück aber hat es nur einen.
    Und es hat wirklich einen!
    Allmählich verliefen sich die Prinzen, und die Ärzte kamen. Das war noch viel schlimmer. Denn die Prinzessin wurde immer kränker und die Füße immer schmerzhafter. Der Oberhofsanitätsrat gedachte schließlich, die Sache sehr einfach zu erledigen. Wenn die Frage gelöst wäre, so würden die Filzschuhe verschwinden. Also umgekehrt, wenn man der Prinzessin die Füße abnähme, so wären die Schmerzen auch fort samt den Schuhen – und das müßte demnach auf dasselbe herauskommen.
    Die Prinzessin, der schon alles gleichgültig geworden war, erklärte sich mit der Operation einverstanden. Aber ehe sie ihre Füße darangab, wollte sie noch einmal Gebrauch davon machen. Und so ging sie in ihren Filzschuhen zum Diamantturm.
    Dort saß noch immer der Oberhofkrondiamantenzerklopfer und wußte nichts von der Welt und den Sorgen der Prinzessin. Nur daß er die Holde gar nicht mehr sah, die sonst hier wandelte, bekümmerte ihn. Er fragte sich, warum sie ihm wohl zürne, da ward er traurig. Dann dachte er wieder daran, wie schön sie sei, da ward er froh. Und in diesem Wechsel gingen seine Tage hin, und jeden Tag sprach er von Jaja zu den Rosen, die hier nie verblühten. Und gerade als die Prinzessin in ihren Filzschuhen ganz leise heraufstieg, sagte er:
     
    „Im Dunkel meiner Seele quillt
    Empor die wirre Flut der Fragen –
    Doch klar und heiter naht dein Bild
    Wie Sonnenglanz in Nebeltagen.
     
    Laß deiner lieben Augen Licht
    Dem fernen Träumer wieder scheinen,
    Und meinem Glücke zürne nicht,
    daß es umschlossen in dem deinen!
     
    O wußtest du, wieviel du mir
    In deinem Lächeln schon gegeben!
    Nur meine Wünsche danken dir,
    Die um dein Leben heimlich schweben.
     
    Sei glücklich! Wie ein still Gebet
    Klingt mir das Wort im Herzensgrunde,
     
    So oft zu dir mein Denken geht,
    Und also klingt es jede Stunde:
    Sei glücklich!“
     
    Die Prinzessin atmete tief, und Tränen traten in ihre Augen.
    Der Jüngling erschrak, als er sie jetzt plötzlich erblickte, sie aber winkte ihm freundlich und setzte sich auf die Steinbank.
    „Wer soll glücklich sein?“ fragte sie.
    „Du“, sagte er und sah sie an, so daß sie die Augen niederschlug.
    „Aber ich bin ja nicht“, entgegnete sie traurig.
    „Du bist nicht?“ fragte er ganz erstaunt.
    „Die Prinzessin Jaja ist nicht, sagtest du selbst.“
    „Daß weiß ich nicht, ob sie ist. Aber du bist, hier bist du, bist hiergewesen jeden Tag und jede Stunde!“
    „Hier war ich?“ fragte sie mit bebender Stimme. „Ist das wahr?“
    Die Prinzessin sprang in die Höhe, denn auf einmal waren die Filzschuhe verschwunden, und mit einem Jubelschrei rief

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