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Traumkristalle

Traumkristalle

Titel: Traumkristalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurd Laßwitz
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eingefallen, während des Unterrichts heimlich Kunstspargel zu essen, wie ich das neulich leider bemerken mußte, noch dazu ein Genußmittel, das fast an Schlemmerei grenzt. Denken Sie daran, welche Qualen des Hungers die Forschungsreisenden mitunter ausstehen mußten! Es kam vor, daß sie wochenlang nichts hatten als rohen Vogelspeck, aber auch dann verloren sie den Mut nicht, und mitten in den Qualen des Heißhungers schrieb einer jener Helden in sein Tagebuch das denkwürdige Wort –“
    „Emil, willst du heut abend Kunstspargel essen? Sie sind nicht teuer.“ Es war eine hohe Frauenstimme, die an dieser Stelle des Vortrags plötzlich zwischen den Worten des Redners sich vernehmen ließ.
    Ein schallendes Gelächter sämtlicher Schüler begrüßte diese Unterbrechung. Entrüstet wandte sich Frister nach Voltheim um.
    „Was war das?“ fragte er.
    Voltheim lächelte ebenfalls. „Da muß“, sagte er, „gestern während Ihrer Vorbereitung zum Unterricht wohl gerade Ihre Frau Gemahlin mit dieser Frage eingetreten sein, und der Phonograph hat die Worte natürlich getreu reproduziert.“
    „Aber, lieber Herr Kollege, das ist doch etwas fatal bei dieser Fernschule –“
    „Sehen Sie, das hat auch sein Gutes. Dieser Lachkrampf hat die Schüler so angestrengt, daß acht Klappen herabgefallen sind. Diese Schüler sind übermüdet. Noch drei, und Sie müssen den Unterricht schließen.“
    „O, das wäre mir wirklich recht, denn ich bin – wie ich Ihnen, glaub’ ich, schon sagte – selbst etwas angegriffen. Nun hören Sie nur, was ist denn das wieder, diese hohe Glocke?“
    „Das ist das Zeichen des Direktors, er möchte mit Ihnen sprechen.“
    In der Tat vernahm Frister jetzt deutlich eine fremde Stimme: „Entschuldigen Sie, lieber Herr Naturrat, daß ich Sie störe. Aber eben erfahre ich, daß der Kollege Brechberger mit seinem Luftrad gegen einen Schornstein gerannt ist und sich etwas erschreckt hat. Sie müssen so gut sein, ihn in der nächsten Stunde zu vertreten.“
    „O, recht gern –“
    „Was soll ich denn nun anfangen, bester Voltheim“, klagte Frister – „die übrigen Schüler scheinen noch ganz munter, und an den Phonographen wage ich mich nicht mehr.“
    „Lassen Sie sie doch das Vorgetragene wiederholen.“
    Frister wandte sich wieder zur Klasse: „Nun wiederholen Sie.“
    Er sah jetzt, wie alle Schüler auf ihre Phonographen drückten. In ungeregeltem Zusammenklange brausten die Worte an sein Ohr, immer schneller brummte es, er fühlte, wie ihm in diesem betäubenden Gewirr schwindlig wurde, er stöhnte auf, griff nach seinem Kopf und – auf einmal war es still – und ganz still –
    „Ach, die Hirnbinde!“ dachte er. „Gewiß ich bin zu ermüdet, da ist der Unterricht von selbst geschlossen – ich bin ausgeschaltet.“
    Da fuhr er plötzlich in die Höhe. Der Rahmen vor ihm war verschwunden. Seine alten Bücher standen wieder dort.
    „Aber sagen Sie doch, was ist denn das, Kollege Voltheim –“
    Sein Kollege Voltheim stand neben ihm und sprach: „Entschuldigen Sie vielmals, Herr Professor – hoffentlich habe ich Sie nicht aufgeweckt. Als ich eintrat, schlummerten Sie so schön, daß ich mich ganz leise hier aufs Sofa setzte, um Sie nicht zu stören.“
    „Ich hörte Sie doch noch kommen! Denken Sie, da habe ich etwas Merkwürdiges geträumt. Fünfzigtausend Mark Gehalt! Aber zuletzt sollte ich einen Kollegen vertreten –“
    „Ja, das ist nun leider Wirklichkeit, deswegen kam ich her – der Kollege Treter –“
    „Was Sie sagen! Wann denn?“
    „Morgen früh um acht Uhr.“
    „In der Klasse?“
    „Wo denn sonst?“
    „Ich dachte, in der Fernschule. Sie wundern sich? Ja, wenn Sie wüßten! Ich hatte nämlich hundert Jahre Urlaub! Also morgen? Das ist mir lieb, denn heute bin ich wirklich etwas angegriffen.“

 
Wie der Teufel den Professor holte
     
    „Aber ganz gewiß“, sagte der Professor, indem er liebevoll die Asche seiner großen Flor de Ynclan betrachtete, „ganz gewiß hat er mich geholt; in eigener Person.“
    „Hohoho!“ lachte der starke Herr. „Also doch?“
    „Und das haben Sie noch gar nicht erzählt?“
    „Wer denn?“ fragte die blaue Dame. „Wer hat Sie geholt?“
    „Haben Sie denn nicht gehört?“ rief die kleine Frau Brösen ungeduldig. „Der Teufel hat den Professor geholt.“
    „Aber da sitzt er ja –“
    „Weil er ihn eben lebendig geholt hat!“ rief der starke Herr.
    „Das versteh’ ich nicht!“
    „Er muß es

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