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Traumlos, Band 1: Im Land der verlorenen Seelen (German Edition)

Traumlos, Band 1: Im Land der verlorenen Seelen (German Edition)

Titel: Traumlos, Band 1: Im Land der verlorenen Seelen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Jäger
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seinen Zeigefinger auf ihren Mund.
    »Ich bin der Sportler, der Coole. Aber nicht derjenige, den man in Mathe um Hilfe fragt. Dabei bedeutet Intelligenz so viel mehr als sportliche Erfolge oder Beliebtheit.«
    »Warum jetzt? Warum hast du mich jetzt gefragt?«
    »Weil ich ein Leben gerettet habe.«
    Die Antwort kommt so überraschend, dass Macy sich zu wehren aufhört.
    »Alle Ärzte waren beschäftigt und das Mädchen bekam auf einmal einen Anfall. Ich hatte schon oft gesehen und gelesen, was ich tun musste. Aber erst, als ich es tat, fühlte ich mich plötzlich ... erwachsen.«
    Jules Gesichtsausdruck ist eine Mischung aus Verzückung, Selbstachtung und Angst. Sofort glaubt Macy ihm. So gut kann niemand schauspielern.
    »Du liebst mich also?«
    In ihren Worten schwingt ein ironischer Unterton mit, Jules Antwort ist jedoch klar und energisch: »Ja.«
    Die Schmetterlinge in Macys Bauch beginnen heftig zu flattern, als er seine Hand an ihre Wange legt.
    »Ich liebe dich.«
    Aus den kleinen Schmetterlingen werden riesige Vögel, die mit ihren großen Schwingen Macys Gedanken und Gefühle durcheinanderwirbeln.
    »Du ... liebst mich«, murmelt sie und begreift langsam die Bedeutung dieser Worte. Ihre Knie werden weich und ihr Herzschlag pocht in ihren Ohren.
    »Schon lange«, fügt er hinzu.
    Seine Finger wandern in ihre goldenen Locken, der Wind heult in den halb zerfallenen Gebäuden.
    »Lange«, wiederholt Macy tonlos und stellt sich auf die Zehenspitzen. Jules zögert einen kurzen Moment, dann küsst er sie.
    Wenn ihr erster Kuss wie eine warme Sommerbrise war, so fegt nun ein Orkan über Macy hinweg. Das Wissen, dass Jules sie nicht nur als Zeitvertreib benutzt, beflügelt sie wie noch nie. Sein Herz klopft aufgeregt unter ihren Fingerspitzen. Sie hat Angst, ihre Augen zu öffnen und in ihrem Bett aufzuwachen.
    Das hier kann nur ein Traum sein.

Viertes Kapitel
    Ungeduldig wartet Hailey auf die automatisierte Durchsage. Mittlerweile sind mehrere Wochen vergangen und der einzige Anker in dieser trostlosen weißen Welt ist Caleb. Er erwartet sie jeden Tag zum Essen und verabschiedet sich, als wäre ihr Wiedersehen eine Gewissheit. Leider kann Hailey diese Gewissheit nicht teilen, da täglich Leute mitgenommen werden und nie wieder auftauchen. Ob er sie jetzt zum Mittagessen erwarten wird, weiß Hailey nicht und das macht sie nervös. Sie möchte sich gar nicht ausmalen, wie es wäre, wieder freundlos in der Klinik zu leben. Auch wenn sie mittlerweile, dank Caleb, einige andere Gesichter kennengelernt hat, so hat sie nie mehr als ein paar Worte mit ihnen gewechselt. Selbst hier in einem Gebäude voller Aussätziger ist sie eine Ausgestoßene. Lediglich Caleb scheint das nicht zu stören. Im Gegenteil: Er geht mit Hailey viel vertrauter um als mit den meisten anderen. Sein Lachen ist stets ehrlich und seine Berührungen herzlich.
    Die einsamen Stunden in ihrem Zimmer ziehen sich in die Länge und dennoch kommen sie Hailey rückblickend wie ein Wimpernschlag vor.
    »Mittagessen«, hallt die erlösende Durchsage durch die Lautsprecher. Sofort springt Hailey auf und eilt zur Tür, die sich automatisch öffnet.
    »Hailey!«
    Caleb kommt auf sie zugeeilt und lächelt fröhlich. Hailey atmet erleichtert auf.
    »Du bist noch da.«
    »Ja«, antwortet er und rauft ihr durch die Haare.
    Als sie sich mit ihrem Essen an einem der Tische niederlassen, legt sich eine angenehme Stille über sie.
    Caleb hat eine beruhigende Wirkung auf Haileys angespannte Nerven. Dankbar betrachtet sie ihren neu gewonnenen Freund. Merkwürdigerweise kann sie die Klinik und den Tod vergessen, sobald sie in seine Augen schaut. In ihnen sieht sie den ungebrochenen Willen zu leben und das gibt ihr Mut, selbst die Hoffnung nicht aufzugeben.
    Caleb bemerkt ihren musternden Blick und lächelt sie fragend an.
    »Alles okay?«
    Die kleinen Falten in seinen Augenwinkeln zeugen davon, dass er schon immer viel gelacht hat. Unwillkürlich muss Hailey zurück grinsen.
    »Jetzt schon.«
    Irritiert schüttelt er den Kopf, aber er sagt nichts.
    »Caleb!«
    Wie aus dem Nichts ist eine junge Frau hinter ihm aufgetaucht. Ihre blonden Haare sind mit türkisfarbenen Strähnen durchzogen und ihre rehbraunen Augen stehen zu nah beieinander, als dass man sie als Schönheit bezeichnen könnte. Dennoch macht sie auf Hailey einen vertrauenswürdigen Eindruck.
    »Ich habe die Liste.«
    »Liste?«, stammelt Hailey verwundert, aber Caleb hebt die Hand und bedeutet ihr, ruhig zu

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