Traumlos, Band 1: Im Land der verlorenen Seelen (German Edition)
kümmern«, stimmt Macy zu und bläst eine Locke aus ihrem Gesicht. »Wie wollen wir vorgehen?«
»Jules muss die Mittel untersuchen. Erst wenn wir uns ganz sicher sind, können wir weitermachen.«
»Und wie sieht dieses Weitermachen aus?«
Caleb wirft Hailey einen unsicheren Blick zu.
»Wir wollen die Regierung stürzen. Dafür müssen wir Leute um uns sammeln. Menschen, denen wir vertrauen und die uns helfen, unser Vorhaben in die Tat umzusetzen. Je mehr wir sind, umso besser. Wir wollen ein Aufklärungsprogramm starten. Allerdings muss es heimlich passieren. Am besten so, dass die Regierung nicht sofort Wind davon bekommt. Wenn wir damit anfangen, die Impfung von Babys mit dem Traumserum zu unterbinden, können diese nicht mehr von der Regierung kontrolliert werden.«
»Welche Mutter würde freiwillig ihr Kind für solch ein Experiment opfern?«, fragt Macy wenig überzeugt.
»Deshalb brauchen wir Jules Testergebnisse«, entgegnet Caleb unbeirrt und fährt dann fort: »Sobald wir mit den Babys nachgewiesen haben, dass die Seelenfresser nur erfunden sind ...«
»STOP!«, schreit Macy und hält sich die Ohren zu. »Du redest von den Kindern wie von Versuchskaninchen. Aber das sind echte Menschen. Mit Gefühlen. Hailey, das kann doch nicht dein Ernst sein?«
Schweigend starrt Hailey auf den Boden. Auch ihr behagt der Gedanke, wehrlose Kinder für ihre Zwecke zu missbrauchen, gar nicht.
»Ich denke nicht, dass das mit den Babys eine gute Idee ist. Vielleicht sollten wir erst einmal herausfinden, wer alles von dieser Intrige weiß. Nehmen wir mal an, dass Regierungsärzte wirklich ahnungslos sind, wie Jules vermutet. Dass Kontrolleure nichts wissen, ist dank Mat schon Gewissheit. Stell dir vor, wir würden diese Leute auf unsere Seite ziehen. Dafür bräuchten wir lediglich ein paar Ärzte, welche die gleichen Versuche machen wie Jules. Keine Kinder.«
»Du gehst also davon aus, dass nur die obersten Regierungsmitglieder Bescheid wissen?«, vergewissert Caleb sich und erntet dafür ein Nicken.
»Nach unserem Wissenstand ist das der Fall. Ansonsten wären Experimente mit dem Traumstoff kaum verboten.«
»In Ordnung.«
»Bitte was?«, fragt Hailey verdattert nach.
»In Ordnung«, wiederholt Caleb und lächelt ergeben. »Du hast Recht, wir machen es auf deine Art!«
Anerkennend tätschelt Macy die Schulter ihrer Freundin.
»Ach Hailey, wo treibst du nur so tolle Kerle auf?«
Hailey schießt die Schamesröte ins Gesicht.
»Apropos Kerle: Wo steckt denn dein Freund?«, hakt Caleb nach.
»Er bereitet sich vor, denn er will gleich morgen früh ins Labor.«
Achtes Kapitel
Das helle Weiß des Labors brennt unangenehm in Jules übermüdeten Augen. Vorsichtig tupft er sich eine Träne aus dem Augenwinkel und stopft das Tuch danach wieder in seine Hemdtasche. Der weiße Stoff des Oberteils ist unter den Armen und am Rücken komplett mit Schweiß getränkt. Auch auf seiner Stirn glänzen helle Tropfen, welche er mit der Hand achtlos zur Seite wischt.
Seine Finger drehen nervös an den Rädern des Mikroskops, um es richtig einzustellen. Auf dem Träger hat er einen kleinen Tropfen des Traumstoffes fixiert. Unschlüssig steht Jules vor dem Präparat und nestelt an dem Mikroskop herum. Er könnte es innerhalb weniger Sekunden richtig einstellen, doch er traut sich nicht. Obwohl er weiß, dass er sich keine Verzögerung mehr leisten kann, hält er immer wieder nervös inne und blickt sich um. Es ist Sonntag und die Praxis hat keinen Bereitschaftsdienst, also ist die Wahrscheinlichkeit, dass ihn jemand erwischt, gleich null. Die Überwachungskameras sind an freien Tagen ausgestellt und die Räume liegen verlassen und still da. Dennoch ist Jules von einer inneren Unruhe ergriffen, die er so noch nie erlebt hat.
Er hat das Gefühl, dass dieser kleine Blick seine Weltanschauung grundlegend verändern wird und dass es dann kein Zurück mehr gibt.
»Andererseits steckst du jetzt schon viel zu tief drin ...«, murmelt er und zuckt zusammen, als er den Summer der Tür hört. Für einen Herzschlag bleibt die Zeit stehen. Hinter den halb heruntergelassenen Jalousien summt eine dicke Fliege und versucht verzweifelt, durch das Glas zu entkommen. Jules wundert sich, wie dieses kleine Tier hier hereinkommen und überleben konnte, da doch überall Insektenfallen ausgelegt sind. Das Geräusch des Deckenventilators brummt unheimlich laut in Jules Kopf, lediglich übertönt von den Schritten, die durch den Gang hallen.
Panisch
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