Traumlos, Band 1: Im Land der verlorenen Seelen (German Edition)
bloß nicht zur Gewohn ...« Wolf bricht mitten im Satz ab. »Scheiße.«
Doch Hailey hört ihn gar nicht mehr. Kreidebleich geworden starrt sie auf die im Raum verteilten roten Schlieren.
»Ist das Blut?«, flüstert Hailey, obwohl sie die Antwort kennt. Wolf legt einen Arm um sie. Widerstandslos lässt sie es geschehen. Caleb ist fort. Er ist wirklich fort. Und noch während sie das denkt, hat Haileys Gehirn eine weitere furchtbare Eingebung. Caleb war nicht alleine hier gewesen.
»Macy?«, haucht sie und klammert sich an Wolfs Oberteil fest. Es tut gut, nicht alleine zu sein. Jemanden zu haben, an dem man sich festhalten kann. Wolf zieht sie noch näher zu sich heran, so dass sie ihr Gesicht an seiner Brust vergraben kann. Sie will das Blut nicht mehr sehen. Sie will sich umdrehen und Caleb dort liegen sehen. Einen empörten Ausdruck auf dem Gesicht, weil sie in den Armen eines anderen liegt und ein Lächeln, wenn sie zu ihm stürmt.
»Was ist das?«
Sanft löst Wolf sich von ihr und geht auf die Blutflecken zu. Hailey wendet sich ab.
»Ich denke, das solltest du dir ansehen«, raunt Wolf. Seine Anspannung ist nicht zu überhören.
Das Blut ignorierend, geht Hailey auf ihn zu und nimmt ihm das Stück Papier aus der Hand, welches er ihr entgegenhält. Ihre Hände beben vor Angst und sie muss sich ein paar Tränen aus den Augen wischen, um die zittrigen Buchstaben lesen zu können.
»Komm in die Festung oder wir lassen ihn noch mehr leiden« , liest sie laut vor. Erst nach einigen Augenblicken begreift sie die Bedeutung der Worte. Angewidert lässt sie die Serviette fallen. Wolf ist blass.
»Du steckst ziemlich in Schwierigkeiten, was?«
»Spar dir deine Kommentare. Ich muss in die Festung. Ich muss zu Caleb!«
Hailey wirbelt herum und will zum Regierungsgebäude stürmen. Ein riesiger Glasbau im Stadtzentrum, der alle anderen Häuser überragt. Eine starke Hand umfasst ihren Arm und hält sie zurück.
»Bist du wahnsinnig?« Wolf sieht ihr direkt in die Augen und holt Hailey damit in die Realität zurück. »Die werden dich umbringen!«
»Sie haben Caleb«, antwortet sie schlicht. Drei Worte, ausgesprochen, wahr. Plötzlich wirbelt Wolf Hailey herum, so dass er zwischen ihr und dem Türrahmen steht. Dabei berührt Hailey mit ihrer Schuhspitze einen der Blutflecken. Angewidert tritt sie einen Schritt zur Seite.
»Wolf, was ...?« Weiter kommt sie nicht. »Macy?« Die Erleichterung in ihrer Stimme ist deutlich zu hören. Wolf entspannt sich.
»Du kennst sie?«
»Du kennst ihn?«, fragt Macy schrill und mustert Wolf mit hochgezogenen Augenbrauen.
»Wo ist Caleb?« Jules kommt direkt hinter Macy herein und beäugt Wolf ebenso misstrauisch. Wortlos bückt Hailey sich und überreicht ihnen die Serviette.
»Du kannst da auf keinen Fall hingehen«, piepst Macy und nimmt ihre beste Freundin in den Arm. »Das wäre Selbstmord.«
Jules sitzt auf dem Boden und rauft sich die Haare.
»Ich habe ihn allein gelassen. Es ist meine Schuld. Dabei dachte ich, dass er ohne Sender sicher ist.«
»Ohne Sender?« Hailey horcht auf. »Daher kommt also das Blut?«
Als Jules nickt, fällt ihr ein Stein vom Herzen.
»Du darfst nicht in die Festung gehen«, beschwört Macy ihre Freundin erneut.
»Sie hat Recht«, stimmt Wolf ihr zu und erntet dafür einen anerkennenden Blick von Macy.
»Wir kennen uns zwar nicht, aber deine Einstellung gefällt mir.«
»Mein Name ist Wolf.«
»Macy. Und das ist mein Freund Jules.«
»Wir haben keine Zeit für solche Spielchen«, braust Hailey auf. Dabei fällt ihr eine Strähne ins Gesicht, welche sie energisch wieder nach hinten streicht.
»Ich muss Caleb retten.«
» Wir müssen Caleb retten«, korrigiert Macy sie.
»Und wir helfen ihm sicherlich nicht, wenn wir dich opfern«, fügt Wolf hinzu.
»Wir helfen ihm auch nicht, indem wir hier rumsitzen«, kontert Hailey und läuft dabei demonstrativ auf und ab. »Ich werde noch wahnsinnig. Wie sollen wir ihm denn helfen, wenn wir einfach nur nachdenken? Wir müssen handeln!«
Hailey fühlt sich, als habe sie ihn allein gelassen. »Ich habe ihm noch nicht einmal sagen können, dass ich ihn auch liebe«, flüstert sie und ihr Herz krampft sich so schmerzhaft zusammen, dass ihr Tränen in die Augen schießen. Sofort ist Wolf an ihrer Seite und nimmt sie tröstend in den Arm. Sein durchtrainierter Körper gibt Hailey das trügerische Gefühl der absoluten Sicherheit. Instinktiv drückt sie ihn weg. Sie möchte sich nicht sicher
Weitere Kostenlose Bücher