Traummann auf Raten
geschwänzt hat, dachte sie trotzig und saß ab.
„Oje.“ Sadie seufzte. „Am besten suche ich mir gleich einen neuen Job.“
„Unsinn“, erklärte Joanna nachdrücklich. „Er wird dir keinen Ärger machen, dafür werde ich sorgen.“
Sie lehnte Sadies eifriges Hilfsangebot lächelnd ab und rieb Nutkin gründlich trocken, bevor sie ihm eine Decke überlegte. Dann reinigte sie Zaumzeug und Sattel und brachte die Sachen in die Kammer.
Als sie das Haus betrat, begegnete ihr Grace Ashby.
„Mr. Verne ist zurück, Madam“, teilte ihr die Haushälterin mit. „Er hat mehrmals nach Ihnen gefragt.“
Joanna nickte. „Ich weiß. Bringen Sie bitte frischen Kaffee ins Arbeitszimmer, Grace.“
Die Tür zum Arbeitszimmer war geschlossen. Nach kurzem Zögern klopfte Joanna leicht an und trat ein.
Gabriel saß am Tisch und blickte stirnrunzelnd auf den Computermonitor vor ihm. Ohne den Kopf zu heben, meinte er: „Ich schätze es nicht, wenn man mich warten lässt, Joanna.“
„Und ich mag nicht wie ein Dienstbote herumkommandiert oder vor dem Personal gescholten werden“, konterte sie kühl.
Er richtete sich auf und sah sie an. „Der Punkt geht an dich. Mein Problem ist nur, dass ich nicht weiß, wie ich mit dir umgehen soll. Sicher ist nur, dass du von mir nicht wie eine Ehefrau behandelt werden willst“, fügte er ironisch hinzu. „Oder hat meine Abwesenheit deine Zuneigung für mich gesteigert?“
„Nein.“
„Der Verlust ist ganz auf meiner Seite.“ Er atmete tief durch. „Nichtsdestotrotz, wenn ich detaillierte Anordnungen treffe, verlange ich, dass sie befolgt werden – auch von dir. Ich habe unmissverständlich erklärt, dass Nutkin nur von mir geritten wird.“
„Du warst in Europa“, erinnerte sie ihn. „In Wien, wenn ich mich nicht täusche, oder?“
„Die Konferenz in Wien wurde verschoben. Mein Gesprächspartner hat eine Blinddarmentzündung.“
„Wie auch immer. Fakt ist, dass man das Pferd nicht im Stall verkümmern lassen darf, während du durch die Welt reist und den Geschäftsmann des Jahres spielst.“
„O nein. Fakt ist vielmehr, dass du dachtest, ich würde es nicht herausfinden.“ Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. „War er für dich leicht zu reiten?“
„Noch nicht. Wir müssen uns erst aneinander gewöhnen.“
„Lionel hatte in Bezug auf Nutkin Zweifel. Er war nicht sicher, ob er ihn behalten solle. Zu schreckhaft, wie er meinte.“
Sie zuckte die Schultern. „Das kann man ihm abgewöhnen. Auf dem Hügel gibt es nichts, was ihm Angst machen könnte.“
„Du wirst aber auch nicht dort sein“, sagte Gabriel. „Jedenfalls nicht auf Nutkin.“
„Lionel hat mir nie verboten, eines seiner Pferde zu reiten“, protestierte sie.
„Ich glaube nicht, dass er dich ermutigt hätte, Nutkin zu nehmen.“
„Trotzdem bin ich heil und gesund hier.“ Sie verdrängte die Erinnerung an jene furchtbaren Sekunden, als sie gedacht hatte, sowohl sie als auch das Tier würden auf dem Feldweg stürzen.
„Und so soll es bleiben. Von nun an reitest du entweder Minnie oder Tony.“
„Soll ich jetzt von deiner Autorität beeindruckt sein?“
„Das liegt ganz bei dir.“ Er griff nach dem Poststapel, den sie am Morgen auf dem Schreibtisch deponiert hatte. „Ach übrigens, Sylvia hat zurückgerufen und uns heute zum Tee eingeladen. Ich habe akzeptiert.“
„Für uns beide?“ fragte Joanna erstaunt.
„Natürlich. Warum nicht?“
Sie schüttelte den Kopf. „Mir fallen etliche Gründe ein. Ich fahre ein andermal allein hin.“
„Sei nicht so dickköpfig, Joanna. Wir müssen uns von Zeit zu Zeit gemeinsam in der Öffentlichkeit zeigen, um den Konventionen Genüge zu tun. Ein Besuch bei Sylvia wäre ein schmerzloser Anfang.“
Das ist deine Meinung, dachte sie. Laut sagte sie jedoch: „Wird es deine Patin nicht seltsam finden, wenn wir plötzlich gute Freunde spielen?“
„Im Gegenteil, sie schätzt gutes Benehmen – auch wenn sie unsere Ehe für einen großen Fehler gehalten hat.“
„Noch jemand.“ Joanna lachte bitter. „Die Liste ist endlos.“
Es klopfte an der Tür, und Grace Ashby kam mit dem Kaffeetablett herein, das sie auf Joannas Bitte hin auf einem Beistelltisch absetzte.
Als sie wieder allein waren, zog Gabriel spöttisch die Brauen hoch. „Deine Idee, Liebling? Wie umsichtig von dir.“
„Ich befleißige mich lediglich eines guten Benehmens.“ Während die Tür geöffnet gewesen war, hatte sie in der Halle Cynthia bemerkt, die offenbar
Weitere Kostenlose Bücher