Traummann auf Raten
wie Peitschenhiebe, trotzdem zwang sie sich zu einem lässigen Schulterzucken. „Können wir uns nicht darauf einigen, dass wir nicht zueinander gepasst haben, und es dabei belassen?“
Gabriel schüttelte den Kopf. „Du warst eine der großen Niederlagen meines Lebens. Und ich verliere nicht gern.“
Ihr Herz klopfte, als wollte es zerspringen. Sie hatte das Gefühl, sein Blick würde sie versengen. „Es war keine Niederlage, Gabriel, sondern lediglich ein Fehler. Aus dem wir beide lernen können.“
„Oder wir probieren eine andere Unterrichtsmethode.“ Mit einer Hand zog er sie an sich, mit der anderen entfernte er das Band, das ihr Haar zusammenhielt.
Ehe sie wusste, wie ihr geschah, fand sie sich in seinen Armen wieder. Gefangen.
„Vergiss die frommen Floskeln, Jo. Küss mich ein einziges Mal so, als würdest du es wollen. Als würdest du mich wollen.“
Sein Mund war so nah, nur Zentimeter entfernt. Gabriel schob die Finger in ihr Haar und umfasste sacht ihren Nacken. Die zarte Liebkosung jagte ihr einen prickelnden Schauer über den Rücken.
„Küss mich …“, flüsterte er.
Es wäre so leicht, seinen Verführungskünsten zu erliegen, dachte sie sehnsüchtig. Sich von der Leidenschaft forttragen zu lassen. Den Schmerz und das Verlangen der vergangenen unglücklichen Jahre zu stillen, indem sie die Lippen auf seine presste – und den Rest dem Schicksal überließ.
Gütiger Himmel, es wäre so verheerend, so gefährlich leicht!
Joanna befreite sich aus Gabriels Umarmung und wich einige Schritte zurück. „Dies ist kein Spiel, Gabriel, und ich bin kein Spielzeug. Du verlierst nicht gern, und ich lasse mich nicht benutzen. Ende.“
Sie drehte sich um und ging hinaus. Ohne einen Blick zurückzuwerfen, durchquerte sie die Halle und lief die Treppe hinauf. Tränen brannten ihr in den Augen. Tränen, die sie ihm nicht zeigen wollte. Tränen, die sie nicht vergießen durfte, denn sie waren Zeichen einer Schwäche, die sie sich nicht leisten konnte.
Mit schmerzlicher Klarheit erkannte sie, dass sie all ihre Kraft brauchen würde, um zu überleben.
7. KAPITEL
„Mein armes Kind, es muss ja wie ein Albtraum für dich gewesen sein.“ Sylvia Osborne umarmte Joanna herzlich. „Ich kann es noch immer kaum fassen.“
„Ich auch nicht. Ständig rechne ich damit, dass die Tür aufgeht und er hereinkommt …“
„O ja.“ Sylvia zog sie mit sich zu einem der bequemen Sofas, setzte sich neben sie und umfasste ihre Hände. „Wenn wir nur hier gewesen wären. Nicht dass wir etwas hätten verhindern können …“ Sie zögerte. „Und nun ist Gabriel zurück.“
Joanna biss sich auf die Lippe. „Ja. Hast du von den Klauseln in Lionels Testament gehört?“
Sylvia nickte. „Gabriel hat mir davon erzählt, als wir heute Morgen telefonierten. Es ist einfach unglaublich.“
„Er ist sehr verärgert darüber, oder?“
„Kein Wunder. Erst wird er in diese lächerliche Ehe manövriert, obwohl jeder sehen konnte, dass sie in einer Katastrophe enden musste, und nun wird er schon wieder manipuliert. Dabei sollte man meinen, dass Lionel bereits aus dem ersten Fehlschlag gelernt hätte, sich nicht mehr ins Leben anderer Leute einzumischen.“
„Gabriel muss das nicht auf sich nehmen“, erwiderte Joanna. „Ich habe ihm gesagt, ich würde mein Erbe ablehnen, fortgehen und woanders ein neues Leben beginnen. Leider erlaubt er es nicht.“
„Natürlich nicht. Lionels Motive mögen zwar verworren gewesen sein, aber immerhin hat er für deine Zukunft gesorgt. Gabriel würde dich dieser Sicherheit nie berauben.“ Sie schüttelte den Kopf. „Verne-Männer, Liebes. Sie vereinen Stolz, Dickköpfigkeit und ein ausgeprägtes Ehrgefühl – besonders wenn es ihre Schutzbefohlenen betrifft.“
„Ich will aber nicht von Gabriel abhängig sein“, versicherte Joanna nachdrücklich.
„Das weiß er.“ Sylvia lächelte. „Wollte er dich nicht begleiten? Was hast du gemacht? Ihn ermordet und seine Leiche aus dem Wagen geworfen?“
Zum ersten Mal seit vielen Tagen lachte Joanna laut auf. „Warum bin ich nicht selbst auf diese Idee gekommen? Nein, er wird bald eintreffen. Da ich noch einiges zu erledigen hatte, haben wir beschlossen, getrennt herzufahren.“
Nach der unerfreulichen Unterhaltung mit Gabriel hatte sie die Reitsachen mit einem Rock und Pullover vertauscht, ihren Trenchcoat übergeworfen und war nach Westroe gefahren. Dort hatte sie zum Lunch Toast mit Rührei gegessen und dann einen
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