Traummann auf Raten
selbstverliebt sind wie er? fragte sie sich amüsiert.
Sie hatte absichtlich den Sessel gewählt, um ihren Freiraum zu wahren, und ärgerte sich ein wenig, als Rupert einen Lederhocker herbeiholte, um sich zu ihren Füßen niederzulassen.
„So ist es besser.“ Er lächelte sie an.
„Das ist Ansichtssache“, erwiderte sie leise und überlegte fieberhaft, wann sie sich endlich verabschieden könne. Sie musste zumindest ihren Kaffee austrinken, und der war noch zu heiß. „Ist das eines von Sylvias Werken?“ Sie deutete auf das Gemälde über dem Kamin.
„Möglich. Ich mache mir nichts aus amateurhaften Klecksereien.“
Das war eine Formulierung, wie Cynthia sie gewählt hätte. Joanna zuckte zusammen. „Ich denke, diese Bezeichnung trifft nicht auf Mrs. Osbornes Bilder zu.“
„Entschuldigung.“ Er klang absolut nicht reumütig. „Ich bin mehr an die Vernissagen in der Hayward Galerie gewöhnt. Aber ich möchte jetzt nicht über Kunst reden, sondern über Sie.“
„Ein ziemlich langweiliges Thema“, wehrte Joanna ab.
„Für mich nicht. Ich halte Sie für überaus faszinierend.“
„Ich weiß nicht, was Sie zu diesem Schluss veranlasst hat.“ Sie trank einen kräftigen Schluck Kaffee.
„Vielleicht blicke ich tiefer als die meisten Männer, die Sie kennen. Es ist beispielsweise unübersehbar, dass Ihre Ehe in einer Sackgasse steckt.“
„Im Gegensatz zu mir.“ Joanna stellte ihren Becher beiseite. „Danke für den Kaffee, Rupert, aber ich muss nun wirklich los. Ich finde allein hinaus.“ Sie wollte aufstehen, aber er hinderte sie daran, indem er die Hand auf ihr Knie legte.
„Sei nicht albern, Süße, und lass das Getue. Wir beide wissen, warum du hier bist. Sein Auftritt als Spielverderber hat mich nicht täuschen können. Er vernachlässigt dich, und das hast du nicht verdient.“
„Würden Sie mir bitte gestatten, mich zu erheben?“ verlangte sie kühl.
Er lachte. „Welch Zufall. Ich wollte dich gerade bitten, das Gleiche zu tun.“ Seine Hand glitt unter ihren Rock und strich ihr über den Schenkel.
Joanna wollte ihn ohrfeigen, doch er packte ihre Handgelenke mit der freien Hand und hielt sie fest. „Spielst du die Unnahbare? Das brauchst du nicht. Ich kenne die Regeln und bin diskret. Entspann dich einfach, und genieße.“
„Nicht mit Ihnen“, rief sie und trat nach ihm.
Sie traf sein Schienbein mit voller Wucht. Fluchend gab Rupert sie frei und rieb sich die schmerzende Stelle. Joanna war sogleich auf den Füßen und lief zur Tür. In der Halle holte er sie ein und drehte sie zu sich um.
„Was, zur Hölle, ist los mit dir?“ Von Charme keine Spur. „Als du herkamst, wusstest du genau, was dich erwartet! Du hast doch seit unserer ersten Begegnung förmlich darum gebettelt.“
„Den Teufel habe ich!“ Sie versuchte sich loszureißen. Was sollte sie tun, wenn er nicht aufgab?
Er beugte sich zu ihr, die Lippen leicht geöffnet, die Augen glitzernd. In diesem Moment klopfte jemand heftig an die Tür. Joanna erschien es wie die Antwort auf ihr stummes Gebet. Gabriel, dachte sie, dem Himmel sei Dank …
„Joanna?“ Es war Charles Osbornes Stimme. „Joanna, bist du da drin, Liebes?“
Rupert Gordon murmelte einen obszönen Fluch und ließ die Hände sinken.
Sie schnappte sich ihren Mantel vom Haken und öffnete weit die Tür. „Charles. Was tust du hier?“
„Ich habe deinen Wagen draußen bemerkt.“ Charles betrat die Diele. „Guten Abend, Mister“, fügte er geringschätzig hinzu, bevor er sich wieder an Joanna wandte. „Sylvia lässt dich fragen, ob du bei uns nicht noch einen Schlummertrunk nehmen möchtest.“
Joanna schluckte trocken. „Das ist sehr nett, aber ich wollte gerade nach Hause. Ein andermal vielleicht.“ Sie sah Rupert an, der mit gerötetem Gesicht dastand und offenbar schmollte. „Gute Nacht, Mr. Gordon.“
Die Tür wurde hinter ihnen ins Schloss geworfen. „Sonderbarer Bursche“, meinte Charles auf dem Weg zum Wagen. „Schwer einzuschätzen. Kann nicht behaupten, dass ich ihm traue.“
„Mach dir darüber keine Gedanken. Er ist die Mühe nicht wert.“ Sie zögerte. „Charles?“
„Ja, meine Liebe?“
„Ich vermute, Gabriel hat dich darum gebeten. Hat er dich
von der Weinstube aus angerufen?“
„Keineswegs“, beteuerte er ein bisschen zu schnell. „Ich habe deinen Wagen bemerkt, als wir heimkamen, und dachte, du möchtest vielleicht einen Drink. Das ist alles.“
Joanna lächelte ihn an. „Du bist ein miserabler
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