Traummann auf Raten
Mann ihrer Träume unerreichbar war? „Na schön, ich werde mit Ihnen essen. Soll ich nach Hause fahren, mich umziehen und Sie später treffen?“
„Sie sehen doch gut aus. Und mehr als das …“, er deutete auf seine Jeans, den Rollkragenpullover und das bequeme Tweedjackett, „… habe ich ohnehin nicht zu bieten. Meine Garderobe ist leider ziemlich begrenzt. Aber wie ich hörte, gibt es in der Weinstube in der High Street keine strikte Bekleidungsvorschrift.“ Er blickte sie hoffnungsvoll an. „Vielleicht könnten wir zuerst einen Drink nehmen, um uns besser kennen zu lernen.“
Trotz aller Zweifel war Joanna amüsiert. „Sie haben offenbar den ganzen Abend verplant.“
„Nicht den ganzen“, versicherte er unbekümmert.
Sie bemerkte ein unverschämtes Funkeln in den blauen Augen und verspürte einen Anflug von Besorgnis, den sie jedoch sofort verdrängte. „Ich hole meinen Mantel.“
Sie gingen auf einen Drink ins „White Hart“. Rupert orderte für sich ein Bier, konnte Joanna allerdings nicht ausreden, Mineralwasser zu bestellen.
„Ich muss noch fahren“, erinnerte sie ihn. „Zum Essen trinke ich dann ein Glas Wein.“
Rupert war ein recht amüsanter Gesellschafter, wie sie insgeheim zugeben musste. Er hatte offenbar zahlreiche Jobs gehabt, unter anderem als Werbetexter und Produktionsassistent bei einem privaten Fernsehsender.
„Hier gibt es nicht viele Gelegenheiten, für die Medien zu arbeiten“, bemerkte sie.
„Das ist auch gut so.“ Rupert rümpfte die Nase. „So kann ich mich auf etwas Ernstes konzentrieren. Ich habe vor einiger Zeit einen Roman angefangen und inzwischen einen Agenten und einen Verleger dafür interessieren können. Deshalb bin ich hergekommen, um das Buch in Ruhe zu vollenden.“
„Ich dachte, Sie wären auf der Suche nach Abwechslung.“ Sie trank einen Schluck Mineralwasser. „Schriftstellerei ist doch eine ziemlich einsame Beschäftigung, oder?“
Er zuckte die Schultern. „Natürlich, aber ich habe nicht vor, jede wache Minute dem Schreiben zu widmen.“ Sein Lächeln war eine Spur zu charmant, wie sie fand. „Genug von mir. Erzählen Sie mir von sich. War das neulich Ihr Mann, der an uns vorbeigefahren ist? Er wirkte recht grimmig.“
„Sein Vater ist letzten Monat gestorben. Es ist momentan für uns beide keine besonders fröhliche Zeit.“
„Das tut mir Leid.“ Er schien aufrichtig betroffen.
„Sie konnten es ja nicht wissen.“
„Sind Sie schon lange verheiratet?“
„Drei Jahre. Gabriel war allerdings viel unterwegs. Er besitzt eine überaus erfolgreiche Investmentfirma.“
„Und Sie begleiten ihn nicht auf seinen Reisen? Wie kann er sie nur aus den Augen lassen?“
Joanna blickte auf ihr Glas. „Wir haben ein gut funktionierendes Arrangement.“ Sie rang sich ein Lächeln ab. „Allmählich werde ich hungrig. Wollen wir hinuntergehen und schauen, was das Restaurant zu bieten hat?“
Sie erreichten den Speisesaal der Weinstube über eine Steintreppe. Es war ein langer, gewölbeartiger Raum mit schimmerndem Holzboden und niedriger Decke. Eine Wand wurde völlig von Weinregalen eingenommen, große Schiefertafeln zeigten die täglich wechselnde Menüauswahl, die sich hauptsächlich aus Meeresfrüchten zusammensetzte.
Joanna entschied sich für Seebarsch sowie Muscheln im Speckmantel als Vorspeise, Rupert wählte Wildpastete, gefolgt von einem Steak. Er wollte außerdem zwei Flaschen Wein bestellen, eine rot, eine weiß, passend zu den jeweiligen Gerichten, aber Joanna redete es ihm aus, mit dem Hinweis, ein Glas von der weißen Hausmarke würde ihr genügen. Bevor er darüber diskutieren konnte, entschuldigte sie sich und suchte den Waschraum auf.
Eigentlich sehe ich ganz passabel aus, dachte sie, während sie sich in dem großen Spiegel über dem Waschbecken betrachtete. Nicht aufregend oder glamourös, aber passabel. Sie trug einen schlichten schwarzen Rock zu einer cremefarbenen Seidenbluse und einer Weste in warmen Erdtönen.
Ich sehe aus wie eine Frau, die mit einem attraktiven Mann zu Abend essen will, überlegte sie weiter. Allerdings sollte er nicht zu viel von mir erwarten, denn ich bin nicht im Mindesten an ihm interessiert.
Andererseits hatte Rupert Gordon etwas an sich, das sie verwirrte. Er behauptete, ein aufstrebender Schriftsteller zu sein, aber obwohl seine etwas schäbige Kleidung diese Worte untermauerte, war seine Brieftasche nagelneu und voller Geldscheine.
Und die Hunde hatten ihn angeknurrt, wie ihr
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