Traumreisende
vorgestellt haben. Hier sind Adresse und Telefonnummer der Herberge. Wenn Sie dort nicht bleiben, sagen Sie denen auf jeden Fall, wo ich Sie erreichen kann, wenn Mrs. Carpenter sich für Sie entscheidet. Offen gesagt, ich denke, Sie sind bisher die beste Bewerberin, aber ich bin ja nicht diejenige, die Sie einstellt, oder?«
Damit stand die Frau auf, zog sich den kurzen Rock herunter, der hochgerutscht war, und stakste auf Pfennigabsätzen durch den Raum. Sie öffnete die Tür und deutete damit an, dass ihre neue Klientin gehen sollte.
Alles war so schnell gegangen, dass Bea nicht wusste, was sie denken sollte. Als sie sich umdrehte, hörte sie, wie der Schlüssel in der Bürotür gedreht wurde. Sie sah, wie das weiße Plastikschild, das hinter dem Glaseinsatz hing, umgedreht wurde. Jetzt stand »Geschlossen« darauf.
Draußen über der Bank hingen zwei Schilder. »Büro für Aborigine-Angelegenheiten« war das obere, darunter stand:
»Arbeitsvermittlung Baker«. Sie schüttelte den Kopf und lachte vor sich hin, während sie dachte, wie seltsam das Universum doch funktionierte. Das Aborigine-Büro war noch geschlossen.
Je mehr sie darüber nachdachte, desto verlockender wurde der Gedanke an die Stellung als Kindermädchen. Sie könnte die moderne Welt besser kennen lernen. Es war ein Job, den sie jederzeit verlassen könnte. Sie ging zur Straßenecke und las auf einem Schild, dass hier eine Haltestelle der Buslinie 44 sei, der in Kürze käme. Sie hatte keine Schwierigkeiten, das Haus der Carpenters zu finden. Sie folgte einfach den Anweisungen auf dem Zettel der Arbeitsvermittlerin. Das Haus lag in einem wohlhabenden Viertel und sah aus, als sei es neu gebaut. Bea drückte einmal auf den Klingelknopf und wartete. Durch die geriffelte Glastür konnte sie die schattenhaften Umrisse einer Gestalt sehen. Der Griff drehte sich, und Bea stand vor einer Asiatin.
»Guten Tag«, sagte Bea zu dem lächelnden Gesicht der winzigen Frau. »Ich komme von der Stellenvermittlung.«
»Ja, bitte kommen Sie herein. Ich werde Mrs. Carpenter Bescheid sagen. Sie können dort hineingehen und warten«, sagte sie und wies auf ein hübsches großes Wohnzimmer mit hohen Fenstern, die auf einen seitlich gelegenen Garten hinausgingen. Der Raum war sehr hell, Wände und Decke weiß, dazu ein Fußboden aus hellem beigefarbenem Marmor, auf dem weiße Teppiche zwischen pastellfarbenen Polstermöbeln angeordnet waren. Hier und da glänzte Gold an Kerzenleuchtern und Fotorahmen. Die Sonne, die durch die makellos sauberen Fenster schien, spiegelte sich in einer riesigen Kristallschale auf dem Tisch in der Mitte des Zimmers, in der eine weiße Rose in blau gefärbtem Wasser schwamm.
Bea ging um einen Flügel in einer Ecke herum und sah sich die Fotos an, die wie aufmarschierte Soldaten in einer geraden, ordentlichen Reihe an der Wand hingen. Sie blinzelte und schaute noch einmal hin. Ein kleiner Junge mit lockigem Haar, genau wie das Kind, das sie in ihrem Traum gesehen hatte, sah sie an. Der einzige Unterschied bestand darin, dass der Junge in ihrem Traum ein Aborigine gewesen war. Dieses Kind hatte eine weiße Hautfarbe.
»Guten Tag«, sagte eine sanfte Stimme hinter ihr. »Ich bin Natalie Carpenter. Wer sind Sie?«
»Mein Name ist Bea«, sagte sie und betrachtete zum ersten Mal die Gestalterin dieses prachtvollen Raums und Mutter des liebenswert aussehenden Kindes. »Die Stellenvermittlung schickt mich.«
Natalie Carpenter war perfekt aufgemacht. Sie trug hellrosa Hosen und ein passendes Oberteil dazu; eine Goldkette schmückte ihren Hals, und Ohrringe aus Gold und Perlen baumelten unter ihrem frischgebürsteten hellbraunen Haar. Sie hätte sofort als Model in einer Modenschau auftreten können. Sie war freundlich, quirlig, und Bea mochte sie auf Anhieb.
Obwohl der kleine Junge, David, gerade sein Mittagsschläfchen hielt, wurde Bea nach oben geführt, damit sie einen Blick in sein Kinderzimmer werfen könnte. Natalie zeigte ihr das Zimmer für das Kindermädchen. Sie erklärte ihr, Kuno, die Japanerin, sei ihre Köchin und Haushälterin. Als Bea ging, sagte Natalie, sie werden die Stellenvermittlung anrufen und dieser ihre Entscheidung mitteilen. Bea war sich der Macht des Universums zu sehr bewusst, um nicht zu glauben, dass der Göttliche Geist ihr diese Tür geöffnet hätte. Sie verbrachte die Nacht in der Herberge. Am folgenden Tag erhielt sie den Anruf, durch den sie erfuhr, die Carpenters hätten sie als Davids neue Gefährtin
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