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Traumschlange

Titel: Traumschlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vonda N. McIntyre
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für Arevins Volk herzustellen. Falls sie Arevins Volk jemals wiedersah.
    Schlange wälzte den letzten Ballen auf den Stapel, wischte sich die Hände an derHose und das Gesicht am Ärmel ab. In der Nähe hoben Merideth und Alex die von ihnen gebaute Tragbahre an und rückten das improvisierte Geschirr zurecht, bis die Bahre in gleichmäßiger Höhe zwischen zwei hintereinander aufgestellten Pferden hing. Schlange ging hinüber und schaute zu. Das war das sonderbarste Beförderungsmittel, das ihr jemals unter die Augen geraten war, aber es machte den Eindruck, als werde es sich bewähren. In der Wüste mußte alles getragen oder geschleppt werden; Karren mit Rädern würden im Sand steckenbleiben, Achsen mußten in felsigem Gelände brechen. Solange die Pferde nicht scheuten oder sich auf bäumten, konnte Jesse von der Tragbahre eine erträglichere Beförderung erwarten als auf einem Schlitten. Der große Graue zwischen den vorderen Stangen stand ganz ruhig, reglos wie aus Stein; abgesehen von einem Seitenblick, als man es zwischen die hinteren Stangen führte, zeigte auch das zweite Pferd, ein Schekke, keinerlei Anzeichen der Beunruhigung. Jesse muß wirklich wunderbar mit Pferden umgehen können, dachte Schlange, wenn die Pferde, die sie abgerichtet hat, so duldsam sind.
    »Jesse meint«, sagte Merideth, »daß wir damit überall, wo wir uns blicken lassen, unter den reichen Händlern eine neue Mode auslösen.«
    »Und sie hat recht«, sagte Alex. Er löste einen Gurt, und sie senkten die Tragbahre auf den Boden. »Aber sie dürften Glück haben, wenn die Pferde sie nicht zertrampeln – so wie die meisten von ihnen die Tiere behandeln.«
    Er tätschelte dem Grauen zärtlich den Hals und führte die beiden Pferde zurück ins Gehege.
    »Hätte sie nur eines von diesen beiden geritten«, sagte Schlange zu Merideth.
    »Sie waren auch nicht so, als wir sie bekamen. Sie kauft nur die durchgedrehtesten Pferde. Schlechte Behandlung von Pferden kann sie nicht ertragen. Das Fohlen war eine ihrer neueren Erwerbungen... sie hatte es besänftigt, aber es hatte noch nicht sein Gleichgewicht zurückerlangt.«
    Sie begaben sich wieder ins Zelt, um der Sonne zu entgehen, die über den Nachmittagshimmel kroch. Das Zelt war an einer Seite eingesackt, wo sie zwei Stangen für die Tragbahre entfernt hatten. Merideth gähnte ausgiebig.
    »Am besten schlafen wir noch ein wenig, solange sich die Gelegenheit bietet. Wir dürfen auf keinen Fall noch auf dem Lavastreifen sein, wenn morgen früh die Sonne wieder aufgeht.«
    Doch Schlange war erfüllt von der Ruhelosigkeit ungewissen Dranges; sie setzte sich ins Zelt, dankbar für den Schatten, aber hellwach, und dachte darüber nach, wie ihr ganzes verrücktes Vorhaben enden mochte. Sie langte nach der Lederschachtel, um nach ihren Schlangen zu schauen, aber Jesse erwachte, als sie Sands Fach öffnete. Sie klappte es wieder zu und rückte näher an die Lagerstatt.
    Jesse blickte zu ihr auf.
    »Jesse... was ich gesagt habe...« Sie wollte eine Erklärung abgeben, fand jedoch keinen geeigneten Einstieg.
    »Was hat dich so aufgebracht? Bin ich der erste Mensch, dem du geholfen hast, der hätte sterben können?«
    »Nein. Ich habe schon Menschen sterben sehen. Einigen habe ich Sterbehilfe geleistet.«
    »Vor einem Weilchen war noch alles so hoffnungslos«, sagte Jesse. »Ein angenehmer Tod wäre ein bequemer Ausweg gewesen. Man muß immer auf der Hut sein vor..., der verführerischen Einfachheit des Todes.«
    »Der Tod kann ein Geschenk sein«, sagte Schlange. »Aber auf die eine oder andere Art bedeutet er stets ein Versagen. Diese Einsicht ist Warnung genug.«
    Ein schwacher Wind säuselte durch die Hitze, und Schlange fröstelte beinahe.
    »Was war mit dir, Heilerin?«
    »Ich fürchtete mich«, antwortete Schlange. »Ich befürchtete, du könntest im Sterben liegen, und wäre es so gewesen, dann hättest du das Recht gehabt, mich um Sterbehilfe zu bitten. Ich habe die Pflicht, dir diesen Gefallen zu erweisen. Aber ich kann es nicht.«
    »Das verstehe ich nicht.«
    »Als meine Ausbildung endete, gaben meine Lehrer mir eigene Schlangen. Zwei davon dienen unter Zuhilfenahme von Drogen Heilzwecken. Die dritte war eine Traumspenderin. Sie wurde getötet.«
    Unwillkürlich streckte Jesse, als Reaktion auf Schlanges offenkundige Traurigkeit, einen Arm aus und ergriff ihre Hand. Schlange nahm Jesses stummes Mitgefühl dankbar zur Kenntnis, fand in der herben Berührung Trost.
    »Du bist auch

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