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Traumschlange

Titel: Traumschlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vonda N. McIntyre
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des Schlangenbisses wieder stärker, obwohl sie sie bereits überwunden glaubte. Schlange war auf Eichhörnchens Rücken gestiegen, in der Absicht, nur so lange zu reiten, bis das Gefühl vergangen war, in Ohnmacht fallen zu müssen, und dann war sie auf dem Pony bewußtlos zusammengesunken. Eichhörnchen trug sie duldsam, den Kopf gesenkt, da sie auf seinem Widerrist lag, weiter durch die Wüste. Erst als er schon lahmte, kam sie wieder zur Besinnung und hörte das Klirren des gebrochenen Hufeisens.
    Schlange kratzte ihr Pony an der Stirn.
    »Morgen brechen wir auf, sobald die Hitze nachläßt. Dann habe ich den ganzen Tag lang zum Impfen Zeit, wenn alle kommen sollten.«
    »Wir werden kommen, meine Liebe, viele von uns. Aber warum willst du so bald weiterziehen? Komm mit uns. Es ist die gleiche Entfernung wie nach Berg-hausen.«
    »Ich reite weiter zur Stadt.«
    »Jetzt noch? Aber es ist doch schon viel zu spät im Jahr. Du gerätst in die Stürme.«
    »Nicht, wenn ich keine Zeit verliere.«
    »Heiler-Kind, mein Liebchen, du kennst sie nicht.«
    »Doch, ich kenne mich aus, ich bin ja in den Bergen aufgewachsen. Jeden Winter habe ich sie durch die Ebenen fegen sehen.«
    »Sie von einem Berg herab zu sehen, ist etwas anderes«, sagte Grum, »als mittendrin zu stecken und zu überleben.«
    Unvermittelt machte Eichhörnchen kehrt und galoppierte durch die Koppel zu einer Gruppe von Pferden, die im Schatten dösten. Plötzlich lachte Schlange.
    »Na, erzähl mir den Scherz auch, Kleines.«
    Schlange schaute auf die verhutzelte Alte hinab, deren Augen so scharf und schlau waren wie die einer Füchsin.
    »Gerade habe ich bemerkt, an welches deiner Pferde du ihn verkuppelt hast.«
    Grums Sonnenbräune verfärbte sich rosarot.
    »Heilerin, mein liebes Kind, das war nicht als Entgelt für den Unterhalt gedacht... ich wußte nicht, daß es dich stört.«
    »Schon gut, Grum, es stört mich ja nicht. Und Eichhörnchen hat bestimmt auch nichts dagegen. Aber leider dürftest du enttäuscht werden, wenn die Zeit zum Fohlen kommt.«
    Bedächtig schüttelte Grum den Kopf. »Nein, das bezweifle ich, er ist ein wohlerzogener kleiner Hengst, aber er weiß, woran er ist, was Stuten betrifft. Ich mag scheckige Pferde, vor allem mit Leopardenmuster.«
    Grum besaß einen leopardenfleckigen Schecken, ihr Prachtstück: weiß mit schwarzen Tupfern in Münzengröße am ganzen Körper.
    »Und nun werde ich dazu bald gestreifte Tiere haben.«
    »Es freut mich, daß dir sein Fell gefällt.« Es hatte Schlange erhebliche Arbeit gekostet, einen Virus zur Verkapselung der geeigneten Gene zu erzeugen. »Aber ich bezweifle, daß du von ihm viele Fohlen erhältst.«
    »Warum? Wie gesagt, er...«
    »Vielleicht überrascht er uns... ich hoffe es für dich. Aber wahrscheinlich ist er steril.«
    »Ach«, meinte Grum, »ach, das wäre zu schade. Aber ich verstehe, was du meinst. Er stammt von einem Pferd und einem jener gestreiften Esel ab, von denen ich einmal gehört habe.«
    Schlange widersprach nicht. Grums Vermutung war allerdings restlos falsch; Eichhörnchen war so wenig ein Bastard wie irgendeines von Grums Pferden, abgesehen von einem vereinzelten, geringfügigen Genkomplex. Aber Eichhörnchen war resistent gegen das Gift von Dunst und Sand, und obschon daher eine andere Ursache vorlag, war das Ergebnis doch das gleiche, als wäre er ein Maultier. Seine Abwehrstoffe waren so wirksam, daß sein Stoffwechsel Haploidzellen – den Samen – höchstwahrscheinlich nicht als Eigenprodukte anerkannte und sie folglich zerstörte.
    »Weißt du, Schlange-Kindchen, einmal hatte ich ein Muli, das war ein prächtiges Zuchttier. Das gibt‘s manchmal. Vielleicht haben wir diesmal auch so ein Glück.«
    »Vielleicht«, sagte Schlange.
    Die Möglichkeit, daß die Immunität des Ponys seine Zeugungsfähigkeit nicht aufgehoben hatte, war nicht stärker auszuschließen als die Möglichkeit, irgendwann ein zeugungsfähiges Maultier ausfindig zu machen; Schlange hatte nicht das Gefühl, mit ihrer vorsichtigen Zustimmung bei Grum unbegründete Hoffnungen zu nähren.
    Schlange suchte ihr Zelt auf, ließ Sand aus dem Behältnis und melkte sein Gift. Er pflegte sich dem Verfahren nicht zu widersetzen. Indem sie ihn hinterm Kopf hielt, zwängte sie behutsam sein Maul auf und träufelte ihm aus einem Fläschchen eine Katalysatorflüssigkeit in den Rachen. Er ließ sich die Drogen erheblich leichter verabreichen als Dunst. Er würde sich nun einfach in seinem Fach

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