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Traumschlange

Titel: Traumschlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vonda N. McIntyre
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als eine Wohltat, aber, als sie ein Badetuch zur Hand nahm und feststellte, daß es nach Pfefferminz roch, lachte sie nur. Langsam verstrichen die drei Stunden, während in Sands Körper die Droge ihre Wirkung tat. Schlange lag voll bekleidet, aber mit nackten Füßen hellwach auf dem Bett, als Gabriel an die Tür pochte. Schlange setzte sich auf, ergriff Sand behutsam hinter dem Kopf und ließ ihn sich um ihren Arm winden, ehe sie Gabriel hereinrief. Der junge Mann betrachtete Sand mit wachsamer Zurückhaltung, war jedoch immerhin von ihm fasziniert genug, um seine offensichtliche Furcht zu überwinden.
    »Ich lasse ihn nicht beißen«, versicherte Schlange.
    »Ich habe mich bloß gerade gefragt, wie sie sich wohl anfühlen.«
    Schlange streckte ihm ihren Arm entgegen, und er hob eine Hand, um Sands geschmeidige, schön gemusterte Schuppen zu streicheln. Er nahm die Hand wieder fort, ohne eine Bemerkung zu äußern.
    Im Schlafzimmer des Bürgermeisters wartete Brian; darüber befriedigt, seinen Herrn wieder in seiner Obhut zu haben, wirkte er gar nicht so niedergeschlagen. Der Bürgermeister war auf weinerliche Weise betrunken. Er stöhnte beinahe sangesartig vor sich hin, als Schlange eintrat, und weinte hundserbärmlich; dicke Tränen rannen ihm über die Wangen. Sein Stöhnen verstummte, als er Schlange erblickte. Sie verharrte am Fußende des Bettes. Furchtsam stierte er sie an.
    »Wieviel hat er getrunken?«
    »Soviel er wollte«, antwortete Gabriel.
    »Es wäre besser, hätte der Alkohol ihm die Besinnung genommen«, sagte Schlange, nun von Mitleid gepackt.
    »Ich habe schon erlebt, daß er mit den Ratsmitgliedern bis in den frühen Morgen trank, aber nie, daß ihm davon die Sinne geschwunden wären.«
    Der Bürgermeister blinzelte triefäugig herüber.
    »Nicht noch mehr Schnaps«, sagte er. »Nicht noch mehr.«
    Trotz eines leichten Lallens sprach er mit unüberhörbarem Nachdruck.
    »Solange ich wach bin, kannst du mir nicht das Bein absägen.«
    »Das ist völlig richtig«, sagte Schlange. »Dann bleiben Sie von mir aus wach.«
    Sein Blick heftete sich auf Sand, er sah die starren Augen der Klapperschlange, ihr Züngeln, und da fing er an zu zittern.
    »Etwas anderes«, sagte er. »Es muß eine andere Möglichkeit geben...«
    »Sie stellen meine Geduld auf eine harte Probe«, sagte Schlange. Sie wußte, daß sie schon im nächsten Augenblick tatsächlich die Geduld verlieren oder – noch schlimmer – wieder um Jesse zu weinen beginnen mochte. Sie mußte daran denken, wie sehr sie sich gewünscht hatte, ihr helfen zu können, während diesem Manne so leicht geholfen werden konnte.
    Der Bürgermeister sank in seinem Bett zurück. Schlange spürte, daß er noch zitterte, doch wenigstens hielt er nun den Mund. Gabriel und Brian standen zu beiden Seiten des Bettes. Schlange rollte am Fußende die Decken zum Kopfende hin auf und errichtete so aus ihnen auf den Knien des Bürgermeisters ein Sichthindernis.
    »Ich möchte es sehen«, flüsterte er. Sein Bein war blaurot und geschwollen.
    »Kommt nicht in Frage«, entgegnete Schlange. »Brian, bitte öffne die Fenster.«
    Der alte Diener kam der Aufforderung eilig nach und zog die Vorhänge beiseite, schob die Fensterflügel auswärts in die Dunkelheit. Kühle, frische Luft drang ins Zimmer.
    »Wenn Sand Sie beißt«, erläuterte Schlange, »werden Sie einen stechenden Schmerz verspüren. Dann wird die Stelle rings um den Biß taub. Diese Stelle wird dicht oberhalb der Wunde sein. Die Taubheit wird sich nur langsam ausbreiten, weil Ihr Bein vom Blutkreislauf nahezu abgeschnitten ist. Aber sobald sie sich weit genug ausgedehnt hat, entleere ich die Wunde. Danach kann das Gegengift stärker wirken.«
    Die geröteten Wangen des Bürgermeisters erbleichten erneut. Er sagte nichts, aber Brian setzte ihm ein Glas an die Lippen, und der Bürgermeister trank einen tüchtigen Schluck. Die Röte kehrte zurück. Tja, dachte Schlange, manchen Leuten kann man es sagen, manchen eben nicht. Schlange warf Brian ein sauberes Tuch zu.
    »Tränke das in Schnaps und leg‘s ihm über Nase und Mund. Du und Gabriel, ihr könnt bei euch das gleiche tun, wenn ihr möchtet. Dies wird keine angenehme Sache. Und trinkt beide einen anständigen Schluck. Dann haltet locker seine Schultern. Er darf sich nicht ruckartig aufsetzen, sonst erschreckt er die Klapperschlange.«
    »Jawohl, Heilerin«, sagte Brian.
    Schlange säuberte die Haut über der Wunde in der Wade des Bürgermeisters. Sein

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