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Traumschlange

Titel: Traumschlange Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vonda N. McIntyre
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lernen die Fruchtbarkeitskontrolle ausgezeichnet zu beherrschen«, sagte Schlange. Gabriel gab keine Antwort. »Du bist noch immer nicht überzeugt.«
    Schlange lehnte sich neben ihm auf einen Ellbogen, aber sie sah noch davon ab, ihn wieder zu berühren. Er sah sie mit ironischer, humorloser Miene an, die seine Zweifel an sich selbst widerspiegelte.
    »Ich glaube, ich fürchte mich.«
    »Ich weiß.«
    »Hast du dich jemals gefürchtet? Richtig gefürchtet?«
    »O ja«, erwiderte Schlange. Sie senkte ihre Hand auf seinen Bauch, strich ihre Finger über seine glatte Haut, pflügte sie durch seine feinen, dunkelgoldenen Haare. Er zitterte nicht gerade wie Espenlaub, aber Schlange spürte tief in seinem Innern ein anhaltendes Erbeben aus Furcht.
    »Lieg ganz ruhig«, sagte sie. »Bewege dich nicht, ehe ich‘s dir sage.«
    Sie begann seinen Bauch und seine Schenkel zu streicheln, seine Hüften und die Seiten des Gesäßes, und mit jeder Kreisbewegung kam sie seinem Geschlechtsteil näher, ohne es dabei tatsächlich anzurühren.
    »Was machst du?«
    »Schscht. Bleib ruhig.«
    Sie fuhr mit dem Streicheln fort; und nun sprach sie auch zu ihm, verlieh ihrer Stimme eine hypnotische Monotonie, die zu seiner Beruhigung beitrug. Sie spürte, daß es ihn Selbstbeherrschung kostete, sich nicht zu regen, während sie ihn reizte; er rang mit sich selbst, und unterdessen wich das Beben, ohne daß er es bemerkte.
    »Schlange!«
    »Was?« fragte sie unschuldig. »Stimmt etwas nicht?«
    »Ich kann nicht...«
    »Sch...« Er stöhnte auf. Diesmal erbebte er nicht aus Furcht. Schlange lächelte, streckte sich neben ihm aus und zog ihn auf die Seite, zu sich heran.
    »Jetzt darfst du dich rühren«, sagte sie.
    Aus welchem Grund auch immer – infolge der Reizung durch Schlange, oder weil sie sich so hilflos gezeigt hatte, wie er es war, und er ihr vertrauen konnte, oder viel wahrscheinlicher, weil er ganz einfach jung und gesund und erst achtzehn war und nun drei mit Selbstvorwürfen angefüllte Jahre überwand – danach klappte jedenfalls alles. Schlange fühlte sich wie ein Beobachter, nicht wie ein geiler Lauscher, sondern wie ein gleichmütiger Zuschauer, nahezu desinteressiert. Und das war seltsam. Gabriel war von Natur aus sanft, und Schlange trieb ihn mit sich zu einem selbstvergessenen Höhepunkt. Ihr eigener Höhepunkt war sehr wohl zufriedenstellend, er bescherte ihr eine willkommene Erleichterung von der emotionalen Spannung, die sich im Lauf ihres ausgedehnten Alleinseins angestaut hatte, und doch galt ihre Aufmerksamkeit mehr Gabriels Lustempfinden.
    Obwohl sie seine Zärtlichkeiten leidenschaftlich erwiderte, mußte sie immer wieder daran denken, wie es wohl mit Arevin sein möge. Später lagen Schlange und Gabriel in enger Umarmung beieinander und atmeten schwer, beide schweißig. Für Schlange war die Kameradschaftlichkeit seines Ablaufs so wichtig wie der Geschlechtsverkehr selbst. Sexuelle Spannungen ließen sich leicht genug beheben. Alleinsein und Einsamkeit waren dagegen etwas völlig anderes. Sie lehnte sich zu Gabriel hinüber und küßte seinen Hals, den Bogen seines Kinns.
    »Ich danke dir«, flüsterte er.
    Schlange spürte die Schwingungen seiner Wörter auf ihren Lippen.
    »Du warst willkommen«, sagte sie. »Ich habe dich nicht aus uneigennützigen Gründen darum gebeten.«
    Eine Zeitlang lag er stumm da, seine Finger auf dem Rund ihrer Hüfte gespreizt. Schlange tätschelte seine Hand. Er war ein süßer Junge. Sie wußte, daß diese Haltung von herablassender Art war, aber sie vermochte sie nicht zu ändern, und es war ihr auch unmöglich, den Wunsch zu verdrängen, Arevin wäre an seiner Stelle hier. Sie wollte jemanden, der Erlebnisse und Erfahrungen mit ihr teilte, und niemanden, der ihr Dankbarkeit entgegenbrachte. Plötzlich umschlang Gabriel sie fester und preßte sein Gesicht an ihre Schulter. Sie streichelte die kurzen Locken in seinem Nacken.
    »Was soll ich nur anfangen?« Seine Stimme klang gedämpft, sein Atem war warm auf ihrer Haut. »Wohin soll ich gehen?«
    Schlange drückte ihn an sich und wiegte ihn an ihrem Busen. Sie überlegte sich plötzlich, ob es besser gewesen wäre, ihm seinen Willen zu lassen, als er anbot, einen anderen zu schicken, und sein Dasein der Enthaltsamkeit nicht in Unordnung zu bringen. Aber sie vermochte einfach nicht zu glauben, daß er tatsächlich eines jener bemitleidenswerten, zerrütteten menschlichen Wesen war, denen jegliche Biokontrolle völlig versagt

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