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Traumzeit

Traumzeit

Titel: Traumzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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hieß, bildeten den Abschluß der Gruppe. In der Luft lag der Geruch von Kaffee und Staub. Immer noch zogen Männer, den Blick unverwandt auf die Goldfelder vor ihnen gerichtet, mit Schaufeln und Pickeln durch die Straße.
    »Mr. Fox«, fragte Joanna, »gräbt man hier auch nach etwas anderem als Gold? Nach Opalen vielleicht?«
    Er schüttelte den Kopf. »Ich habe nie gehört, daß man in Westaustralien Opale gefunden hätte. Wenn es hier Opale gäbe, würde das einen neuen Ansturm auslösen.«
    Sie erreichten das nördliche Ende der Stadt am Abhang eines Hügels, der von aufgegebenen Goldgruben übersät war. Die Gegend war trostlos und trocken. Nirgends wuchsen Pflanzen oder Bäume, und nur die Schatten der Felsen oder die roh gezimmerten, über den Hügel und die Mulde davor verteilten Hütten boten dem Auge Abwechslung.
    Joanna blieb stehen und ließ das erschütternde Bild, das sich ihnen bot, auf sich wirken.
    Hunderte von Aborigines bevölkerten die Gegend. Bis auf einige wenige Steinhütten bestanden die an Felsen gelehnten Unterkünfte aus aufgeschnittenen und geradegebogenen Ölfässern, allen möglichen Holzstücken, Pappkarton und Stoff, ja sogar aus Flaschen und Dosen. Von vielen Feuerstellen stieg Rauch auf und hing wie eine dicke Decke über der Mulde. Fliegen summten in der Luft, und halbzahme Dingos mit hervorstehenden Rippen wühlten im Schutt und Abfall.
    Eine seltsame Apathie lag wie ein Bann über allem. Joanna kam es vor, als bewegten sich die Menschen wie im Traum – ihre Gesten waren langsam, ihre Gesichter eigenartig leer. Die Erwachsenen saßen auf Stühlen oder auf der Erde und murmelten gedankenverloren vor sich hin, während die Kinder im Staub spielten. Alle waren ärmlich gekleidet. Die Frauen trugen schlecht sitzende Kleider, die Männer zerlumpte Hosen und Jacken. Die meisten Kinder waren beinahe nackt. Manche der älteren Männer trugen Decken über die Schultern; Joanna sah auch einige, die in Känguruh- oder Opossumfelle eingehüllt waren.
    »Mr. Fox«, sagte Joanna leise, als sie am Rand der Elendssiedlung entlanggingen, »warum sind diese Menschen so heruntergekommen?«
    »Vor Jahren, als sich die ersten weißen Siedler auf dem Land der Eingeborenen niederließen, haben sie versucht, gegen uns zu kämpfen. Die Siedler rächten sich damit, daß sie die Lager der Ureinwohner verbrannten und das Wild vertrieben, von denen sie sich ernährten. Nachdem die Schwarzen nicht mehr jagen konnten, gingen sie dazu über, bei den Farmern zu stehlen, und wurden dafür bestraft. Schließlich gaben sie auf. Sie kamen vermutlich zu dem Schluß, sie müßten sich uns anschließen und uns nachahmen, um zu überleben. Aber verstehen Sie, diese Menschen haben keine Ahnung, wie sie das anfangen sollen. Sie tragen abgelegte Kleider, die von den Kirchen gespendet werden. Sie sprechen nur wenige Worte Englisch, sie trinken Alkohol und sie rauchen. Aber es gelingt ihnen nie und nimmer, wirklich so zu werden wie wir.«
    Sie blieben stehen und sahen einer Frau zu, die auf heißen Kohlen Brot buk. Sie war barfuß, und das Kleid hing in Fetzen an ihrem Körper. Der Schuppen hinter ihr war aus Holzsteigen gezimmert, auf denen man noch deutlich den Aufdruck ›Adelaide Produce Co.‹ lesen konnte. Die Behausung bot nur einer Person Platz. Auf dem Boden lag eine Matratze mit hervorquellender Füllung. Die Frau hob den Kopf, sah die Besucher an und wandte den Blick wieder ab.
    Während Joanna langsam weiterging, fiel ihr auf, daß sich offenbar kaum jemand um die Gruppe Weißer kümmerte, die sich zwischen ihnen bewegte. »Mutter«, sagte Lisa leise, »gibt es niemanden, der diesen armen Menschen hilft?«
    »Es gibt jemanden«, antwortete Fox. »Die Regierung nimmt sich durch ein Amt für Aborigines und durch den Ausschuß zum Schutz der Ureinwohner ihrer an. Die Behörde verteilt Essen und Kleidung und vertritt die allgemeinen Interessen der Schwarzen. Aber es ist schwierig, Probleme zu korrigieren, die vor langer Zeit entstanden sind. Viele der ersten Missionare sind nicht nach Australien gekommen, um die Siedler zu betreuen, sondern um die Ureinwohner zum christlichen Glauben zu bekehren. Trotz aller guter Absichten ist leider etwas schiefgegangen. Die Missionare bestanden zum Beispiel darauf, daß die Schwarzen ihre Känguruh-Umhänge aufgaben und sich wie Europäer kleideten. Doch das Känguruhfell diente den Aborigines für vieles – unter anderem als Schutz gegen die Elemente. Regen läuft von einem

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