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Traumzeit

Traumzeit

Titel: Traumzeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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fielen Joanna die Notizen ihres Großvaters ein. »Hat mein Großvater vielleicht einen Gift-Gesang niedergeschrieben? Wäre es möglich, daß er seine Aufzeichnungen zusammen mit meiner Mutter aus Australien wegbringen ließ, ohne zu ahnen, welche Macht diese Worte besaßen? Könnte es nicht sein, daß diese Blätter, die ich versucht habe zu dechiffrieren, das Gift enthalten, an dem meine Mutter gestorben ist?«
    »Miss Drury«, sagte er, »es ist alles Aberglaube. Wir Weiße sind ganz bestimmt zu zivilisiert, um zu glauben, daß ein Gesang einen Menschen töten kann.« Aber während er das sagte, hörte Hugh, wie hohl und unglaubwürdig seine Worte klangen. Er hatte viele Jahre im Busch gelebt und oft nur in Begleitung von Aborigines. Sie hatten ihm erzählt, daß es Kräfte und Geheimnisse gab, die sich rationalen oder ›zivilisierten‹ Erklärungen entzogen.
    Er erinnerte sich an seine Auseinandersetzung mit Ezekial vor zwei Tagen. Der alte Mann hatte verlangt, daß Joanna Merinda verließ. »Ich sehe Geister in ihrer Nähe, Boss«, hatte Ezekial gesagt. »Sie hat große Macht, gefährliche Magie. Sie stört das Gleichgewicht. Die Ahnen sagen mir in meinen Träumen: Sorge dafür, daß die Frau geht.«
    Als Hugh dem Alten energisch erklärte, das sei alles Unsinn, und er wolle nichts mehr davon hören, hatte Ezekial erwidert: »Deine Schafe haben Läuse, Boss, keine Wolle. Das ist erst der Anfang des Unheils!« Jetzt redete Ezekial offenbar allen Aborigines auf der Farm ein, Merinda werde von bösen Geistern heimgesucht. Bisher waren vier von Hughs besten Arbeitern davongelaufen, und die anderen wurden immer unruhiger.
    Als Hugh die Angst in Joannas Augen sah, den entsetzten Blick, mit dem sie das Bild betrachtete, wußte er plötzlich, daß sie unter keinen Umständen etwas von Ezekials Behauptungen erfahren durfte. Er mußte dafür sorgen, daß der Alte nicht mehr in ihre Nähe kam. »Miss Drury«, sagte er und berührte ihren Arm, »gehen wir und sehen wir nach, was Adam macht, ja?«
    Als sie in den Sonnenschein hinaustraten, war Joanna einen Augenblick lang geblendet, und sie legte schnell die Hand über die Augen. Sie sah das Bild in seiner ganzen bizarren Schönheit immer noch vor sich. Sie konnte die Gestalten nicht vergessen und dachte nur an den Gift-Gesang.
    Pauline erschien sofort und legte Hugh in Beschlag. Joanna sah, wie sie über den Rasen gingen und hörte plötzlich, wie jemand ihren Namen nannte.
    Sie drehte sich um und sah Dr. David Ramsey, der auf sie zukam. Er trug eine dunkelgrüne Frackjacke und eine schwarze Schleife. Einen Hut hatte er nicht auf, so daß seine rotgoldenen Haare im Sonnenschein glänzten.
    »Miss Drury, wie schön, Sie hier zu sehen.«
    »Guten Tag, Dr. Ramsey.«
    »Wie geht es Ihnen? Und was macht Adam? Ist es Ihnen gelungen, ihn zum Sprechen zu bringen?«
    »Ja, er macht Fortschritte«, antwortete sie und suchte Adam in der Menge. Schließlich entdeckte sie ihn bei einer Gruppe von Kindern.
    »Leider wissen wir so wenig über das menschliche Gehirn. Aber Ihre Freundlichkeit und Geduld werden ihm bestimmt helfen. Er kann froh sein, daß er Sie hat, Miss Drury. Kommen Sie, trinken wir ein Glas Champagner.«
    Als sie über den Rasen gingen, sagte Ramsey: »Ich habe Darwins
Die Abstammung des Menschen
gelesen. Kennen Sie es?«
    »Nein, ich habe es nicht gelesen«, sagte Joanna und hatte plötzlich das Gefühl, beobachtet zu werden. »Aber ich habe davon gehört. Ich glaube, mein Großvater hat zur selben Zeit wie Darwin in Cambridge studiert.«
    Joanna sah sich verstohlen um. Aber die Leute auf dem Rasen und an den Tischen blickten nicht in ihre Richtung. Trotzdem wurde sie das Gefühl nicht los, beobachtet zu werden.
    »Ich beneide Darwin«, sagte Ramsey. »Es muß wunderbar sein, zu wissen, daß man Geschichte macht. Heutzutage gibt es in der Wissenschaft und der Medizin so gewaltige Fortschritte. Viele große Männer machen wichtige Entdeckungen. Denken Sie nur an Pasteur, Lister und Koch. Man wird sie nicht vergessen. Ich habe den Ehrgeiz, Miss Drury, auch so einen wichtigen Beitrag zur Medizin zu leisten.«
    Plötzlich sah Joanna am Rande des Parks Ezekial. Er trug wie immer das zerrissene Hemd und eine staubige Hose. Aber er stand so regungslos, daß man hätte glauben können, er sei eine Statue, wenn nicht der Wind die langen weißen Haare und den Bart bewegt hätte. Der Alte starrte sie an wie damals am Fluß.
    »Ist alles in Ordnung, Miss Drury?«
    »Ja,

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