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Traurige Therapeuten: Roman (German Edition)

Traurige Therapeuten: Roman (German Edition)

Titel: Traurige Therapeuten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingomar von Kieseritzky
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hatte.
HERR, sagte Treeball und bekreuzigte sich lässig, Dank für diese Speise, die da trächtig ist von allen Elementen, die DU uns schenktest; Lachs ist darin, wohl auch ein betagter Hammel, Rüben und eine Pastete ungewisser Zusammensetzung. Wahrlich, Sir Edward, Sie führen ein reiches Haus. Dann hob er die wässrigen Augen gen Himmel – graue Stukkatur – und rief: Selig sind, die da geistlich arm sind, denn das Himmelreich ist ihrer Seele sicher, selig, die da Leid tragen, denn sie sollen, sie sollten, ja was zum Teufel – der Claret ist alle!
Nancy brachte noch ein paar Flaschen.
Eine rechte Feststimmung kam nicht auf.
Die Dame Treeball rührte im Teller. Ihr Busen ruhte auf dem Tisch. Der Gatte beobachtete die Gattin mit offenem Mund und sabberte ein wenig auf seinen Kragen.
Ich bat Johnson, der an eine Kommode gelehnt schlief, Lady Aslauga zu bitten. Sie allein hatte die Begabung, eine so öde Gesellschaft zu beleben, wenn sie gut gelaunt war.
Und wirklich, sie kam und sah prachtvoll aus in ihrem Cape; auf dem flachen Dekolleté lagen irgendwelche alten Klunker, das mausgraue Haar hatte sie zu Mauseschwänzchen geflochten. Ich raffte mich auf.
Meine Lieben, sagte ich, die Damen seien endlich da, nun sollten wir heiter sein … Jenkins schwebe wie ein Engel über uns –
– und Gott segne uns alle, sagte der Reverend und küsste die Hand seiner Lucy …
Ich mag den alten Dickens, nicht alles, beileibe nicht. Großer Reichtum an Herzlosigkeit, die mir zur Seele spricht (Zitat wohl aus den Christmas Tales war in Ordnung).
Hielt dann eine lange Rede, der Bibliothekar mit seiner reinlichen Handschrift hat sie protokolliert, es wird nichts verloren gehen; mitunter verlor ich leider den Faden, aber die Linie stimmte –
Liebe Freunde, sagte ich stehend, wie es höflich war in der Situation.
Freunde, Feinde und Artgenossen!
Trinken wir auf das Wohl aller guten Geister dieses Hauses, auf die, die uns voreilig verlassen haben, trinken wir auf Jenkins, ja, lassen Sie uns trinken auf unsere Forschungen Über das Seelenleben der höheren Tiere , die viele Arbeit und die dürftigen Resultate … Trinken wir auf die Welt außerhalb unserer kleinen Enklave, von der wir – bislang! – verschont blieben …
Es lebe Georg V., auch Kaiser von Indien seit 1911, wie ich in einer Gazette las … stammte unser Elephant Mura Dang daher … ein Hoch auf ihn! Schleppte er doch fleißig Holz heran, bis er im Sumpf versank – Hoch!
Amen, sagte der Reverend (war der Einzige, der auf mein hochgestimmtes Gerede reagierte; die anderen hockten auf ihren Stühlen wie versteinert).
Ich trinke auf die Irische Frage, mag man sie bald lösen. Ein Toast auf den alten Vauxhall, dem das Benzin fehlt … Liebe Co-Hominiden, ich trinke auf meine liebe Familie … auf meine Frau Aslauga, mit ihr vergattet, nein, zu ihr vergattert seit nunmehr 30 oder 31 stillen Jahren … Gegenstand meiner langjährigen Selbstverleugnung und Entsagung. Immerhin haben wir einen Sohn, Max, gezeugt im Engadin, eine goldene Herbst-Nacht … wo war ich – ja, und drei Jahre später, das Jahr, als Dilthey Erlebnis und Dichtung schrieb, zeugten wir hieda den zweiten Sohn, Michael, der gleich nach Ankunft in dieser Welt die Augen für immer schloss – Prost, mein Sohn. Ab da verlor meine Aslauga ihre Schönheit – sie hatte die Schönheit einer feuchtäugigen Gazelle im Morgentau – und machte eine Metamorphose durch … Sie missbilligte meine Forschungen, sie absentierte sich permanent … sie wurde hostil gegen meine gesamte Existenz, meine, gottja, Aura und vernarrte sich in Jesus; ein Konkurrent, dem kein Mann gewachsen ist –
Er lebe am Kreuze, rief der Reverend, Prost!
Ich trinke dir zu, sagte ich, geliebte Aslauga, mit Max ist dir immerhin ein Wurf gelungen – er ist ein genialer Maler … ich schrieb ihm wegen Jenkins nach Berlin; wie man sieht – er kam nicht; mag auch er leben …
Genug Familie, liebe Schicksalsgenossen, nun zu den Einzel-Würdigungen … den Leistungen, den Erfolgen im Mahlstrom der Zeiten … Bibamus!
Einen Toast auf Rall –
– Gott sei seiner staubigen Seele gnädig, murmelte Treeball.
– unseren Kustos und Historiker, der sich sein Asthma redlich erwarb … Ich trinke auf Malmot, unseren Bibliothekar Malmot. Fuhr gern mit dem alten Vauxhall-Lastwagen in das Antiquariat von Dobson & Cie in Hampton, um dort Erstausgaben zu versilbern – den ganzen Milton, den guten Chaucer und meinen geliebten Lewis Carroll mit den

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