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Traurige Therapeuten: Roman (German Edition)

Traurige Therapeuten: Roman (German Edition)

Titel: Traurige Therapeuten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingomar von Kieseritzky
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Aversions-Therapie, warst niemals gegen Deinesgleichen allergisch, du bist deinem Stern gefolgt, blieb er auch dunkel, wie deine unablässigen Forschungen am Tier, dessen Seele, Reaktions- und Elaborationsfähigkeit. Zum Finale stieg vermutlich eine kleine Emanation aus den Fieberdünsten – die uneingestandene Autophobie im Stadium der Reife … Edward, du warst ein alter Menschensack, voller süffiger Gifte – verzeih’ diese unwürdige Metapher; auf deine Weise hast du deine Aslauga, geborene Plagendorf geliebt, mehr noch deine Affen, vor allem Jenkins, mit dem du nächtliche Colloquien abhieltest über Metaphysik, den Positivismus, den Wiener Kreis und Aschraths Buch Über das seelische Vermögen der Tiere ; möge dich, da nun die Erde dich deckt, eine Allgüte, eine konfessionslose Gottheit in einem paradiesischen Jenseits mit jenen Geistern kombinieren, die dir aufgeklärtes Vergnügen verschaffen bis zum Ende aller Zeiten.
    Naja, so oder ähnlich. Schade, dass du deinen Sohn Max (mon pauvre père) nicht mochtest; er war der vielleicht beste Maler der Fauna der Welt und hätte dir ein wahres Porträt von Jenkins oder Aslauga und Strehlow hingelegt. Schwamm drüber, zu spät wie so vieles.
    Letzte kleine Erkenntnis vor dem Schlaf.
    Habe keine Ahnung von der menschlichen Psyche, ein Leiden aber doch: Therapeiaphobie. Angst vor Therapie und Therapeuten.

 
    62 Nach der Lektüre schlief ich bis in den Nachmittag, machte einen Spaziergang durch Lärchenwälder und setzte mich an den Tisch.
    Ab in die Vergangenheit.
    Was soll der Unfug des Sterbens.
    Man könnte sich im verrücktesten Kosmos wohnlich einrichten, wenn der Blick auf die Welt radikal ‹positiv› ausfiele. Ich fasste damals den Entschluss, meine künftigen Lebensmanöver exakt so zu ordnen, wie es Edward in seiner Lebensheiterkeit unternommen hätte; dann, so dachte ich, wäre ich hinreichend salviert und würde alle Blödheiten des Lebens mit Ruhe, Kaltblütigkeit und Gleichmut überstehen.
    Ich verließ mein Sofatal; Totalreinigung. Passow schlief noch immer. Seiner Brieftasche entnahm ich eine Visitenkarte und rief die mysteriöse Olga an.
    Eine dunkle weibliche Stimme sagte: Wer spricht.
    Singram, sagte ich, Arthur Singram, Herr Passow befindet sich bei mir, er hatte einen Unfall.
    Was für Unfall, fragte Olga, schlimmer oder weniger schlimm.
    So mittelschwer, sagte ich, es lag am Alkohol, Herr Passow hatte einen Kollaps.
    So, Kollaps, sagte Olga, schlimmer oder weniger schlimm.
    Hätte schlimmer sein können, sagte ich, wären Sie so freundlich, ihn abzuholen. Ich bezahle auch das Taxi.
    Er ist transportierungsfähig?, fragte Olga.
    Denke schon, sagte ich, bringen Sie Ihr Hündchen mit. Dann buchstabierte ich meine Adresse.
    Ist weit, sagte sie, ist mihsam, werde kommen in Stunde.
    Ich dankte. Der erste Schritt lag hinter mir.
    Ich fütterte die Tiere; der Kater verweigerte seinen teuren Fraß, Whiskas mit Thunfisch. Ich bot ihm Nordseekrabben an, kein Interesse; Liebeskummer, man sah die Zeichen. Beatrice, mein Alter, sagte ich, die schöne Notärztin ist für uns beide ein Problem. Wir wollen es positiv lösen, lass uns ein paar Prioritäten setzen, Yorick. Zuerst muss der Parasit entfernt werden, dann lösen wir das Dilemma Margoti. Begleite mich bitte.

 
    63 Damals habe ich, schlaflos vor Ärger über Freund Passow, meine trüben Stagnationen, die Armut und den ganzen Rest – inklusive des blinden Testosteronspiegels –, Mut, Energie und sogar gewisse vitale Intentionen aus den Notaten meines Großvaters gezogen, einen Gewinn ohne Verlustkalkulation; das brave Gedächtnis lieferte alles nach ohne Murren.
    Hätte ich doch nur korrekt kalkuliert.

 
    64 Wir gingen, Yorick und ich, in mein Winterschlafzimmer.
    Passow schlief noch immer.
    Der Kater hob die empfindliche Nase und flehmte vor Ekel, sprang aber auf den Bürostuhl, der noch die süßen Moleküle der Dame Margoti verströmte, schnüffelte andächtig und machte sich dann davon. Konnte ihn verstehen – Passows Aura war stark.
    Passow, schrie ich in sein Ohr, Olga kommt gleich!
    Passow rührte sich nicht. Wie hieß eine schöne Novelle (Verfasser vergessen) – Atemverlust .
    Ich beugte mich über den Gast. Als Leiche hätte er Unannehmlichkeiten verursacht; gottlob aber atmete er und stank nach Urin und Schweiß. Kein Wunder, hausten auf einem Wirtskörper doch Millionen von Wesen; wie ich in einem Apothekenjournal gelesen hatte, unzählige Actino-Bakterien, also Cyrone,

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