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Traveblut

Traveblut

Titel: Traveblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jobst Schlennstedt
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durch die Wohnung. Andresen betrat das Wohnzimmer und erkannte mit einem Blick, was geschehen war. Hastig lief er in Richtung Fenster und blickte hinunter in den Innenhof. Der Mann, der gerade an der gegenüberliegenden Garagenwand hochkletterte, musste Oliver Rehm sein. Obwohl er bislang lediglich ein Foto von ihm gesehen hatte, war er sich sicher, dass er es war. Wie war der Kerl bloß so schnell da runtergekommen?
    Er lehnte sich aus dem Fenster und sah, dass an der Hauswand eine schmale Feuerleiter befestigt war. Rehm rannte unterdessen über die Dächer zweier Garagen hinweg und verschwand in einem angrenzenden Hinterhof. Andresen hielt einen Moment lang inne. Dann stürmte er aus der Wohnung ins Treppenhaus und die Treppen hinunter. Vor dem Haus lief er auf die Kollegen im Einsatzwagen zu.
    »Wir sprechen uns noch, ihr Schlafmützen!«, rief er den Streifenpolizisten zu. »Raus jetzt aus dem Wagen, los! Rehm flüchtet gerade über den Hinterhof.«
    Andresen hastete zurück ins Haus. Für einen Augenblick hatte er überlegt, selbst hinter Rehm herzulaufen. Doch er wollte lieber die Wohnung genauer unter die Lupe nehmen. Für eine Verfolgungsjagd über die Dächer Lübecks war er nicht mehr der Richtige. Sollten sich ihn doch die jungen Kollegen schnappen. Außerdem hatte er mittlerweile große Zweifel, dass Rehm tatsächlich etwas mit den Morden an Katharina Kock und Brigitte Jochimsen zu tun hatte. Jetzt, wo er sich sicher sein konnte, dass beide Morde von ein und derselben Person begangen worden waren. Schließlich gab es zwischen Brigitte Jochimsen und Rehm offensichtlich keinerlei Berührungspunkte. Weshalb hätte Rehm sie also umbringen sollen?
    Zurück in der Wohnung betrachtete Andresen die Scherben auf dem Wohnzimmerboden. Rehm hatte bei seiner Flucht mehrere Weingläser, die auf einem Tablett gestanden hatten, und eine Vase heruntergeschmissen. Beim Blick aus dem Fenster sah er, dass die beiden Streifenpolizisten im Hinterhof auf die angrenzenden Garagendächer kletterten.
    »Da rüber!«, rief Andresen. »Er ist dort hinten verschwunden.«
    Die Polizisten nickten ihm kurz zu und rannten weiter. Andresen richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf Katharina Kocks Wohnung. Wo sollte er anfangen zu suchen? Aufmerksam musterte er Wände, Möbelstücke und die wenigen Wohnaccessoires. Ein Großteil des Inventars schien aus einem schwedischen Möbelhaus zu stammen.
    Er öffnete einige Schranktüren und ließ seinen Blick schweifen. Nichts Auffälliges. Nichts, was in irgendeiner Weise auf eine Verbindung zwischen Katharina Kock und Brigitte Jochimsen deutete.
    Andresen ging zurück in den Wohnungsflur und öffnete eine der abzweigenden Türen. Sie führte ins Schlaf- und Arbeitszimmer. Am Ende des Raums unterhalb des Fensters stand ein großer Eichenschreibtisch, eines der wenigen massiven Möbelstücke in der Wohnung. Er zog sich einen Stuhl heran und öffnete die Schubladen des Schreibtischs. Ein paar Stifte, Papier in verschiedenen Farben, Pinsel. Das war alles.
    Rechts im Raum stand ein Futonbett, daneben ein einfaches Holzregal, in dem einige Ordner und Kochbücher aufgereiht waren. Andresen bückte sich, um einen Blick in das unterste Fach zu werfen. Mit einem Mal war er voll konzentriert. Bislang hatte er kaum persönliche Dinge in der Wohnung entdeckt. Sie erinnerte ihn mehr an eine Ferienwohnung. Aber hier, in einer der hintersten Ecken, schien er etwas gefunden zu haben.
    Andresen zog zwei Fotoalben aus dem Regal und setzte sich wieder an den Schreibtisch. Er knipste die kleine Schreibtischlampe an und schlug eines der beiden Alben auf.
    Durch das geschlossene Fenster waren plötzlich laute Stimmen aus dem Hinterhof zu hören. Mehrere Personen schrien Rehms Namen. Andresen stand auf und trat ans Fenster. Beamte mit gezückten Waffen liefen über die Garagendächer. Offenbar war mittlerweile Verstärkung eingetroffen. Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis sie Rehm hatten.
    Er setzte sich wieder an den Schreibtisch, nahm das erste Album, das mehr als zehn Jahre alt sein musste, und begann, in Katharina Kocks Leben einzutauchen. Eine halbe Stunde später schlug er das zweite der beiden Alben enttäuscht zu. Es war aktueller, aber auch hier hatte er nichts gefunden, was einen Rückschluss auf den Mord an Katharina Kock zuließ. Sie hatte augenscheinlich ein völlig normales Leben geführt. Es gab nichts, was ungewöhnlich schien und nicht in das Bild einer heranreifenden Frau und schließlich einer

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