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Traveblut

Traveblut

Titel: Traveblut
Autoren: Jobst Schlennstedt
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überrascht an. Andresen zeigte auf den Akteneintrag und äußerte seine Vermutung, Jimmy Vosberg könne der Bengel sein, von dem Brigitte Jochimsen geschrieben hatte.
    Gemeinsam überprüften sie die restlichen Seiten des Ordners, doch weitere Einträge zu Jimmy Vosberg schien es nicht zu geben. Er war der einzige Schüler einer vierten Klasse, über den ein Vermerk bezüglich einer Verhaltensveränderung existierte.
    Es fanden sich andere Bemerkungen über Schüler, die den Unterricht fortlaufend störten oder kontinuierlich schlechte Noten schrieben. Aber keine über Probleme im sozialen Umfeld eines Schülers.
    »Wir sollten für heute aufhören«, sagte Andresen. Auf der Wanduhr sah er, dass es bereits kurz nach neun war. »Es ist spät geworden. Wir werden gleich morgen früh noch einmal an die Schule fahren und mit der Schulleiterin sprechen. Vielleicht kann sie sich an Jimmy Vosberg erinnern.«
    »Vosberg müsste heute knapp zwanzig Jahre alt sein«, sagte Ida-Marie nachdenklich.
    Andresen schlug den Ordner noch einmal auf und blätterte durch die Seiten, bis er bei Jimmy Vosbergs Akte angelangt war. Sein Finger glitt über das Blatt. Er zog die Augenbrauen hoch und blickte auf. »Er wird am kommenden Sonntag zwanzig Jahre alt.«
    »Vielleicht ist er wirklich der, den wir suchen«, sagte Julia.
    »Möglich«, sinnierte Andresen. »Wir sollten ihn uns jedenfalls dringend einmal ansehen.«
    Die Runde löste sich auf, lediglich Andresen blieb noch einige Minuten sitzen. In der vagen Hoffnung, eine Bestätigung dafür zu finden, dass sie tatsächlich auf dem richtigen Weg waren, ging er noch einmal alles durch. Aber ob Jimmy Vosberg tatsächlich als Täter in Frage kam und die Hintergründe all dessen in Zusammenhang mit der Blücher-Schule standen, war fürs Erste reine Spekulation.
    »Birger?«, fragte plötzlich eine ihm bekannte Stimme. »Was machst du denn noch hier?«
    Andresen wandte sich abrupt um. Ben Kregel stand vor ihm. Er trug regenfeste Kleidung und Gummistiefel. In der rechten Hand hielt er eine Taschenlampe.
    »Die Frage kann ich genauso gut zurückgeben«, antwortete Andresen erstaunt. »Und wie siehst du überhaupt aus?«
    »Ich mache mich gerade fertig, um in den Fischereihafen zu fahren. Heute Abend soll da ein Treffen stattfinden.«
    »Woher weißt du das denn?«, fragte Andresen.
    »Längere Geschichte«, antwortete Kregel. »Kommst du mit? Dann erzähle ich sie dir.«
    Andresen verzog das Gesicht. Schmerzhafte Erinnerungen stiegen in ihm hoch. »Warum eigentlich nicht«, sagte er schließlich. »Man soll sich negativen Erlebnissen ja stellen, wie die Polizeipsychologen immer so schön predigen.«
    Eine knappe halbe Stunde später fuhren sie auf der A 226 in Richtung Travemünde. Sie parkten das Auto am Ortsrand und gingen die letzten Meter zu Fuß. Kregel brachte Andresen auf den aktuellen Stand seiner Ermittlungen. Er hatte herausgefunden, dass im Fischereihafen ein erbitterter Kleinkrieg zwischen den Besitzern einiger Bootslokale tobte.
    »So wie es aussieht, sind einige Osteuropäer gekommen und haben den Alteingesessenen die Preise kaputt gemacht«, erklärte er. »Unter anderem hat auch das ›Möwenschiet‹ darunter gelitten, was bekanntermaßen das Restaurant auf der ›Perle‹ ist.«
    »Heißt das, du glaubst, dass Hanka Weichert aufgrund dieser Sache überfallen wurde?«, fragte Andresen skeptisch.
    »Keine Ahnung«, antwortete Kregel. »Es gab in den vergangenen Monaten zumindest einige Vorkommnisse, bei denen die Fäuste geflogen sind.«
    »Aber weshalb Hanka Weichert? Wir wissen nicht einmal, was sie überhaupt hier gemacht hat. Und was soll das mit Brigitte Jochimsen und Katharina Kock zu tun haben?«
    »Das versuche ich herauszufinden. Bislang habe ich noch keinen Zusammenhang zwischen Dieter Lohberg und Hanka Weichert herstellen können.«
    Andresen fuhr herum und blickte Kregel an. »Dieter Lohberg?«
    »Ja, ihm gehört das Boot.«
    »Dem Hausmeister der Blücher-Grundschule?«
    »Was?«, fragte Kregel irritiert.
    »Dieter Lohberg ist Hausmeister an der Blücher-Grundschule. Ich habe heute noch mit ihm gesprochen. Er hat nichts davon erwähnt, dass er Hanka Weichert näher kennt. Im Gegenteil.«
    »Dieser Piet ist übrigens der Sohn von Lohberg. Er ist Koch und betreibt das ›Möwenschiet‹.«
    »Was zum Teufel hat das zu bedeuten?«, murmelte Andresen.
    »Vielleicht weniger, als du denkst, wenn es mit diesen Osteuropäern zu tun hat. Dass die beiden sich kennen, kann
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