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Traveler - das Finale

Traveler - das Finale

Titel: Traveler - das Finale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag <München>
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Anthrax-Hysterie in Japan hatte eine Welle der Ausländerfeindlichkeit ausgelöst. In Frankreich war ein Gesetz in Arbeit, das vorsah, den Zugang zu Museen, Behörden und Schulen nur noch den Inhabern von biometrischen Personalausweisen zu gestatten.
    In drei weiteren Ländern wurden neue Bedrohungen vorbereitet. In Australien hatte man eine giftige Chemikalie auf
eine Schiffsladung Orangen versprüht, die an Supermärkte im ganzen Land ausgeliefert werden würden. In Süddeutschland war ein Anschlag auf zwei katholische Priester verübt worden, und eine unbekannte türkische Gruppe hatte sich zu der Tat bekannt. In Großbritannien würde unmittelbar nach einem Fußball-Ligaspiel in Manchester eine Autobombe hochgehen.
    Die Halbgötter hatten ihm gezeigt, dass Angst viel überzeugender war als Toleranz oder der Respekt vor der Freiheit des anderen. Die meisten Menschen wurden nur dann mutig, wenn sie sich jemanden zum Vorbild nehmen konnten, aber das würde diesmal nicht passieren. Die Angst hatte mächtige Befürworter – jene Regierungschefs, die begriffen hatten, dass die neuen Maßnahmen ihre eigene Macht nur untermauern würden.
    Die Eingangstür der Suite öffnete sich mit einem Klicken, und Michael hörte eine weibliche Stimme rufen: »Mr. Corrigan? Hier ist Donna.«
    »Ich bin hier draußen.«
    Donna Gleason schob die Glastür auf und trat auf den Balkon hinaus. Obwohl die PR-Beraterin seit über zehn Jahren im sonnigen Los Angeles lebte, war sie bekannt dafür, nur Schwarz zu tragen. Sie hatte sehr kurzes Haar und sah aus wie eine Nonne mit Klemmbrett.
    »Ich habe eben mit dem Präsidenten des Presseclubs von Los Angeles gesprochen. Normalerweise ist der Saal bei diesen mittäglichen Pressekonferenzen höchstens halb voll, aber heute werden wir alle Rekorde brechen.«
    »Klingt viel versprechend.«
    Donna setzte sich an den Tisch und schenkte sich einen Kaffee ein. Sie redete schnell, so als müssten alle wichtigen Informationen in Dreißig-Sekunden-Statements hineinpassen. »Drei Fernsehsender schicken ein Kamerateam, und Reporter von Internet, Radio und Presse haben sich angemeldet.
Alle haben nach dem Titel Ihrer Rede gefragt: ›Rettet unsere Kinder‹. Ich habe ihnen gesagt, dass Ihr Vortrag am Mittag beginnen und Sie bis zum Abend berühmt machen wird.«
    Michael beobachtete Donnas Gesicht angestrengt, konnte aber keine Anzeichen von Verrat oder Unaufrichtigkeit finden. Während der letzten Monate hatte er über die Medienexperten, die Meinungsbilder formten und verpackten, eine Menge gelernt. Die guten verfügten über eine besondere Gabe: Zahlte man ihnen genug, verwandelten sie sich in aufrichtig überzeugte Anhänger. Er fragte sich, was passieren würde, wenn er jetzt eine Flinte zücken und ankündigen würde, die gefährlichen Rollerskater und Radfahrer auf der Promenade erschießen zu müssen. Vielleicht hätte Donna im ersten Moment mit sich zu kämpfen, aber dann würde sie sich die Sache schönreden – ja, doch, das wäre eine gute Idee.
    »Wann müssen wir los?«
    »Lassen Sie mich nachsehen.« Sie drehte sich zur Balkontür um und schrie: »Gerald! Preston!«
    Donnas Assistenten erinnerten Michael an Scotchterrier, einer weiß, der andere schwarz. Das Handy fest in der Hand, erschienen die beiden jungen Männer in der Balkontür.
    »Abfahrtszeit?«
    »Wir sollten in zehn Minuten aufbrechen«, sagte Gerald. »Um halb eins gibt es einen kleinen Mittagsimbiss, der Vortrag ist für ein Uhr angesetzt.«
    »Noch etwas, das wir wissen sollten?«
    »Mr. Boone ist in Begleitung eines Mitarbeiters angereist«, sagte Preston. »Er möchte wissen, ob Sie den Sicherheitsdienst brauchen.«
    »Ja. Er soll vor dem Saal warten.«
    Donna beugte sich vor. Sie kannte drei Tonlagen: schrill, kokett und vertraulich. Nun schlug sie zweifellos die dritte an. »Ganz sicher wird Ihre Ansprache fantastisch sein, Mr. Corrigan. Aber heutzutage dreht sich alles um die Optik. Gerald
und Preston haben Videomonitore aufstellen lassen und die Fotos aufgehängt, aber wir brauchen noch mehr. Es wäre toll, wenn Sie eine der Mütter umarmen könnten.«
     
    Der Presseclub von Los Angeles hielt seine Veranstaltungen in einem schäbigen Saal am Hollywood Boulevard ab. Anscheinend war er bis auf den letzten Platz besetzt, und die geladenen Journalisten unterhielten sich im Flüsterton, während sie Chips knabberten und Käsesandwiches aßen. Auf dem Podium stand ein langer Tisch, hinter dem die Clubvorsitzenden saßen. Am

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