Treffpunkt Las Vegas
damit zu tun?«
»Aber Chef! Denken Sie doch ein bißchen nach. Nehmen wir mal an, Sie stellen trotz Verbot einen Automaten auf und schnappen dann einen Kerl, der ihn anzapft. Was können Sie dem schon tun? Sie setzen ihn an die frische Luft und hauen ihm ein paar hinter die Löffel. Aber Sie rufen nicht die Polizei, denn vom juristischen Standpunkt aus hat er ja gar nicht gestohlen. Er kann nicht gestohlen haben, weil Sie offiziell ja gar keinen Automaten besitzen, und Sie besitzen keinen, weil das Gesetz Ihnen das verbietet. Konnten Sie mir folgen?«
»War auch dieses Mal nicht schwer.«
»Wollen Sie sonst noch was wissen?«
»Sie kennen wohl nicht zufällig den Namen von diesem Mädchen?«
»Nein.«
»Was haben Sie sonst für einen Eindruck von ihr? Treibt sie sich viel mit Männern herum?«
Louie dachte einen Moment nach, wobei er sein schwarzes, krauses Haar hinter dem rechten Ohr glattstrich, und sagte dann: »Wissen Sie, Chef, Las Vegas ist schon eine eigenartige Stadt. Die Frauen kommen hierher, um sich scheiden zu lassen. Zunächst einmal müssen sie warten, bis sie offiziell ihren Wohnsitz hier betätigt bekommen. Bis es soweit ist, sitzen sie hier herum und haben nichts weiter zu tun, als ihre Zeit totzuschlagen. Das wird ihnen allmählich ziemlich langweilig. Außerdem fühlen sie sich einsam, und wenn dann ein gut aussehender Bursche auftaucht und ihnen einladende Blicke zuwirft, dann fragen sie sich: Warum denn nicht? So einen Flirt nehmen sie als reinen Zeitvertreib mit. In ihrer Heimatstadt würden sie einen solchen Freier wahrscheinlich nicht einmal ansehen. Da sie ohnehin nur auf die Scheidung warten, sind sie der Ansicht, ein kleines Techtelmechtel, ein paar Drinks mit einem Mann und ein paar Gaunereien könnten ihnen nicht sonderlich schaden. Konnten Sie mir auch folgen?«
»O ja, ich bin schon von Haus aus folgsam erzogen.«
»Wenn Sie mich also fragen, ob sich ein Mädchen hier mit Männern nerumtreibt, dann kann ich eigentlich nur dann eine Antwort darauf geben, wenn sie es auffallend toll treibt. Irgendwie treiben sich nämlieh alle Mädchen in Las Vegas herum.«
»Sagen Sie, Louie, können Sie sich vielleicht erinnern, ob Sie das Mädchen in den letzten Tagen mit jemandem zusammen gesehen haben?«
»Nein, leider nicht. Aber... warten Sie mal, doch. Gestern war sie mit einem Püppchen hier, das war einfach Zucker.«
»Wie sah sie aus?«
»Sie hatte rotes, schwungvoll geschnittenes Haar. An ihre Augenfarbe erinnere ich mich nicht mehr. Aber die sah aus wie eine Portion Frühjahrserdbeeren mit Schlagsahne, und sie bewegte sich geschmeidig wie Gelee auf einem wackelnden Teller.«
»War sie vollschlank?« fragte ich und dachte dabei an Gelee.
»Keine Spur. Sie war eher mager, aber trotzdem nicht steif. Wissen Sie, manche Frauen stürzen sich von einer Hungerkur in die andere, bis sie spindeldürr und steif wie Holzpuppen werden. Diese Fee aber bewegte sich, als habe sie zwei Gelenke, wo normale Sterbliche nur eins haben. Das ist mir an ihr besonders aufgefallen.«
»Ist Ihnen außerdem noch etwas an ihr aufgefallen?«
»Nein«, antwortete Louie und dachte derart angestrengt nach, daß sich auf seiner Stirn dabei Falten wie bei einem Dackel bildeten. »Sonst wüßte ich wirklich nichts.«
»Wie alt war denn die Kleine?«
»Ich schätze Anfang Zwanzig.«
»Und wie oft ist sie hiergewesen?«
»Sie war ein paarmal mit dem anderen Mädchen da. Jetzt erinnere ich mich noch an etwas. Die andere hatte eine Nase wie ein Kaninchen.«
»Wie ein Kaninchen?«
»Ja. Haben Sie schon mal beobachtet, wie ein Kaninchen schnuppert? Genauso zog diese Kleine ihre fast durchsichtigen Nasenflügel hoch, wenn sie aufgeregt war. Daran kann ich mich noch gut erinnern.«
Ich beendete nun die Unterhaltung, denn ich mußte mich beeilen, wenn ich weiterkommen wollte. Zuviel Arbeit wartete noch auf mich. Ich gab Louie die Hand und sagte: »Vielen Dank auch.«
»Nichts zu danken. Und der Uppercut von vorhin ist vergessen?«
Ich nickte lachend mit dem Kopf: »Längst vergessen.«
»Ehrlich gesagt«, antwortete er mit einem gewissen Stolz, »Sie waren für mich ja nur ein Fliegengewicht. Ich will Sie damit nicht kränken, Chef, sondern meine das nur ganz ehrlich. Sie hatten überhaupt kein Stehvermögen. Wenn man boxt, dann muß man seine Nackenmuskeln so unter Kontrolle haben, daß man den Schlag, der die eigene Deckung durchbricht und auf den Punkt kommt, einfach abrollen läßt. Können Sie mir
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