Treffpunkt Parzelle 4: Nur die Freundschaft zählt (German Edition)
meines großen Bruders.«
»Ich finde ihn auch sehr nett«, sagte Karo vorsichtig und schielte etwas unsicher zu Bruno heinüber. »Was meint ihr? Soll er dabei sein? Ich meine, bei uns, bei Parzelle 4 ?«
Wolle und Jo tauschten Blicke aus. Nur kurz, aber für Karo lange genug. Sie hatten also längst bemerkt, was mit ihr und Devin los war. Vor guten Freunden ließ sich einfach nichts verbergen. Sonst wären es keine guten Freunde.
»Also ich hab nichts dagegen«, meinte Wolle so gleichgültig wie möglich.
»Von mir aus ist er dabei«, schloss sich Jo an.
Jetzt sahen alle Bruno an, als wenn er der Richter wäre, in dessen Macht es stand, jemanden zu begnadigen oder zu verurteilen.
»Was glotzt ihr mich denn so an?« Bruno fühlte sich sichtlich unwohl in seiner Haut. Er hustete unsicher. »Grundsätzlich habe ich nichts dagegen«, sagte er zögernd. »Aber schließlich kennen wir ihn erst ein paar Tage.« Er zögerte abermals und blickte Karo etwas gequält an. »Wenn du möchtest … ich meine, wenn ihr wollt … von mir aus, versuchen wir es mit ihm.«
Karo sah ihn dankbar an und nahm sich vor, bei Gelegenheit mit Bruno zu reden. Obwohl das bestimmt nicht einfach werden würde. Ein bisschen fühlte Karo sich wie eine Verräterin. Andererseits war sie sich keiner Schuld bewusst. Schließlich hatte sich an ihrer Freundschaft zu Bruno nichts geändert. Da sollte sich auch gar nichts ändern. Aber für Bruno war es vielleicht so, als drängte sich einer mit Macht zwischen sie. Und dass dies überhaupt möglich war, schien das eigentlich Schmerzvolle zu sein. Warum musste auf einmal alles so kompliziert sein? Ihr Vater war ja schließlich auch nicht eifersüchtig auf sie, nur weil sie ihre Mutter ebenso liebte wie ihn. War da etwa nicht genug Platz in ihrem Herzen für alle Menschen, die ihr wichtig und teuer waren? Plötzlich begann sie selbst daran zu zweifeln. Denn wenn sie ehrlich mit sich war, gab es im Moment eigentlich nur ein einziges übermächtiges Gefühl, und das galt Devin.
An diesem Morgen schwärmten die Parzelle-4 -Bewohner in unterschiedlichsten Missionen aus. Wolle war mit ihrer Mutter zum Shoppen in der Stadt verabredet, Jo musste heute mit ihren Kaninchen zum Tierarzt, und Bruno half seiner Mutter beim Tapezieren. Karo selbst blieb noch eine Weile im Garten und kämpfte emsig gegen das Unkraut an, damit es nicht vollends die Überhand gewann. Dabei hatte sie wenigstens Zeit, in Ruhe über ihr Gefühlschaos nachzudenken. Dann brach sie ebenfalls auf, um ein weiteres Mal Frau Erichsen im Krankenhaus zu besuchen. Schließlich war sie ziemlich neugierig, ob ein gewisser Arne, auch Cosimo genannt, sein Versprechen gehalten hatte. Vorher wollte sie noch schnell zu Hause vorbeischauen, damit ihre Eltern am Ende nicht auch noch eine Vermisstenanzeige aufgaben. Außerdem hatte ihre Mutter bestimmt wieder eine Kleinigkeit für Frau Erichsen, die sie mitnehmen sollte. In solchen Dingen war ihre Mutter einfach unschlagbar, und erstaunlicherweise schien trotz Ausgabensperre für derlei Aufmerksamkeiten immer noch ein wenig Geld übrig zu sein. So ließ sie Bodo als Einzigen in Parzelle 4 zurück und schärfte ihm ein, den Garten auf Gedeih und Verderb vor möglichen Kaufinteressenten zu schützen.
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Doppelkopf im Vierbettzimmer
A ls Karo die Eingangshalle des Krankenhauses betrat, kam es ihr fast so vor, als hätte sie sich bereits an die Atmosphäre gewöhnt. Erstaunt stellte sie fest, dass sie heute keinen Brechreiz von dem hier herrschenden Geruchscocktail bekam und sich auch nicht mehr ständig umsah, als könnte sie jeden Moment von einem mit Mundschutz maskierten Chirurgen in einen Operationssaal gezerrt werden, um dort ihren Blinddarm zu opfern. Stattdessen hüpfte sie beschwingt die Stufen des Treppenhauses empor, als plötzlich im zweiten Stock die große Flügeltür aufschwang und zwei Jungen ihr entgegenkamen. Fast wären ihr vor Schreck die Erdbeeren, die sie heute für Frau Erichsen dabeihatte, aus der Hand gefallen. Denn der eine von den beiden war – Devin!
Völlig entgeistert sah sie ihn an und stotterte: »Äh … was … was machst du denn hier?«
»Meine Oma«, antwortete Devin mit leiser Stimme. Er sah ziemlich blass und besorgt aus. »Sie ist vorgestern vor ihrer Wohnung gestürzt und hat einen Oberschenkelhalsbruch.« Er senkte den Kopf. »Ich komm mir so unendlich mies vor. Da hatten meine Eltern also schon genug Sorgen am Hals …«
»Und da muss der kleine Bruder auch
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