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Trennung ohne Rosenkrieg - ein psychologischer Wegweiser

Trennung ohne Rosenkrieg - ein psychologischer Wegweiser

Titel: Trennung ohne Rosenkrieg - ein psychologischer Wegweiser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klett-Cotta Verlag
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Erinnerungen, um alles, was vorbei ist. Das Nachsinnieren über die Vergangenheit gehört dazu, kann jedoch ein unerträgliches Maß annehmen, sodass wir vom Schlaf oder anderen wichtigen oder angenehmen Dingen abgehalten werden. Wenn wir wollen und entschlossen üben, können wir die Kontrolle über unsere Gedanken zurückgewinnen. Wir können lernen, darüber zu bestimmen, womit wir uns gedanklich befassen wollen und womit nicht. Damit entscheiden wir auch, mit welchen Gefühlen wir zu rechnen haben. So haben wir auf unsere Gedanken und Gefühle Einfluss, auch auf unser Grübeln.
    Hierzu schlage ich Ihnen ein kleines Experiment vor.
    ▶ ÜBUNG: GRÜBELN JA, ABER NICHT STÄNDIG
    Stellen Sie sich Folgendes vor:
    Sie laden Ihren ›inneren Grübler‹ als Gast ein. Sie wissen, dass er nach einer bestimmten Zeit wieder gehen wird. Sie entscheiden sich, Ihren Gast, den ›Grübler‹, jeden zweiten Tag einzuladen und sich ihm ganz zu widmen. Sie beginnen an einem ungeraden Tag und geben ihm mindestens dreißig Minuten und höchstens ein Stunde Zeit, alle guten und schlechten Erinnerungen aus Ihrer vergangenen Beziehung zu erzählen und aufzuschreiben. Ihr ›innerer Grübler‹ soll die ganze Zeit ohne Pause schreiben, auch wenn sich Sätze oder Erinnerungen mehrmals wiederholen. Ist die von Ihnen festgesetzte Besuchszeit vorbei, verabschieden Sie sich von Ihrem ›Grübler‹ (Gast) für heute. Am nächsten geraden Tag, möglichst zur selben Zeit, lesen Sie das Geschriebene laut durch und zerreißen oder verbrennen es. Am übernächsten, ungeraden Tag laden Sie wieder zur selben Zeit Ihren ›inneren Grübler‹ zum Erzählen und Schreiben ein.
    Sollte der ›Grübler‹ zwischendurch ungeladen zu Ihnen zurückkehren wollen, verweigern Sie ihm den Zutritt und verweisen ihn auf den nächsten ungeraden Tag, an dem Sie ihn wieder einladen werden. »Jetzt denke ich über etwas anderes nach und habe Besseres zu tun.« Wenn Sie dieses kleine Experiment ausprobieren möchten, empfehle ich Ihnen einen Zeitraum von einer Woche, nach Bedarf auch länger. Übung verändert nach Steve de Shazer 2010
    Wird es aufgrund der räumlichen und emotionalen Trennung unausweichlich, die Trennungsrealität anzuerkennen, öffnet sich der Weg zur emotionalen Ablösung. Das zeigt sich oft in kleinen symbolischen Handlungen: z. B. die Fotos des getrennten Partners wegräumen, sich mit anderen Trennungsbetroffenen zusammentun, die Wohnung umräumen, sich juristisch hinsichtlich einer Scheidung informieren . Das deutlichste Anzeichen dafür, dass sich die Trauer dem Ende zuneigt, beschreiben Trennungsbetroffene als ein erleichterndes Gefühl, »überlebt zu haben«, und als aufkommende Zuversicht, es allein schaffen zu können. Die Gedanken und Gefühle sind trotz wiederholter Einbrüche nicht mehr rückwärtsgewandt, sondern auf das Hier und Jetzt mit Blick in die Zukunft gerichtet.
    Darin liegt zugleich die Chance des Abschieds und der Trauer: etwas Verlorenes aufzugeben und Neues für sich zu gewinnen, andere Lebensmöglichkeiten, die mit dem Ex-Partner nicht möglich waren. So könnte man frei nach Hermann Hesse sagen: » Jedem Abschied wohnt ein Zauber inne« …, auch wenn Sie es bisher nur erahnen.

    Wer oder was ist schuld?
    (Wir verschwiegen, was gesagt werden musste).
    Warum? Wir wollten uns nicht verlieren.
    Marie Luise von Kaschnitz
    Viele von uns meiden den Begriff der Schuld und fragen sich doch immer wieder, wer eigentlich schuld ist an der Trennung. In diesem Zusammenhang spreche ich lieber von anteiliger Verantwortung. Gleichwohl kennen wir alle Schuldgefühle und wissen, dass wir einander und uns selbst immer wieder etwas schuldig bleiben. Frisch getrennte Paare weisen sich gern gegenseitig die Schuld für das gemeinsame Scheitern zu. Zum einen, um sich selbst zu entlasten, zum anderen, um das angegriffene Selbst zu stabilisieren. Somit ist es anfangs schwer, sich selbst zu hinterfragen, doch solange wir uns nicht als Teil des Beziehungsproblems sehen, werden wir auch nicht Teil der Lösung.
    Für die meisten Betroffenen hat die Ehe einen hohen Wert, der durch die Trennung infrage gestellt wird. Deswegen haben sie jetzt ein schwieriges Deutungsproblem, wenn sie erklären wollen und müssen, warum ihre Ehe endet. Manche helfen sich mit einer Umdeutung und negieren die Bedeutung der Beziehung: Diejenigen, die gehen, sind plötzlich davon überzeugt, dass ihre Ehe oder Beziehung »von Anfang an schwierig und letztendlich zum

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