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Treue in Zeiten Der Pest

Treue in Zeiten Der Pest

Titel: Treue in Zeiten Der Pest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Espen
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Le Drennec zogen, wo sich eine Kapelle mit einem meisterhaft ausgeführten Kalvarienberg und ein geweihter Brunnen befanden.
    Uthman hasste den Fanatismus dieser Menschen. Er glaubte nicht an die Wunder, die sie sich durch ihr Tun erhofften. Er glaubte überhaupt nicht an Wunder. Henri und Sean hatten sich allerdings scheinbar in Luft aufgelöst. War das etwa kein Wunder? Wie waren sie aus der Stadt herausgekommen? Oder befanden sie sich tatsächlich noch innerhalb der Mauern?
    Der Sarazene ging weiter. Am Ufer des Steir, eines kleinen Flusses, der die Stadtmauer zu weiten Teilen unterirdisch durchfloss, blieb er abermals stehen. Hier hatte er Henri und Sean aus den Augen verloren. Er blickte auf die wenigen Häuser, die dort standen. Nur zwei oder drei davon besaßen Eingangstore, die hoch genug waren, um Wagen oder Reiter durchzulassen. Und nur hinter einer Fassade brannte Licht. Uthman ging auf dieses Haus zu. In der Nähe des Eingangs suchte er nach Hufspuren, aber ausgerechnet hier war der Weg gepflastert.
    Da vernahm er plötzlich Stimmen, die ihm bekannt vorkamen. Konnte das sein, oder täuschte er sich? Uthman horchte genauer, doch die Stimmen blieben undeutlich. Es hatte keinen Zweck, er musste es wagen. Er schulterte seinen Kräuterbeutel, den er während der Spurensuche am Straßenrand abgestellt hatte, und klopfte an die Tür des Hauses, in dem er die Freunde vermutete.
     
     
    Henri und Sean sprangen überrascht auf, als sie erkannten, wer da eintrat. Freudig und erleichtert begrüßten sie den Freund.
    Uthman berichtete als Erster, was er erlebt hatte, dann war Henri an der Reihe. Monacis stellte inzwischen ein weiteres Geschirr auf den Tisch, sodass auch Uthman sich stärken konnte. Während die Freunde miteinander sprachen, hörte der Medicus nur zu. Er bot ihnen keinerlei Anlass, ihm zu misstrauen. War es möglich, fragte sich Henri, dass dieser Mann völlig andere Ansichten vertrat als sie und dennoch kein Feind war?
    Das Gespräch dauerte lange. Aber ein Thema vermieden sowohl Henri als auch Uthman konsequent: die Befreiung Joshuas. Ihr Plan musste unbedingt geheim bleiben, darüber waren sie sich stillschweigend einig. Monacis hätte ihn verraten müssen, allein schon deswegen, um seine neu erworbene Reputation bei den Stadtoberen nicht zu verlieren. Also verschob Henri das Gespräch über Joshuas Befreiung auf die Nacht, wenn er mit Uthman allein sein würde.
    Die Männer begaben sich bald zur Ruhe. Monacis hatte ihnen einen Schlafplatz in einer Kammer unter dem Dach bereitet, wo ehemals wohl seine Kinder genächtigt hatten. Er selbst kündigte an, in aller Frühe zu Krankenbesuchen aufzubrechen. Sean wollte ihn dabei begleiten, zuerst zu Angélique, bei der André jetzt wachte, dann zu einigen anderen Kranken, die ebenfalls Merkmale einer Infizierung zeigten.
    Sobald sie allein waren, begannen Henri und Uthman miteinander zu flüstern.
    Sie mussten unbedingt jemanden finden, der wusste, wohin man Joshua verlegt hatte, und der ihnen dies auch sagen würde. Doch wer konnte das sein?
    »Vielleicht weiß Monacis etwas über seinen Verbleib«, spekulierte Uthman.
    »Nein«, sagte Henri. »Mit solchen Dingen gibt er sich nicht ab. Außerdem würde er uns ohnehin nichts verraten. Er gibt den Juden die Schuld an der Seuche.«
    »Ein so kluger Mann? Das hätte ich nicht gedacht.«
    »Ich verstehe es auch nicht.«
    »Lass uns morgen in der Stadt Erkundigungen einziehen.«
    »Wir müssten uns tarnen, zumindest ich muss es. Du kannst dich wahrscheinlich ungehindert frei bewegen. Und Sean auch.«
    »Lass uns zur Herberge zurückgehen, Henri. Der Wirt wird uns nicht verraten. Vielleicht haben er oder sein Weib als Ortskundige ja eine Idee, wo Joshua eingekerkert sein könnte. Wenn dem so ist, werden sie es uns sicher sagen.«
    »Du traust ihnen?«
    »In diesen Tagen kann man niemand trauen. Aber irgendjemanden müssen wir fragen. Denn ich glaube nicht, dass du noch irgendetwas aus dem Bürgermeister herausbekommst.«
    »Daran glaube ich auch nicht mehr.«
    »Dann lass uns gehen.«
    »Jetzt?«
    »Ja, jetzt ist es am sichersten. Und je schneller wir handeln, desto besser für Joshua.«
    Die beiden Freunde weckten Sean, der bereits eingeschlummert war, und erklärten ihm ihren Plan. Der Knappe sollte Monacis am nächsten Morgen erzählen, die beiden hätten noch wichtige Schriftstücke und Habseligkeiten in der Herberge zurückgelassen, die nicht unbeaufsichtigt bleiben durften.
    So leise sie konnten,

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