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Treuepunkte

Treuepunkte

Titel: Treuepunkte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fröhlich
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Schnuff braucht. Zitronig, aber nicht herb, riecht das Teil. Ein angenehmer Duft. Ein Duft, der perfekt zu Belle Michelle passen würde. Wieso riecht das Hemd von Christoph nach dieser Frau? Hat sie ihr schönes Köpfchen an seine Brust gelegt? Sich in meinen Mann gekuschelt?
    Ich nehme mir das Jackett vor und überprüfe die Taschen. Schon während ich das tue, fühle ich mich schlecht. So blöd wäre Christoph niemals und außerdem, wenn da was ist, ist er über das Zettel-in-der-Jacke-Stadium längst hinaus. Er lädt sich seine Geliebte ja schon ins Haus ein. Da muss man sich ja nun wirklich keine versteckten Botschaften mehr zustecken.
    Ich überlege, mich wieder aufs Sofa zurückzuziehen. Aber mein Bett – unser Bett – sieht zu verlockend aus. Außerdem sollte ich morgen früh einigermaßen frisch sein. Schließlich ist morgen mein erster Arbeitstag. Ich freue mich. Vor allem auf die Gesichter des Bürotraumpaars. Mit diesem herrlichen Gedanken schlafe ich ein.

5
    Um halb sieben geht unser Wecker. Ich drehe mich vorsichtig zu Christoph um und versuche zu erspüren, wie die emotionale Lage im Reihenhäuschen ist. Nach einem ersten Blick in sein Gesicht würde ich sagen: mittelmäßig. »Schönen Abend gehabt?«, fragt er mich. »Hmm, hmm, ja schon«, sage ich und gehe nicht ins Detail, sondern frage direkt zurück. »Und selbst? War’s nett mit deiner Michelle?« »Die war nur kurz hier und ehrlich gesagt, sie nervt ein bisschen«, antwortet mein Mann, grunzt nochmal und schwingt sich dann aus dem Bett.
    Warum diese seltsame Behauptung? Aha, womöglich hat er seine Taktik geändert. Will er mein Misstrauen besänftigen? Wird sie ihm zu aufdringlich? Verlangt sie vielleicht sogar eine Entscheidung? Ich meine, ich bin nun wirklich nicht auf ihrer Seite (das wäre wohl auch zuviel verlangt!), aber in der Hinsicht könnte ich sie sogar verstehen. Die Geliebte eines verheirateten Mannes zu sein, ist mit Sicherheit eine äußerst undankbare Angelegenheit. Vor allem auf Dauer. Steht ja auch so in allen Ratgebern: »Wenn er sich nicht in den ersten Wochen entscheidet, seine Familie zu verlassen, wird er es nie mehr tun.« So schlau, das zu wissen, wird Belle Michelle garantiert auch sein. Oder es ist alles nur eine Finte. Er will, dass ich Ruhe gebe. Auch seltsam ist, dass er bisher kein Wort über den gestrigen Schweinestall verloren hat. Das passt nicht zu ihm. Ich hatte zumindest eine kleine Predigt erwartet – von wegen: »Ich arbeite und du bist zu
Hause und dann so was.« Aber er erwähnt die Sache mit keinem Wort. Rätsel über Rätsel.
    »Ich wecke die Kinder, du kannst liegen bleiben. Ich mache Frühstück und nehme sie mit, wenn ich ins Büro fahre.« Noch ein Rätsel. Nimmt der Valium oder irgendeine Hallo-das-Leben-ist-so-schön-Wundertablette?
    Liegen bleiben – schön wäre das schon. »Nein, ich habe einiges zu tun heute. Ich muss auch raus«, sage ich nur und denke: »Du wirst schon noch sehen, was ich zu tun habe.« Ich muss kichern, weil ich mich dermaßen auf sein Gesicht freue, wenn er mich in seiner heiligen Kanzlei entdeckt.
     
    Es ist ein ruhiger Morgen, aber unterschwellig kann man spüren, dass irgendwas nicht stimmt. Die Kinder scheinen besondere Antennen dafür zu haben. Verwunderlich, neigen sie doch ansonsten nicht zu besonderer Sensibilität.
    Ich halte es sowieso für ein Gerücht, dass Kinder sensibler sind als Erwachsene. Im Gegenteil. Die meisten Kinder, die ich kenne, meine eigenen eingeschlossen, sind reichlich robuste Naturen, die ungehemmt sagen, wozu sie Lust haben, ohne Rücksicht auf die Befindlichkeiten anderer.
    Aber heute Morgen sind sie quasi handzahm, betonen immer wieder, wie toll es gestern Abend war und zu meinem Leidwesen (ich glaube auch zu Christophs – er rutscht nämlich nervös auf seinem Stuhl rum) erzählt Mark dann noch in aller Ausführlichkeit, wie schön Belle Michelle sei und dass sie ihm sogar eine Geschichte vorgelesen habe. »Die Frau ist sooo lieb«, sagt er mehrfach und ich muss mich sehr beherrschen, um nicht zu sagen:
»Es langt. Ich will diesen Namen in meinem Haus nicht mehr hören.« Müsste sich mein Sohn heute Morgen entscheiden, bei wem er den Rest seiner Kinder- und Jugendzeit verbringen wollte, ich hätte Bedenken, ob das Ergebnis zu meinen Gunsten ausfallen würde.
    Claudias Urteil ist mir wesentlich sympathischer. Sie findet, dass Belle Michelle eine Schleimerin ist. »Und sie stinkt«, ergänzt sie noch. Christoph sagt: »Na, das ist

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