Treuetest - Brody, J: Treuetest - The Fidelity Files
jemanden?«
Er blickte hoch und lächelte anzüglich. »Schon mein ganzes Leben, und wie es aussieht, hat das Warten endlich ein Ende.«
Ich musste sehr an mich halten, um nicht die Augen zu verdrehen. Jetzt bloß keine Fehler machen. Ich kicherte, als hätte er mir soeben das größte Kompliment meines Lebens gemacht. »Nein, ich meine, wartest du auf jemand Bestimmtes?«
Er nickte. »Ja, allerdings. Auf einen Geschäftspartner.«
Er kam in Frage, aber ich musste Vorsicht walten lassen.
Ich runzelte lächelnd die Stirn. »Oh, verstehe.«
Aus dem Augenwinkel registrierte ich, wie Kandidat Nummer
drei seine Brieftasche zückte und einen Zwanziger neben die Rechnung auf den Tisch legte. Er rüstete sich zum Aufbruch. Ich musste dringend herausfinden, ob mein Gegenüber tatsächlich Jason Trotting war oder bloß ein Loser, der gern billige Anmachsprüche klopfte.
»Wartest du denn auf jemanden?«, fragte er jetzt.
Noch ehe ich antworten konnte, erhob sich Kandidat Nummer drei und klemmte sich eine weiße Hochglanzmappe unter den Arm. Ich legte den Kopf schief und spähte mit zusammengekniffenen Augen auf das Logo auf der Vorderseite.
Fiztech.net.
Bingo!
In Panik blickte ich von Kandidat Nummer drei zur Tür, von der mich etwa zwanzig Schritte trennten.
»Ja, und ich glaube, das ist er«, sagte ich zu Nummer zwei und hastete in Richtung Ausgang, um Nummer drei, der eben seine Laptoptasche schulterte, den Weg abzuschneiden. »Hi! Tut mir leid, dass ich zu spät komme. Du musst Charlie sein.«
Er musterte mich verwirrt: Hatte er etwas falsch verstanden? War Vartan in Wahrheit eine Frau? Oder hatte er diese Frau geschickt, um an seiner Stelle das Geschäft abzuschließen? Doch warum nannte sie ihn Charlie?
»Nein, ich heiße Jason«, korrigierte er mich, wohl in der Hoffnung, ich würde mir mit der flachen Hand auf die Stirn klopfen und rufen: »Ach, richtig. Entschuldigung. Mein Fehler.«
Doch das tat ich nicht.
Stattdessen ließ ich Schultern und Mundwinkel hängen und sagte: »Oh. Mist. Dich finde ich nämlich auch süß.«
Das warf ihn völlig aus der Bahn. »Wie, bitte?«
Ich kicherte. »Entschuldige. Ich bin hier zu einem Blinddate
verabredet. Keine Ahnung, wie der Typ aussieht. Ich hatte irgendwie gehofft, du wärst es, aber er hat mich wohl versetzt.« Ich verzog den Mund, als Ausdruck meiner Enttäuschung und meines angeknacksten Selbstbewusstseins.
Er sah mich mitfühlend an. »Also, wenn es dich tröstet, ich bin auch versetzt worden.«
»Blinddate?«
Er schüttelte den Kopf. »Nein, ein Geschäftspartner. Hätte ein Riesen -Deal werden können. Aber wie es aussieht, werde ich auch die kommenden acht Monate bei Carl’s Jr. Fastfood in mich hineinstopfen.«
Ich lachte. »Oje. Wie wär’s, sollen wir unseren Kummer in einem Cocktail ertränken?«
Diesmal durfte ich ausnahmsweise den ersten Schritt tun, da dies keiner meiner Tests war und Jason – jedenfalls soweit ich das beurteilen konnte – kein betrügerischer Ehemann, Freund oder Verlobter. Ich musste es sogar; ich war auf ihn angewiesen und nicht bereit, ihn gehen zu lassen, ehe ich ihm die Information, die ich benötigte, entlockt hatte.
Beim zweiten Drink ging ich zum Angriff über. Jason hatte mir von seiner Web-Hosting-Firma erzählt und geklagt, er käme mit den Einkünften kaum über die Runden und müsste wohl bald wieder in einem Großraumbüro sechzig Stunden die Woche als Programmierer schuften, wenn er nicht demnächst einen großen Coup landete.
Ich sprach ihm Mut zu, nicht ganz uneigennützig. »Ach, was. Du musst doch zumindest schon einen dicken Fisch an der Angel haben, mit dem du dich über Wasser hältst.«
Er zuckte die Achseln und trank einen Schluck Bier. »Ja, schon«, sagte er lässig. »Ich hab da neulich einen größeren Auftrag an Land gezogen. Irgendein hohes Tier aus der Gegend wollte ein paar Hundert Gigabyte Webspace haben. Klang allerdings nicht, als wäre das etwas Längerfristiges.«
Das musste er sein. Aus der Gegend, neuer Auftrag, nicht langfristig.
»Na, das klingt doch recht vielversprechend«, sagte ich aufmunternd. »Was ist das denn für einer?«
Wieder zuckte er die Achseln. »Keine Ahnung. Wir haben nur telefoniert, und er wollte mir seinen Namen nicht nennen. Dürfte wohl irgendeine streng geheime Operation sein... Aber jetzt erzähl doch mal ein bisschen von dir .«
»Du weißt nicht einmal seinen Namen?«, platzte ich verzweifelt heraus. Dann setzte ich rasch ein kokettes Lächeln
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