Trias
die erfolgreiche Vernichtung des Konvois. Ein paar Männer zeigten das Victory-Zeichen. Auf den Monitoren sahen die Abwehrspezialisten nur noch dichten schwarzen Qualm, mehrere Erdkrater und aus den Berghängen herausgeschlagene, breite Felsspalten. Die gespenstische Szenerie wurde von brennenden Bäumen und Büschen beleuchtet.
Wind trieb die Asche der Fahrer mit dem Flugsand des Tals in die Anhöhen rund um die ukrainischen Tiefebenen um Uschhorod.
In der konspirativen BND-Wohnung in der Berliner Philippstraße hatten zwei Männer minutenlang fassungslos auf ihren Bildschirm gestarrt, dem messerscharfe Bilder vom Einschlag der Raketen geliefert worden waren. Paul Hess war immer noch wie gelähmt. Hans Strachow war indes aufgesprungen und hatte unablässig ein sehr deutsches Schimpfwort gebrüllt, das in dem schallisolierten Raum wie ein Hohlkörper gegen die Wände geprallt war. Und dann, Sekunden später, brachen sich ihr Entsetzen, ihre Fassungslosigkeit Bahn. Hess sah garstig auf Strachow.
»Jetzt halten Sie endlich die Schnauze!«, verlangte er erregt. » Woher, zum Teufel, konnten die Amerikaner von diesem Transport wissen? Wer war außer uns und dem Marokkaner noch in die Sache eingeweiht? Wer , Strachow?« Sein Jähzorn trieb in Hess sadistische Fantasien hoch. Sie kreisten nicht mehr nur um Stahlseile, die sich um Strachow wie die Fangarme einer mörderischen Riesenkrake legten. Dieses Mal würde er ihn härter anpacken als im Keller des BND. Zuerst würde er ihn mit einem Elektroschocker bewegungsunfähig machen, dann ihn mehrmals mit kaltem Wasser übergießen und auf den hilflos Liegenden mit einem Schlagstock einschlagen, in dessen Kopf feine Nadelspitzen eingearbeitet waren. Eine neue Spezialität der Polizei aus Israel, von der Hess ein paar Exemplare von Mossad-Kollegen geordert hatte.
Anschließend würde er Strachow aus seiner Abteilung strafversetzen lassen. Vielleicht in die Poststelle? Auf Hess’ Gesicht lag die pathologische Glückseligkeit eines Wahnsinnigen. Er war so außer sich, dass seine Unterlippe vibrierte. Böse blickte er zu Strachow, erwartete eine Antwort und wusste doch, dass es keine gab. Es sei denn, Strachow gäbe zu, ein Verräter zu sein. Doch das schloss er aus. Dennoch war er der Verantwortliche der Operation gewesen. Deshalb würde er ihn bestrafen. Aber da waren noch die Chinesen. Hess schwirrte der Kopf. Wie würden sie angesichts dieser Pleite reagieren? War sein Leben überhaupt noch sicher?
»Wie geht es denn nun weiter?«, fragte Strachow kleinlaut. »Soll ich den Marokkaner überprüfen lassen? Es war ja Ihr Kontakt, wenn ich mich nicht irre.«
Hess wirbelte auf dem Stuhl zu ihm herum. Strachow sprang geistesgegenwärtig zur Seite, während sein gewichtiger Chef auf den Boden rutschte und dort wie ein gestrauchelter Stier atemlos liegen blieb.
»Ich mache Sie fertig!«, ächzte das Schwergewicht.
Strachow blickte abschätzig auf seinen am Fußboden liegenden Chef.
»Ich versetze Sie in die Poststelle!«, kreischte Hess hysterisch. Er kam einfach nicht vom Boden hoch.
Strachow war bereits an der Tür. Sein Blick war voller Hass.
»Ich habe es auch satt, Sie ekelhafter Fettsack!«
Er presste eine Hand auf die Scanner, die Türen öffneten sich und schlossen sich sogleich hinter ihm.
Es war noch sehr früh am Morgen.
General Lee Kong hatte in Peking Minuten zuvor noch bei Hühnerbrustfilet im Mandelmantel mit Basmatireis gesessen, als ein Mitarbeiter der Hauptverwaltung »Aufklärung« eine Verbindung zu einem chinesischen Aufklärungssatelliten für ihn herstellte. Er lieferte etwas zeitversetzt dieselben Bilder, die auch das Berliner Terrorabwehrzentrum gerade eben aus dem Orbit erreicht hatten.
»Waaaaasss?«, schrie Kong ganz und gar unchinesisch. Fassungslos sah er auf die glasklaren Bilder seiner persönlichen Niederlage. Als es vorbei war, drückte er mehrmals auf Replay , verfolgte den Angriff wieder und wieder. Seine Stimmung schlug um in Zorn und heiße Wut. Er wählte die Nummer von Kamidou Saanigri, doch das Telefon klingelte ins Leere. In Berlin meldete sich nur die Mailbox. Er drückte auf einen Knopf seiner Sprechanlage. Regungslos und mit ergebenem Blick nahm ein Mitarbeiter das rasende Bellen Lee Kongs entgegen. Er machte sich zwei Notizen.
Als Kong kurze Zeit später von Generalstabschef Zhou, dem Oberkommandeur der chinesischen Streitkräfte, und Ministerpräsident Jiang, Chinas mächtigstem Mann, einbestellt wurde, drückte
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