Trias
an ihn heran und drückte ihm die Mündung einer Baretta an die Schläfe.
»Und nun walte deines Amtes, Barbier. Wie man sauber schneidet, hast du schließlich gelernt.« Der zögerte und zitterte, wie unter Strom gesetzt.
»Mach schon, sonst stirbst du als Erster.« Der Killer entsicherte seinen Revolver. Klack. Der Barbier zuckte zusammen. Saanigri beobachtete durch den Spiegel die Szene hinter sich. Millimeter für Millimeter schob er seine vom Friseurtuch bedeckten Hände zu seiner Waffe, die in seiner Innentasche steckte. Die schwarze Automatik war zwar nur ein Kleinkaliber, doch wenn sie traf, töteten auch ihre Kugeln. Ganz dicht war er an ihr dran, fühlte schon ihren kurzen Lauf. Er hatte keine Furcht mehr. Er nahm sich vor, mindestens einen der Killer zu töten, bevor man ihn selbst zur Hölle schickte. Fest umspannte er ihren Griff und zog sehr langsam den winzigen Hahn zu sich.
Der Anführer des Quintetts bemerkte aus den Augenwinkeln, dass sich unter dem Friseurtuch von Saanigri etwas tat. Er sah nicht mehr als den Aufwurf einer Falte, die sich um Millimeter hob und wieder senkte. Blitzschnell riss er seinen Revolver von der Schläfe des Barbiers und schoss genau dorthin. Der Lärm erschreckte alle Beteiligten, auch Saanigri, doch die Kugel hatte ihn nicht getroffen. Sie war glatt durch das Tuch in den Boden eingeschlagen. Dennoch tat der Marokkaner so, als sei er verletzt. Er stöhnte auf und ließ den Kopf nach vorn sinken. Der Barbier nutzte die Situation und stach mit seinem Messer auf den Schützen ein. Der schlug dem Friseur mit dem Kolben direkt auf den Mund. Zähne splitterten, Lippen rissen auf. Er schoss ihm in die Stirn. Der Barbier brach beinahe sofort und mit ungläubigem Staunen in den Augen zusammen.
Saanigri nutzte den Lärmpegel, um den Hahn der Automatik zu spannen, drehte den Lauf der Waffe durch seinen Umhang in Richtung der anderen Männer, die seitlich von ihm standen. Als Orientierung half ihm der Spiegel. Er drückte viermal mit flachen, matten Geräuschen ab. Drei der Männer brachen nicht sofort zusammen, starben aber gemeinsam. Der vierte Angreifer hechtete zur Seite, zog dabei seine Waffe und schoss Saanigri aus weniger als zwei Metern Entfernung direkt zwischen Ohr und Kiefer. Der Marokkaner sackte schwer gegen die Lehnen des Friseurstuhls, die Augen offen, den Rücken halb zum Spiegel gewandt.
Weiß vor Wut versenkte der unverletzt gebliebene Anführer der Gruppe sein Magazin vollständig im Oberkörper des Marokkaners. Lachen von Blut durchtränkten das weiße Tuch Saanigris. Der Barbier lag zusammengekrümmt auf der Erde, sein Gesicht war bis zur Unkenntlichkeit zerstört. Der Schusswechsel hatte nur wenige Sekunden gedauert.
22
Peking, Regierungspalast, 8. Dezember, 7:45 Uhr Ortszeit
Mit dem ergebnislosen Verhallen des chinesischen Protests war die Zustimmung zu Lee Kongs Plan einer Erpressungsstrategie nur noch eine Formsache. Ausgerechnet Staatschef Jiang zitierte den umtriebigen General für diese delikate Aufgabe zu sich. Es war 7 Uhr 45 chinesischer Zeit. Der Spionagechef sah sich einem Mann gegenüber, dessen Augen wütend blitzten.
»Diese … diese Europäer führen uns vor, als seien wir ihre Schüler. Das ist nicht akzeptabel.« Jiang sah aus, als werde er demnächst explodieren. General Kong gab sich äußerlich ruhig. Ehe sich Jiang besann und wieder vernunftgesteuert zu denken begann, musste Kong das innere Feuer des Ministerpräsidenten am Lodern halten. Jiang sollte emotional entscheiden, wenn es um die chinesische Sache ging. Kong lud deshalb seine Wortwaffen durch.
»In der Tat, Genosse Ministerpräsident. Seit der Schulterschluss zu Amerika quasi Staatsdoktrin der Europäer ist, müssen wir uns als Chinesen auf unsere genuinen Stärken konzentrieren: Loyalität, Vaterlandsliebe, Aufopferung. Nur so werden wir unseren Feinden den Schneid abkaufen.« Kongs Worte verfehlten ihre Wirkung nicht.
Jiang stimmte mit einer Kopfbewegung zu. Solche Worte gefielen ihm. Sie waren markig und ließen keine Zweifel an der Richtigkeit ihres Denkens und Handelns.
»Wie gehen wir nun vor?« Jiang sah erwartungsvoll auf General Kong. Der hatte sich seine Worte längst zurechtgelegt.
»Wir treten in eine neue Art des Kalten Krieges mit Amerika, Russland und Deutschland ein. Wir werden alle Ingredienzien der Machtspiele unseres wunderbaren Geheimdienstes ausschöpfen. Dabei spielen Zeit und Ausführung eine wichtige Rolle.«
»Was genau planen Sie?« Jiang klang
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