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Trias

Titel: Trias Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Kayser
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ungeduldig. Der General blieb bei seiner Taktik vernebelter Worte.
    »Wollen wir mit einer neuen Strategie Erfolg haben, müssen wir in spätestens fünf Tagen einen Brief formuliert und an die Empfänger übergeben haben. Darin bedrohen wir die Teilnehmer des G8-Gipfels mit einem Potenzial, von dem niemand auf dieser Welt wissen kann, dass wir es besitzen. Wir müssen davon ausgehen, Genosse Ministerpräsident, dass Trias entweder mit Beginn des G8-Gipfels oder im Verlaufe der dreitägigen Veranstaltung im deutschen Ostseebad Marienstrand unterzeichnet wird.« Kong blickte zu Jiang, der ihn mit seinen eisgrauen Augen fixierte. Abschließend sagte er: »Es ist an der Zeit, die Truppen zu sammeln. Sollten die drei Staaten nicht einlenken, wird sie die Unterschrift des Vertrages teuer zu stehen kommen.«
    »Alles schön und gut«, sagte Jiang schließlich. »Aber werden Sie mir nun sagen, was Sie mit Potenzial meinen?« Der Geheimdienstchef zog seine Stirn in Falten.
    »Ich habe nicht nur die Aufgabe, Sie zu schützen, ich habe die Pflicht dazu. Je weniger Sie über unsere - zugegeben perfide - Vorgehensweise erfahren, umso geringer die Gefahr, dafür offiziell belangt zu werden. Offen gesagt, Genosse Ministerpräsident: Wir werden nichts tun, was unserem wunderbaren Land schaden wird. Aber wir sind nicht umsonst der am meisten gefürchtete Geheimdienst der Welt. Wir wählen unsere Methoden nicht nach Moral, sondern nach Effektivität und zu erwartenden Ergebnissen aus.«
    Chinas mächtigster Mann hatte verstanden und fühlte gleichzeitig eine gewisse Ohnmacht gegenüber Kong. Der General, das spürte Jiang, sah sich als der eigentliche Boss unter den Machthabern der kommunistischen Partei.
    Über dem Abschied der beiden Männer aus dem Büro des Ministerpräsidenten lag eine angespannte Atmosphäre. Lee Kong verbeugte sich zwar kurz vor Jiang, bevor er dessen Amtsräume verließ; doch sein körperlicher Gestus strahlte dabei eine harte, militärische Strenge aus. Als sein Spionagechef gegangen war, spürte Jiang ein merkwürdiges Zittern seiner Hände.

23
    Berlin-Mitte, 9. Dezember, gegen 11:00 Uhr
    Beinahe zeitgleich klingelten die Telefone in sämtlichen Vorzimmern deutscher und internationaler Chefredakteure von Fernseh-, Radio- und Zeitungsredaktionen in Deutschland. Mitarbeiter des Bundespresseamtes luden zu einer kurzfristig anberaumten Berichterstattung an die sensibelsten Verkehrsknotenpunkte der Viermillionenstadt. An jenem Montag sollten selbst für den trainierten Betrachter des politischen Berlin merkwürdige Dinge passieren. Schweres Gerät der Bundespolizei und der Bundeswehr schob sich, aus allen Himmelsrichtungen kommend, langsam auf die großen Bahnhöfe der Stadt vor und riegelte sie innerhalb kürzester Zeit mit etwa 12 000 Beamten aus allen Bundesländern ab. Auch die drei Flughäfen Tegel, Tempelhof und Schönefeld sowie die ehemaligen Flugfelder der Alliierten in Gatow und Sperenberg glichen in wenigen Minuten einer Festung. Flüge wurden kurzfristig gestrichen, Züge auf offener Strecke gestoppt. Auf den wichtigsten Straßenkreuzungen im Ost- und Westteil der Stadt bildeten Polizeieinheiten massive Ringe, die für mehr als zwei Stunden undurchdringlich blieben. Von der plötzlichen Blockade war auch der einreisende Verkehr auf Autobahnen betroffen. Berlin glich einer Festung. Phantom-Bomber, MIG-29-Abfangjäger und vier brandneue Typhoon-Kampfflugzeuge überflogen in geringer Höhe das Zentrum der Stadt. Einzig die Medienleute hatten Zutritt zu der grandios organisierten Blockade und berichteten über das Ereignis, als filmten sie den Einstieg Deutschlands in einen Krieg.
    Die überraschende Präsenz Tausender Sicherheitskräfte und deren offensichtlich weit gehende Befehlsgewalt blieben auch den Heerscharen an Agenten der unterschiedlichsten Geheimdienste in Berlin nicht verborgen. Über die diplomatischen Vertretungen ihrer Länder gelangten die Informationen über die hermetisch abgeriegelte deutsche Hauptstadt an die jeweiligen Lagezentren der Regierungen. Einzig die Chinesen und Israel reagierten mit speziellen Anfragen, ob Berlin ein unerwartetes Sicherheitsproblem habe. Doch das Kanzleramt beschwichtigte. Die Abriegelung Berlins sei eine Art Übung für den Ernstfall einer massiven terroristischen Bedrohung. Während sich Tel Aviv mit der Auskunft begnügte, glühten zwischen der Pekinger Botschaft an der Berliner Jannowitzbrücke und der Kanzlei des Ministerpräsidenten die

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