Trickser: Sammelband: Der Iril-Konflikt - Zwischen allen Fronten (German Edition)
Das Gesicht trug unverkennbar die Züge Eren Gilescys. Regungslos lag der Körper auf der Rückbank, die künstlichen Augen starr und die Gliedmaßen unnatürlich steif. Die Brust des menschenähnlichen Roboters war geöffnet, ihr freiliegendes Innenleben bestand aus elektronischen und elektrischen Verbindungen, dazu mechanische Muskeln und Sehnen, die mit dem normalen Innenleben eines Menschen so wenig gemein hatten wie das einer Katze mit dem eines Toasters.
Über der Roboterkopie von Eren Gilescy schwebte Ega Rix. Er kippte seinen dreieckigen Körper nach unten und flog rückwärts in die geöffnete Brust des Roboters. Es klickte leise, als Rix’ Körper in die extra für ihn angefertigte Halterung fuhr. Im nächsten Moment schloss sich die Brust, und die Augen der Puppe starrten nicht mehr blicklos, sondern schienen voller Leben zu sein.
Blaine bewunderte Rix’ Arbeit. Die Augen sahen täuschend lebendig aus, ebenso die Bewegungen, mit denen sich der künstliche Gilescy aufsetzte, seine Kleidung entgegennahm und sich anzog. Der Kunstkörper verschwand unter Hose, Hemd, Schuhen und Jacke, und zu sehen waren nur noch die mit Kunsthaut überzogenen Hände und das Gesicht.
«Wie hört sich meine Stimme an?», kam es aus dem Mund der Puppe, der sich völlig synchron zu den Worten bewegte.
Blaine nahm ein kleines Gerät und stellte es auf Empfang. «Wie fühlt es sich an in der Haut eines Menschen?», fragte er.
Ega Rix erwiderte trocken: «Die Bedienung ist unübersichtlich – so ein Körper ist schon sehr sperrig.»
«Man gewöhnt sich daran.»
«Das habe ich nicht vor. Nichts für ungut.»
Das kleine Gerät in seiner Hand hatte die Stimme der Robot-Puppe mit den Originalaufzeichnungen verglichen, die Rix von Eren Gilescy gemacht hatte. «Die Stimme ist gut.»
«Ich bin so weit.» Rix öffnete mit der Roboterhand die Tür des Gleiters und stieg aus. Auf dem Parkticket stand die Haltebucht, in der Gilescys Gleiter stand. Rix fand ihn ohne Probleme und setzte sich hinters Steuer, ohne dass die Diebstahlsicherung anschlug.
Er tippte die Adresse von Gilescys Büro in den Navigationscomputer und schaltete auf Autopilot. Die Verkehrsleitzentrale der Stadt übernahm die Lenkung des Fahrzeugs. Das mochte die Fahrt vielleicht etwas verlängern, aber es war auf alle Fälle sicherer, als wenn Rix in einem ihm neuen, ungewohnten Körper das Fahrzeug gelenkt hätte. Die Sonne war vor kurzem hinter dem Horizont verschwunden. Die Arbeiter saßen zu Hause, allein oder mit ihren Familien beim Abendessen, und für die Nachtschwärmer war es noch zu früh. So brauchte er nur eine Viertelstunde, um Gilescys Büro zu erreichen.
Rix stieg aus und schlenderte den kurzen Weg über die Rasenanlage. Niemand war auf der Straße, und sollte ihn doch jemand ansprechen, würde er einfach antworten, dass er eine Nachtschicht einlegen müsse. Kurz vor der Tür berührte er die Lichtschranke. Da niemand im Büro war, öffnete sich eine kleine Klappe neben der Tür und ein elektronisches Auge starrte ihn an. Rix starrte zurück. Die Sicherheitsanlage des Hauses untersuchte sein Auge, verglich es mit den Abbildungen der Augen jener Personen, die Zutritt zu dem Büro hatten. Dabei zog Rix den elektronischen Schlüssel aus der Innentasche seiner Jacke und steckte ihn ins Schloss. Sollte der Sicherheitsanlage irgendetwas auffallen, musste er sofort verschwinden. Einen zweiten Versuch würde es nicht geben. Er wartete.
Nach einem endlos wirkenden Moment kam die Sicherheitsanlage zu der Erkenntnis, dass Eren Gilescy vor der Tür stand und gewährte ihm Einlass.
Rix war erleichtert, er hatte mit den Scans von Gilescy offensichtlich gute Arbeit geleistet. Dem Plan für heute Nacht dürfte also nichts mehr im Wege stehen.
Er verbrachte fast eine Stunde in Gilescys Büro, fand den Vertrag für die Yacht der Sorona-Klasse, löschte den Käufernamen und ersetzte ihn durch Tolobe. Er ließ den Vertrag offen und recherchierte in der Kundendatenbank. Da der Computer ihn als Eren Gilescy identifiziert hatte, besaß er Zugang zu allen vertraulichen Informationen – auch zu Kovo Lagans Bank- und Kontodaten, über die die Anzahlung für Lagans Yacht getätigt worden war. Rix kopierte Lagans Kontodaten in den frisierten Kaufvertrag der Sorona-Yacht. Nun würde die Yacht also an Frau Tolobe verkauft, bezahlt mit Geld von Kovo Lagans Konto.
Aber was fehlte, war Kovo Lagans Unterschrift unter einem Kaufvertrag, den er niemals in Auftrag gegeben hatte.
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