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Tricontium (German Edition)

Tricontium (German Edition)

Titel: Tricontium (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maike Claußnitzer
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des Raums gelehnt stand; offensichtlich zog er diese Unbequemlichkeit der Schmach vor, einen Stuhl zu beanspruchen, auf dem er doch keine sehr würdevolle Haltung hätte einnehmen können. »Er wäre als Geisel viel dienlicher gewesen – oder als Bote.«
    »Ja.« Ebbo lächelte verbindlich. »So musste sein Pferd genügen und das war keine sehr glückliche Lösung. Wir hätten Euch gern aus Tricontium vertrieben, das wisst Ihr so gut wie wir. Aber doch nicht mit Mord und Totschlag!«
    Bis zu diesem Zeitpunkt hatte sich Wulfila, der wie ein treuer Diener hinter Herrads Stuhl Aufstellung genommen hatte, nicht gerührt oder sonst in irgendeiner Weise eingemischt, doch nun spürte die Richterin eine leichte Berührung am Rücken, die sehr wohl eine stumme Aufforderung sein mochte, um Himmels willen das Geld zu nehmen und es nicht zu einem offenen Streit kommen zu lassen.
    »Mit einer Geldbuße ist es nicht getan«, sagte Herrad dennoch. »Die stellt allein das Recht in der Welt wieder her, hilft aber keinem Toten. Ich werde nicht fragen, ob Eure Barsakhanen den armen Wigbold anständig begraben oder ausgeplündert und am Wegrand verscharrt haben, denn daran ist nun nicht mehr viel zu ändern. Doch er war ein frommer Mann. Ihr solltet ein paar schöne Kerzen für ihn entzünden und in der Bischofskirche für seine Seele beten lassen. Er hatte keine Familie, die dafür sorgen könnte, also ist es nur angemessen, wenn Ihr Euch darum kümmert.«
    Ebbo und Asgrim sahen erleichtert aus, so billig davonzukommen. »Das soll geschehen«, versprach der Graf von Corvisium. »Wenn erst der Vogt begraben ist, wird dafür auch viel Zeit sein. Nebenbei, Ihr seid doch verwandt mit Geta, nicht wahr?«
    »Entfernt.« Nach allem, was geschehen war, sah Herrad keinen Grund, die Verbindung zu betonen.
    »Aber immerhin verwandt.« Ebbo schien seine Hände beschäftigen zu müssen und schichtete die Münzen zu einem sauberen Stapel auf, den er näher zu Herrad schieben wollte. Der Versuch misslang kläglich und die Solidi purzelten ihm über die Finger. »Das heißt, dass Ihr beim Begräbnis sprechen könnt. Es würde doch schäbig aussehen, wenn gar niemand aus der Familie da wäre! Seine Geliebte ist fort, seine Frau wird nicht kommen wollen und der eine erwachsene Sohn, den er hat … Nun, Ihr werdet wissen, wie es um den bestellt ist. Und irgendjemand muss doch ein paar Worte sagen.«
    Herrad sah von Ebbo zu Asgrim, der ernsthaft nickte, und wieder zurück. »Diese Stadt hat einen Bischof, und wenn ein Vogt stirbt, hält er für gewöhnlich selbst die Leichenpredigt.«
    »Für gewöhnlich, ja.« Ebbo begann, seinen umgestürzten Münzenturm neu zu errichten. »Aber in diesem Fall weigert er sich, aus gutem Grund. Seht Ihr, es ist so: Herr Geta ist mit ihm in Streit geraten, anscheinend darüber, dass der Vogt die Auflösung seiner Ehe anstrebte, was Herr Alberich nicht gutheißen konnte oder wollte. Man hat, ebenfalls aus gutem Grund, dieses Zerwürfnis größtenteils geheim gehalten, doch einige Leute aus Getas Haushalt haben mir das bestätigt, was der Bischof mir sehr erregt mitgeteilt hat. Es sieht nämlich so aus, dass Euer guter Verwandter mit der Bemerkung, zu Zeiten unserer Vorfahren sei man ohne lächerliche Bedenken dieser Art ausgekommen, unter weiteren Lästerungen nicht allein den Bischof hat stehen lassen, sondern gleich seine ganze Kirche mit. Es ging unter der Dienerschaft sogar das Gerücht, er hätte jüngst seinen Kaplan in den Fluss geworfen, aber in Wirklichkeit hat er den Mann wohl nur fortgeschickt. Gleichwohl sind die Voraussetzungen dafür, ihn in geweihter Erde zu bestatten, nicht unbedingt gegeben.«
    »Man sollte ihm das nicht zum Vorwurf machen.« Asgrim lachte. »Es wurde Zeit, dass jemand Bischof Alberich einmal sagt, was von ihm zu halten ist. Er sollte nicht so heilig tun! War er nicht in der letzten Osternacht nachweislich betrunken?«
    Ebbo hob die Schultern, sah aber aus, als interessiere ihn die Sache durchaus. »Ich war zu Ostern nicht in Aquae. Wisst Ihr etwas darüber, Frau Herrad?«
    »Nein.« Herrad hatte die Gerüchte ebenfalls gehört, doch da es Jahre her war, dass sie den Bischof zuletzt völlig nüchtern erlebt hatte, hielt sie die angeblichen Geschehnisse in der Osternacht nicht für besonders hervorhebenswert.
    Ebbo hingegen mochte die Sache noch nicht ruhen lassen. »Und du?«, fragte er, indem er Wulfila über Herrads Kopf hinweg ansah. »Du kamst doch von Aquae, als du in meine Dienste

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