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Tricontium (German Edition)

Tricontium (German Edition)

Titel: Tricontium (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maike Claußnitzer
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ist für Eure Zwecke überhaupt nicht mehr zu gebrauchen.«
    Ebbo wirkte nicht erfreut. »Du maßt dir ein Urteil über Dinge an, von denen du wenig verstehst.«
    »Nicht unbedingt.« Asgrim betrachtete Wulfila mit schiefgelegtem Kopf. »Du warst Krieger, ja«, setzte er nach einem Augenblick stummer Überlegung hinzu, als spräche er eine Beobachtung aus, die er nicht zum ersten Mal machte. »Und langsam ist mir, als sollte ich dein Gesicht eigentlich schon länger als nur seit ein paar Tagen kennen. – Nein, unterbrecht mich jetzt nicht, Herr Ebbo, es ist mir ganz ernst damit.«
    Er trat näher heran, bis sein Mantel fast Herrads Kleider streifte, und hob abwehrend die Hand, als Ebbo allen Bitten zum Trotz zu einem Einwand ansetzen wollte. »Du warst aber keiner von Otachars Männern?«
    »Nein.« Wulfila klang, als bereue er es schon halb, durch seine Einmischung Aufmerksamkeit auf sich gezogen zu haben. »Das alles ist lange her, Fürst.«
    Vielleicht wäre es klüger gewesen, einfach Bernwards Namen zu nennen, denn die ausweichende Antwort schien Ebbo neugierig zu machen. »Keiner von Otachars Kriegern vielleicht, aber doch einer, der ihn kennt. Auch nicht vom Brandhorst, offensichtlich, aber doch von der Verliererseite im letzten Krieg. Ist dem so?«
    »Das habt Ihr in Corvisium nicht gefragt.« Wulfila hatte die Stuhllehne losgelassen. »Wenn Euch dort mein Brandmal genügt hat, alle Auskünfte über mich zu geben, die Ihr haben wolltet, sollte es Euch auch jetzt genug sein.«
    Ebbo setzte zu einer Erwiderung an, die sich seinem Gesichtsausdruck nach jenseits aller Grenzen der Höflichkeit bewegt hätte, doch Asgrim kam ihm zuvor. »Als ich dich mit dem Kürbis antraf, glaubte ich zu wissen, wie du hierzu gekommen bist«, sagte er ungewohnt milde, indem er auf die geschwärzte Narbe wies, »doch nach Bocernae ist viel Unrecht geschehen. Manche Leute sind zu Verbrechern erklärt worden, obwohl sie keine waren. Auch du?«
    Als Maurus in Tricontium eine ganz ähnliche Vermutung ausgesprochen hatte, hatte Herrad noch geglaubt, es sei nur angemessen, den Irrtum aufzuklären, doch in dieser Runde erschien ihr die Aussicht, Wulfila gleich wieder einige ehrliche Worte über Hühner und Seidenhemden murmeln zu hören, beinahe unerträglich. »Auf den Gedanken kommt Ihr spät«, bemerkte sie leichthin. »Warum habt Ihr angenommen, dass ich einem gewöhnlichen Dieb so leicht Vertrauen schenken würde? Nach dem letzten Krieg ist in der Tat viel Unrecht geschehen. Diesen Fall hier habe ich seinerzeit besonders bedauert, aber ich konnte damals nicht helfen. Doch wir sprachen von Otachar, nicht wahr?«
    »Ja«, sagte Ebbo langsam und zog den Granatring vom Finger, »ja, wir sprachen von Otachar. Doch lasst uns das hier erst zu Ende bringen. Herr Wulfila? Kommt her. Ich habe in Corvisium wohl vorschnell gehandelt und zu sehr auf den ersten Augenschein und die Einschätzung Dritter vertraut. Ich hätte Euch anhören sollen. Lasst aber nun das Unrecht, das Euch angetan wurde, vergessen sein und nehmt dies hier zum Zeichen meiner Reue an.«
    Er streckte die Hand mit dem Ring aus und wartete.
    Wenn die bereitwillig gezahlte Buße für Wigbold schon ein deutliches Zeichen guten Willens gewesen war, so galt dies noch mehr für eine derart großzügige Entschädigung, und Herrad betete stumm, dass Wulfila sich noch gut genug auf den Umgang mit Mächtigen verstand, um nun nicht stolz abzulehnen.
    Sie hätte sich keine Sorgen machen müssen. Wulfila nahm den Ring mit einer anmutigen Verneigung. »Es war ein erklärliches Missverständnis, Graf Ebbo. Ich danke Euch.«
    Asgrim hatte dem Austausch mit einem halbverborgenen Lächeln zugesehen. »Gut, gut«, sagte er nun, »aber eine Entschuldigung für alles, was mit dem Kürbis zusammenhängt, habt Ihr dennoch nicht verdient, so beklagenswert Eure Lage auch gewesen sein mag. Nachdem nun aber alle versagten Ehren nachträglich zugestanden worden sind, werdet Ihr Euch nicht weigern, als Gerichtskämpfer anzutreten, wenn wir in der Sache, von der wir sprachen, einen benötigen, nicht wahr? Ebbo sagt, Ihr seid gut.«
    »Dazu bin ich gern bereit, Frau Herrads Zustimmung vorausgesetzt.«
    Der fragende Blick, den Wulfila ihr zuwarf, war ungewohnt, nicht, weil er um ihre Erlaubnis nachsuchte, sondern weil der Ausdruck in seinem einen grauen Auge nicht mehr derselbe war. Der leise Anflug gewohnheitsmäßiger Besorgnis, den sie sonst stets neben allen anderen Regungen wahrgenommen hatte, war

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