Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tricontium (German Edition)

Tricontium (German Edition)

Titel: Tricontium (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maike Claußnitzer
Vom Netzwerk:
sicher fühlte. Bei einem seiner längeren Aufenthalte kam er mit Theodulf ins Gespräch, als sie an einem der ersten warmen Tage vor Bosos Langhaus im Freien standen und zusahen, wie zwei junge Leute, die in Streit geraten waren, sich aufstellten, um die Sache mit Schwertern auszutragen.
    »Ich hätte nicht gedacht, dass du auch noch hier bist«, bemerkte Halli eher nebenbei, den Blick auf die Kämpfer gerichtet, die sich nun langsam umkreisten. »Na, was meinst du, wer wird gewinnen?«
    »Das Mädchen«, sagte Theodulf ohne Zögern, obwohl die junge Frau, die im Gefolge des Häuptlings auf den Hof gekommen war, klein, rund und wild wie ein Troll aussah.
    Die Einschätzung überraschte Halli genug, ihn doch den Kopf wenden zu lassen. »Was macht dich so sicher? Ist Bosos Krieger da so schlecht? Du hast Tyra vor gestern nie getroffen und hast sie nie kämpfen sehen.«
    »Ich sehe sie jetzt; das genügt«, erwiderte Theodulf, der ungern zugeben wollte, dass er sich zwar sehr sicher war und selten irrte, was Schwertkämpfe anging, aber die einzelnen Beobachtungen, die ihn zu seinem Urteil gelangen ließen, nicht recht benennen konnte.
    Doch Halli schien die Antwort zu genügen, und als Tyra sich tatsächlich durchsetzte, sagte er anerkennend: »Du hast gute Augen.«
    Mehr als ein paar Sätze tauschten sie auch bei ihren folgenden Begegnungen nicht aus, aber Halli war freundlicher als sonst irgendjemand und er hatte sich immerhin damals gegen den Handel mit Wiglaf ausgesprochen.
    Der zweite Sommer wurde dennoch schlimmer als der erste, denn nachdem er lange genug auf die Hilfe anderer gewartet hatte, beschloss Theodulf, sich selbst zu helfen, und hatte damit nicht viel Glück. Immerhin brachte er zwei achtbare Fluchtversuche zustande. Nach dem ersten ließ Boso ihn schlagen; nach dem zweiten ließ er ihn vier Tage lang an einen Pfosten der Halle gebunden liegen, um ihm dann eine Rede über sehr grundsätzliche Dinge zu halten.
    »Das hier war weniger eine Flucht als ein Diebstahl«, erklärte er nämlich zutiefst überzeugt. »Gebhard hat über ein Jahr lang Zeit gehabt, dich auszulösen, und hat weder das getan noch die Buße bezahlt, die mir zustand. Folglich kann ich dich zur Entschädigung behalten. Ich hätte gar nicht so lange warten sollen! Wie kann ich wissen, ob irgendwer dich jetzt noch haben will, da bekannt ist, was für Schwierigkeiten du machst?«
    Theodulf war bis dahin vorsichtig gewesen, aber nun, da es kaum schlimmer werden konnte und auch noch die Verkaufspläne wieder ins Spiel zu kommen drohten, hatte er mehr als genug von seiner Lage. »Ich habe nie meine Zustimmung gegeben, als Geisel hierzubleiben«, hielt er dagegen, »und Herr Gebhard hatte kein Recht, sie vorauszusetzen oder ohne sie über mich zu verfügen!«
    Dieser Widerstand behagte Boso nicht. »Du wirst sie schon noch geben«, sagte er nur, und dass von da an offener Krieg zwischen ihnen herrschte, war vielleicht das Einzige, was Theodulf davor bewahrte, tatsächlich noch gegen ein Stück Vieh eingetauscht zu werden. Boso war niemand, der sich gern hätte nachsagen lassen, sich eines Unfreien nur deshalb entledigt zu haben, weil er seiner nicht hatte Herr werden können.
    Was schlimm gewesen war, wurde unerträglich, und im Spätherbst ging es Theodulf dann so schlecht, dass er noch nicht einmal mehr an Flucht dachte, sondern allenfalls daran, nachts, wenn alles schlief, das Haus in Brand zu setzen. Wenn er es nicht tat, so nur, weil es immerhin noch ein paar Unschuldige auf dem Hof gab, denen er keinen Schaden zufügen wollte, die alte Frau etwa, die den Ziegenkäse machte und nicht viel redete, Theodulf aber immer etwas abgab, den Jungen, der bei den Pferden half und als einer der Wenigen nicht vorgab, vergessen zu haben, dass Theodulf einen Namen hatte, oder Bosos alten Jagdhund, der grau um die Schnauze und schon ein wenig langsam war, aber Theodulf aus unerfindlichen Gründen zu mögen schien. Vielleicht war das aber auch nur eine Ausrede, um sich nicht eingestehen zu müssen, dass ihm die Kraft fehlte, mehr zu tun, als nur irgendwie durchzuhalten.
    Als Halli mit dem ersten Schnee auf den Hof kam und ihn gutgelaunt fragte, wie es wohl ausgehen würde, wenn sein Schwertmeister am Abend freundschaftlich gegen einen Gast Bosos aus dem Norden antrat, fiel ihm dazu nichts weiter ein. »Ich weiß nicht.«
    Halli sah ihn für eine ganze Weile stumm von der Seite an. Dann ging er und stritt mit Boso, und als er am Abend aufbrach, ließ er

Weitere Kostenlose Bücher